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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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6. Heft
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"Ministranten und Ministrantenkleider"
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Kunstgeschichtliches
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0112

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109

ist blos eines der vielen Kinder dieser
ausgehungerten, geizigen Mutter,
e) Der Schnitt des rothen oder blauen
Talars des Laienministranten wird sich
am füglichsten nach dem Talar des
Klerikers richten; deßhalb in seiner
Rundung unten g esch lossen seyn, ein
Schnitt, von welchem die meisten Mini-
strantentalare dadurch abweichen, daß
sie rur weitern Ersparniß an Tuch und
in abermaliger Nachgiebigkeit gegen
die ebengerügte Kargheit eine Spanne
lang von unten nach oben geschlitzt !
sind. Die solchen Ministrantenröcken !
meistbeigegebenen rückwärrs angebrach-
ten zwei Tuchftügel von der Breite einer
Stole, sowie deren Verbrämung mit
sog. Gold- oder Silberborden dürften
als unwesentlich und überflüssig er-
scheinen. Ganz und gar nicht über-
slüssig wäre dagegen

ä) eine bessere Construirung des Chor-
hemdes, besonders'was dessen Schluß
am Halse des Bekleideten betrifst, und
nebenbei gesagt, noch wentger überflüs-
sig ist eine sorgliche Rücksichtnahme auf
deren fortwährende Rein-Erhaltung.

Diese Llndeutungen mögen zu weiterem
Forschen veranlassen. Jndessen wird die viel-
beschäftigte Redakrion des Kirchenschmucks
vielleicht Zeit gewinnen, dieser Sache selber
ihr näheres Augenmerk zu schenken und uns
mit Muster-Vorschriften und Zeichnungen zu
erfreuen.

Kunstgelchichtliches.

Das Diöcesan-Museum für mittelalterliche
Kunst, welches im Klerikalseminar zu Freising
sein Lokal hat, ist neuerdings in den Besitz
zweier Gebtlde der alten Kunst gekommen, die
Beachtung verdienen dürften.

Das eine ist das Kreuztheil eines Meßge-
wandes des beginnenden 16. Jahrhunderts.
Es wurde aus den Händen hebräischer Händ-

ler erworben, die es in Rothenburg an der
Tauber gekauft haben. DiesesKaselkreuz cnt-
hält treffliche Stickereien als Vorbilder für
ähnliche Arbeiten der Neuzeit, Wie oft wer-
den jetzt in Klöstern die Leidenswerkzeuge von
frommen Händen für Kirchenparamente ge-
stickt! Aber mit welcher Geschmacklofigkeit
geschieht dieß meistens. Die Leidenswerkzeuge
stiegen in der Luft oder sind aneinander wte
eine Leiter gekettet, Wie ganz anders auf je-
nem alten Kreuze. Wie treffltch ist da Alles
motivirt und stylisirt. Es sind sicben Engel
vertheilr auf die Theile des Kreuzes. Sie er-
heben sich schöngewandet aus stylisirten Wol-
ken und tragen die Leidenswerkzeuge bewun-
dernd und voll Verehrung in den Händen.
Diese Jnstrumente des Heiles sind also hier
als Schauspiel für die Engel aufgefaßt. Oben
erscheint der Engel mit der Dornenkrone, zu
den Seiten des Kreuzbalkens sehen wir dte
Engel mit Lanze und mit Nägeln, unten die
Engel mit Geißel, mit Leiter, mit Kreuz und
Zange. Die im Plattstich gestickten Figürchen
sind aufrothen Seidengrund aufgetragen. Das
ganze Kreuz ist aber mit grünweißen Schnü-
ren eingefaßt, so daß das Ganze eine ltebliche
Farbenmischung enthält. Jnmitten des Kreu-
zes sehen wir die Gestalt des heil, Johannes
des Täufers mit dem Rocke von Kameelhaa-
ren, ernst und würdig auf das Gotteslamm
hinweisend. Wahrscheinlich war also die Ka-
sel für die Zett der Buße, für die Fasten-
zeit bestimmt. Gewiß könnte sie ein treff-
liches Vorbild sür moderne Arbeiten der Art
geben.

Das andere ist ein großes Gemälde aus
Holz, etwa 9 Fuß hoch und 6 Fuß breit, sammt
Rahmen noch gut erhalten. Es stellt die Taufe
Chrifti durch Johannes in großartiger, origi-
neller Weise vor. Während der ernste Täufer
das Wasser über den gebeugten Heiland gießt,
spielen oberhalb auf den Fialen zu beiden Sei-
ten die Engel aufViolinen, Harfen und Man-
dolinen. Unten aber laufen die Thtere der
Erde, Pfauen nnd Vögel aller Art zusam-
men, um dieses Wunder der Demuth thres
 
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