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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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2. Heft
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Ueber die Albe und die Spitzen daran
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Sighart, Joachim: Die Dichterin Roswitha, Nonne im Kloster Gandersheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0028

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18

verwechseln; wie auch schon die Alten die vest68
ulläulutus von deren wahrscheinlicher Aus-
artung, den vestss suraulutue unterschieden
haben.

Herr vr. v. verwechselt endlich die Spitzen
mit denFransen, „dieHerrv. von seinemStand-
punkt aus auch tadeln müßte, die er (vr. v.)
aber schön und passend sinde." Herr v. hat
keine Ursache, die Fransen zu tadeln, die ge-
rade sind, was er einem Saum zu seyn an-
sinnt, entweder bauschig dichter Seidenzwtrn,
oder schweres Gold- und Silbergespinnst oder
Gewebe, von den Granatäpfeln und Schellen
des Hohenpriestergewandes zu schweigen; und
dennoch pflegten die Alten und auch die sich
ihres Thuns bewußten Neuern selbst diese an
sich schon kräftig abschließenden Fransen nicht
unten an das Gewand, sondern unten auf den
Saum des Gewandes zu setzen. Derartige
Fransen konnten auch der Theorie der allmä-
ligen Verdünnung und des Uebergangs der
Kleidersäume zu den „benachbarten Gegen-
ständen" wegen ihrer Dichtigkeit nicht dienlich
sey. Uebrigens schließen wir uns htnsichtlich
dieser Theorie ber Bemerkung des Hrn.U. an,
daß die Verdünnung der Albe durch Spitzen be-
sonders in dem Falle anstößig und liturgisch
bedenklich ist, wenn der Talar mangelt, weil
unter dem sich verflüchtigenden „massiven Stoff
des Tuchs" der noch massivere Stoff von Fleisch
und Bein oder auch nur von Beinkleidern und
Stiefeln zum Vorschein kommt, der sich der
Verflüchtigung wtedersetzt.

DieDichterin Nllswitha, Ronne im Klo-
jter Gandersheim.

Was wir, die wir die Bestrebungen des
„Kirchenschmucks" möglichst zu fördern su-
chen, eigentlich wollen und begehren, ist, daß
auch auf dem Gebiete der ktrchlichen Para-
menttk die Schetduug zwkschen Welt und Ktrche
eintrete, daß Alles Prosane, Weltliche, Flitter-
hafte, Gemeine von der kirchltchen Gewan-
dung ausgeschteden werde, daß die Gewänder

der Kirche wieder echt kirchltch, d. h. ehrwürdig,
sinnvoll, erbauend, schön und solid zugleich
seyen. Wie zwischen einem Privathaus und
dem Gotteshaus, so soll auch zwischen den
Gewändern der Welt und der Kirche ein wah-
rerUnterschied seyn. Wie ein gothischerDom
die Wohnung des Bürgers an Großartigkeit,
Schönhett und erhebender Wirkung weit über-
trifft, so soll auch das Gewand des Prtesters
in Bezug auf Stoff und Gestalt dte Gewän-
der der Weltkinder wahrhaft überragen. Dazu
hat sa die Kirche seit dem 3. Jahrhundert ver-
ordnet, daß der Priester nicht in den gewöhn-
lichen Kleidern an den Altar treten soll. Er
soll wie eine Erscheinung aus einer bessern
Welt als Stellvertreter des Sohnes Gottes,
der zur Rechten des Vaters sitzt, ehrwürdig
und schönheitstrahleud am Altare erscheinen.
Was wir also hier anstreben, das hat auf
einem anderen Gebiete eine deutsche Nonne
des 10. Jahrhunderts mit großem Glücke ver-
sucht. Jch meine die Nonne Roswitha vom
Kloster Gandersheim in der alten Provinz
Sachsen. Sie hatte mit großer Betrübniß
bemerkt, wie so viele Katholiken, angezogen
vom Reiz der schönen Form, die Lektüre der
heidnischen Dichter, besonders der Komödien
des Terentius mit großer Vorliebe pflegten.
Sie bemerkte, wie durch solche unsaubere Ge-
schichten der weltliche Sinn genährt und so
Vieler Herz und Phantasie befleckt würde.
Das schmerzte ihre edleSeele tief und sie dachte
auf etn Mittel, diesem Uebel zu steuern. Und
sie erkannte ganz wohl, es sey das einztge
Mittel der Abhilfe, an die Stelle des Schlech-
ten etwas Gutes, an die Stelle des Hetdni-
schen einen christlichen Stoff, an die Stelle
der antiken Leidenschaften und Laster die Herr-
lichkeit der christlichen Tugenden erscheinen zu
lassen. Sie sagt dieses selbst in der Vorrede
zu ihren Komödien: „Gar manche Katholiken
>—> ich selbst kann mich nicht ganz vou dieser
Anklage freisprcchen — ziehen die Eitelkeit
der heidnischen Bücher wegen ihrer gebildeten
und glänzenden Sprache dem Nutzen der heil.
Schrift vor. Einige Andere halten zwar fest
 
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