Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

DOI Heft:
2. Heft
DOI Artikel:
Sighart, Joachim: Die Dichterin Roswitha, Nonne im Kloster Gandersheim
DOI Artikel:
Etwas über Stylformen und Technik der Stickerei: Zum II. Heft der "Geschichte der liturgischen Gewänder von Fr. Bock"
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0032

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22

vom gottlosen Leben seiner Nichte Maria, da !
eilt er hin in die Stadt, naht sich ihr verklei-
det als Liebhaber, gibt sich endlich zu erkennen
und rettet sie vom Verderben. Eine köstliche !
Scene!

Jm fünften Stück bewirkt Paphnutius die
Bekehrung der Thats von Egypten und
bringt sie zum Entschluß großartiger Büßung. ^
Jm letzten Stück wird die Matrone Sapien-
tia mit ihren drei Töchtern Fides, Spes und !
Charitas vorgeführt. Sie sollen vor demKai- >
ser Hadrian den Glauben verläugnen. Statt
dessen aber wählen sie heldcnmüthig den Tod. ^
Die Mutter steht ihre noch dem Kindesalter
nahen Töchter unter den furchtbarsten Qua-
len mit Frohlocken vor sich sterben. Am Grabe
der Töchter bittet sie dann den Herrn selbst
um die Erlösung von diesen Banden des
Erdenlebens mit den Worten:

„O Adonai Emanuel,

Den vor der Zeit Beginn die Gottheit
Die Alles schaffende, erzeugte,

Der in der Zeit von einer Juugfrau
Geweihtem Leib empfangen ward,

Du Wunder zweier Wesenheiten,

Die sich persönlich in dir einen,

Dich preist frohlaut der Engelchvr,

Dich preist der Sterne Harmonie,

Dich preist des Geistes Wissensreichthum,

Und jedes Seyn, das aus dem Stoff
Der Elemente ward geschaffen,

Dich preisen Wiffeu und Gewußtes!

Gleich ihm, dem Vater und dem Geiste,

Bist du von der Matcrie frei;

Und dennoch hast du's nie verschmäht,

Nach jenem Willen Mensch zu werden;

Zu leiden wie ein Staubgeborner,

Obwohl die göttliche Natur
Von jedem Leiden frei verblieb.

Dn hast es nicht verschmäht, den Tod
Gleich uns zu kosten und zu dulden,

Nm seine Schrecken zu vernichten,

Daß, die da glauben, nimmer sterben,

Und sich des ew'gen Lebens freuen.

Zerbreche meines Leibes Bande,

Allmächt'ger Gott, gib mir die Töchter,

Die ich dir opserte, zurück,

Daß wir uns freudig wiedersehen,.

Jn deines Himmels heil'qen Hallen."

Sie stirbt nun am Grab ihrer Kinder unter
dem Gebete der Matronen.

Das ist der Jnhalt der berühmten sechs
Comödten Roswitha's.

Jhre Werke schließt unsere Dichterin gar
schön und fromm mit der Bitte an die Leser:
Sage, wer immer mein Lied durchliest, mit
liebendem Glauben:

Ewiger Gott, gedenke in Huld der schwachen
Roswitha,

Laß der Dichterin Geist, die deine erhabenen
Wunder

Sang, in dem himmlischen Chor mit höherer
Liebe dich preisen.

Das ist dte kurze Skizze des Lebens und der
Thätigkelt der Nonne Roswitha.

Or Zi^bart.

ClVas über Stylsorinen nnd Techmk
der Stickerei.

Zum II. Heft der „Geschichte der liturgischen
Gewänder von Fr. Bock."

Bet dem Wiederausblühen der Stickkunst
ist etn gewissenhaftes Anschließen an dte Styl-
formen der besten Zeiten nothwendig, wenn
diese edle Kunst nicht bald wieder in Tändelei
und Ungeschmack zerfahren soll. Jeden Tag
können wir beim Anblick neuer, gothisch seyn
i wollender Gebäude uns überzeugen, wie Ge-
schmackswillkür undFormendilettantismusnur
Zerrbilder hervorzubringen vermögen und auf
solche Weise mehr zur Discreditirung der mit-
telalterlichen Kunst beitragen, als alle Erzeug-
nisse der neuklassischen Liebhaberei es können.
Aehnliches erfährt man in allen Künsten, auch
in der Stickeret.

Spitzbogengalerien und Nasen, in unver-
ftandener Nachahmung der Architektur, auf
einer Stola oder einem Chormantel ange-
bracht, stoßen uns nicht weniger ab, als die
naturgetreuen Rosen und Vergißmeinnicht, die
von einer Chemisette aus der Modezettung
entlehnt, aufeinemkirchlichen Gewandprangen.

Es ist daher sehr zu wünschen, daß Alle,
die mit der kirchlichen Paramentik sich be-
 
Annotationen