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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 28.1912-1913

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Der Künstlerbund Schlesien auf der Jahrhundertausstellung in Breslau - Neue Kunstliteratur - Personalnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.13091#0600

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Hanusch, ein intim schaffender Künstler mit selb- Sie ist nicht weniger blöde, ob sie einem erhabenen [c

ständiger Art, stellt hier zum ersten Male in größerer oder einem niedrigen Vorbild entlehnt wird, bleibt

Kollektion aus. Von besonderer koloristischer Wir- dasselbe, ob sie eine flaue Apotheose Kaiser Wil-

kung ist der Saal von Max Wislicenus. Seine heims, ein gelecktes nacktes Frauenzimmer oder

phantastischen Kompositionen sind in feiner Farben- einen taumelnden Eiffelturm, ein aus Dreiecken

gebung gehalten und besitzen einen lyrischen, etwas konstruiertes Gesicht darstellt." — Ob Meier-Gräfes

sentimentalen Einschlag. Von ihm stammen ein bis zur Drastik deutliche Sprache etwas helfen

paar gute Porträts und einige sehr feine Land- wird? Und was wird sein, wenn die Krankheiten

schaften. Ueberhaupt dürfen die jüngeren Schlesier der zeitgenössischen Kunst überwunden sind? Wo-

ganz besonders auf ihre Landschaftskunst sich etwas hin treiben wir tatsächlich und welche Mittel gibt's,

zugute halten. Obenan stehen der feinsinnige eine allzu plötzliche Dekadenz hintanzuhalten ?

Alfred Nikisch, der im besten Aufstiege sich Auch darauf bleibt uns der Autor die Antwort, die

zeigt, dann der charaktervolle Eugen Burkert, traurige Antwort, nicht schuldig ...Ad 1:... „Das

das Künstlerehepaar TOpke - Grande, S.Härtel Erschreckende ist, daß die Zeichen nicht allein

und Nicolaus. Auch die figürlichen Malereien, kommen, daß die Ader des Schöpferischen in dem-

Porträts und Kompositionen von A. Busch halten selben Moment zu versiegen scheint, in dem uns

sich auf trefflichem Niveau. Von Interesse sind die Einsicht in die vergehenden sozialen Existenz-

die oberschlesischen Trachtenbilder F. W. Voigts, bedingungen der Kunst immer deutlicher wird."

von dem auch ein gutes Porträt, Ehrlich in sei- Ad 2: „Was können wir tun? Wenig ersprießlich

nein Laboratorium, herrührt. Einige sehr feine Ar- wäre es, den malenden Figuranten in Paris und

beiten sandte der rasch zu Erfolgen gelangte Paul bei uns und anderswo vorzuwerfen, was eine größere

Plontke. Macht sie tun heißt. Wir haben ihnen höchstens

Schlesien hat der deutschen Kunst viele große zu danken, daß sie sichtbarer machen, was einmal

Maler geschenkt. Wenn diese sich außerhalb ihrer gesehen werden muß. Nichts können wir tun als

Heimat entwickelt haben, so lag das an dem geringen sehen lernen. Sähen wir wirklich die Gefahr, so

Zutrauen und der ungenügenden Unterstützung von würde allein schon die Erkenntnis, wohin wir viel-

seiten der Landsleute. Es ist hier mittlerweile leicht treiben, uns eine Gemeinsamkeit geben, die

anders geworden, die Kunst findet Eingang in alle uns heute am schmerzlichsten fehlt ... Nur das

Kreise und die Nachfrage ist lebhaft. Das zeigen kann erstrebt werden, eine stille Minorität zu er-

Jl auch der über Erwarten zahlreiche Besuch der Aus- ziehen die durch das geräuschvolle Gewühl

ä Stellung und die vielen Verkäufe, über welche die der Gegenwart hindurch den Tiefstand des zeit-

4 Geschäftsleitung, die in den bewährten Händen des genössischen Idealismus erblickt und sich ent-
5r Kunsthändlers Paul Mehnert aus Posen liegt, be- schlössen, ohne Furcht für reaktionär zu gelten,
J richten konnte. Dr. e. Loeschmann von diesem Getriebe wegwendet und den Pakt
V mit dem scheinbar zeitlich Bedingten weigert ..."
'] Mögen sich das alle Snobs gesagt sein lassen!
J NEUE KUNSTLITERATUR Mögen aber auch alle ernsten Sammler, Museums-
h leute und Kunstfreunde die beherzigenswerten
< Meier-Gräfe, Julius. Wohin treiben wir? Worte eines Mannes, der über den Verdacht des
i M 1.50. Berlin, S. Fischer Verlag. Reaktionärs erhaben sein müßte, getreulich hören.
i Meier-Gräfe schüttelt sich die unerwünschte Ge- An ihnen ist es, mitzuwirken, aus der heillosen

