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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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1. Heft
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Hefele, Karl Joseph: Über einige Hindernisse der Wirksamkeit des kirchlichen Kunstvereins
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Disposition der Kirchen,[1]: Einfluß der wahren und eingebildeten Armuth
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0016

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8

es ist aber klar, wie schädlich es werden kann,
wenn auf solche Weise untaugliche Subjekte
gepriesen und in Folge davon nnt Äufträgen
beehrt werden. Jch sollte aber doch meinen,
es wäre gewiß nicht unbillig, vor Verössent-
lichung solcher Empfehlungen mit dem Aus-
schusse des Kunstvereins ins Vernehmen zu
treten. Ein Künstler oder Haudwerker mag
sich in öffentlichen Anuoncen selbst empfehlen
so oft er will, oder durch Freunde empfehlen
lassen, das tst lange nicht so gefährlich und
wirksam, als wenn der Pfarrer oder gar das
Pfarramt, sür desseu Kirche er arbeitete, ihm
ein öffentliches testiinoiiium excslleiwiue oder
lilteeus comineiillntirius ausstellt. Es kani
schon vor, daß der Kunstverein das gerade
Gegentheil solcher Empfehlung bätte veröffent-
lichen sollen, und es wohl auch gethan hätte,
wenn solches Verfahren, obwohl vollständig
gerechtfertigl, nicht gar zu odiös wäre.

5) Nicht verschweigen kann ich endlich einen
Mißstand, der von großem Belange ist. Un-
serVerein zählt vieleKünstler: Maler, Archi-
lekten, Bildhauerrc. unter seinen Mitgliedern,
und wir haben dieß von Anfang an als eine
besonders günstige Erscheinung begrüßt, dem
guren Willen der Einen muß dte Kunstfertig-
keil der Andern unterstützend zur Seite stehen.
Jn der That haben auch mehrere dieserKünst-
ler die Jnteressen unseres Vereins bereits be-
deutend gesörderl und ihre Kunst und ihr
Talent aufopferungsvoll für dieselben in An-
- wendung gebrachl. Je mehr wir aber den
Nutzen hiervon erkennen und würdigen, desto
mehr müssen wir bedauern, daß Andere bis
jetzt nicht Muße und Zeit stnden konnlen, in
ähnlicher Weise sich für unsern Vereinszweck
praktisch zu bethätigen. Wollen wir hoffen,
daß sie im Jahre 1859 nachholen, was in den
verflofsenenJahrcn hierin gemangelt hat, und
ich wüßte wirklich unserem Vereine keinen besse-
ren Neujahrswunsch darzubringen, als den, daß
die Mißstände, die bisher seine Wirksamkeit
hemmten, immer mehr verschwinden möchten.

Tübingen am Neujahrstage 1859.

ki-oll Dr. Dskele.

Disposüion der Kirchen.

i.

Einsluß der wahren und eingebildeten Armutb.

BeiBau, Erweiterung undRestauralion ei-
ner Kirche ist unstreitig die erste der praktischen
Fragen die der Disposition, oder der Anord-
nung des Raums. Hier insbesondere ist das
Feld, wo der Baumeister die Liturgie zu Rath
zu ziehen, oder vielmehr dieLiturgie dem Bau-
meister vorzuschreiben hat. Denn beim Kirchen-
bau ist die Liturgie Bauherr, und jeder Bau-
herr,,so große ästhetische Freiheit er auch sei-
nem Baumeister gestattete, läßt sich doch nicht
nehmen, unbeweisbare Forderungen zu stellen
in Betreff des Raums , den er verlangt, und
der Einrichtung, die er seinen Zwecken dien-
lich findet. Wenn wir daher über diesen wich-
tigen Gegenstand eine Reihe von Gedanken
zu entwickeln beabsichtigen, so hoffen wir da-
mit unsern Lesern einen willkommenen Dienst
zu erweisen.

Zuerst ist aber ein Gegenstand zu besprechen,
der nur zu ost der technischen Frage aufs Un-
günstigste vorgreift, und nicht nur viele miß-
lungene Schöpfungen veranlaßt hat, sondern,
was noch schlimmer ist, denselben zur Ent-
schuldigung und Rechtfertigung dienen soll.
Das ist die wahre oder eingebildete Armuth
der Kirchen.

Was muß die liebe Armuth nicht Alles ver-
schuldet haben!

Man baut eine Scheuer statt einer Kirche:
die Armuth ist schuld. Man baut mit schlech-
ten Materialien, und der Bau fällt nach eini-
gen Jahren zusammen: die Armuth zwang da-
zu. Man kauft, und ÜM. um theures Geld,
Wachspuppen und gebackeneFiguren, diesrüh-
zeitig in Staub zerfahren. Warum nicht um
dasselbe Geld etwas Solides von Holz? Die
Armuth ließ es nicht zu. Die Armuth zwang,
die wurmstichigen Zöpfe neu vergolden zu
laffen, obgleich man um dasselbe Geld etwas
wenn nicht Prächtiges, so doch Anftändiges
anschaffen konnte u. s. w.

Alle die baufälligen Neubauten, die verfehl-
 
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