0 folgschaft der Cezanne-Ueberbieter, der van Gogh- Wirrnis der zeitgenössischen Kunst einen gang-
'J Ueberholer mit einem energischen Ruck und mit baren Weg herauszufinden. Mögen sie sich dabei
) deutlich zur Schau getragenem Widerwillen von der Macht des Konsumenten in Kunstfragen be-
J den Rockschößen. Er wirft diesen jungen, bewuß- wüßt sein! g. j. w.
J ten Leuten ein spitziges Kampfwort Goethes hin:

i) „Unseren jungen Malern fehlt es an Gemüt und Neue F e u e r b a c h - L i t e r a t u r. Dr. Emmy

\ Geist, ihre Erfindungen sagen nichts und wirken Voigtländer, Anselm Feuerbach. Versuche einer

1 nichts; sie malen Schwerter, die nicht hauen, und Stilanalyse.Leipzig,E. A.Seemann.2M.— Hermann

1 Pfeile, die nicht treffen, und es drängt sich mir oft U h d e - B e r n a y s, Feuerbach. Des Meisters Ge-
■j auf, als wäre aller Geist aus der Welt verschwun- mälde in 200 Abbildungen („Klassiker der Kunst",

2 den." Es ist eine bittere Wahrheit, die Meier-Gräfe XXIII), Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt. 8 M.
J mit seiner Broschüre denen zu schmecken gibt, an Anselm Feuerbach hat einmal seiner Mutter fol-
J deren Vorhandensein ein vielleicht mißverstandenes gende Worte geschrieben: „Glaube mir, nach fünfzig
J Ausdeuten von Meier-Gräfes eigenen Kunsttheorien Jahren werden meine Bilder Zungen bekommen und
•) dieSchuld.trägt.Welch ein Unheil,ohnedaßeresselbst sagen, was ich war und was ich wollte." — Es hat
\ wollte, sein Kultus mit den an der äußersten Linie dieser weitgegriffenen Spanne Zeit nicht bedurft —
i\ des Möglichen stehenden Künstlern angerichtet hat, kaum ein paar Jahrzehnte nach des Künstlers Tod

1 tut sich ihm nun schaudernd kund, aber er ist Man- (4. Januar 1880) war Feuerbachs Ruhm in alle Welt
'i nes genug, für sein Teil sich gegen diese Jünger- gedrungen, und heute haben wir schon eine veri-
/ schaft zu wehren und vor ihr zu warnen, und nicht table Feuerbach-Literatur, die in der Hauptsache
y einfach zu fliehen oder die Hände in den Schoß die forscherische und darstellerische Arbeit des letz-
9 zu legen. Er schreibt diesen Allzufixen ein Sätzlein ten Jahrzehnts ist. Diese Feuerbach-Literatur wird

5 ins Stammbuch wie dies: „Man macht die bittere durch das Buch Emmy Voigtländers, das von der
J Erfahrung, daß es heute leichter ist, im Zeichen philosophischen Fakultät der Universität Leipzig als
J der Cezanne und van Gogh ein Ultramoderner zu Dissertation angenommen wurde, und durch das
j\ werden als ein echter, rechter Kitschmaler im abschließende Reproduktionswerk von Uhde-Ber-
\ Gefolge der Carolus Duran und Bouguereau; ganz nays, dem erfolgreichsten und verdientesten Feuer-
jo so wie es viel schwieriger ist, einen ordentlichen bach-Forscher, dem besten Feuerbach-Kenner dieser
J Hintertreppenroman zu schreiben als schlechte freie Zeit, aufs wertvollste bereichert. — Wenn Emmy
0 Rhythmen, die von fern wie Literatur klingen. Rou- Voigtländer an die Kunst Feuerbachs in der Ab-

2 tine ist das Vergessen des Zwecks über dem Mittel. sieht herantritt, seinen Stil (Stil im Sinne der äußer-

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