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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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4. Heft
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Die Orgel,[2]: ihre Tonmittel
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0076

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61

Zweiter A r t i k e l.

Jhre Tonmittek.

Die tönenden Theile der Orgel sind die
Pfeifen. Nach der Art ihrer Tonerzeugung
sind sie entweder Labial- oder Zungenpfeifen.
Reihen derselben durch alle oder durch die
Hälfte der Töne der Orgel nennt man, wenn
die Pfeifen von gleicher Struktur und Ton-
sarbe und gewöhnlich auch von einerlei Ma-
terial sind, Register. Es gibt ganze und
halbe, und nach der Art ihrer Pfeifen Labial-
und Zungenregister. Die Labialregister
sind die wichtigeren. Sie werden entweder von
Metall oder von Holz verfertigt. Zu metal-
lenen Pfeifen gebraucht man Zinn, von wel-
chem das englische große Vorzüge hat, oder
Legirungen von Zinn und Blei. Geringeres
Zinn als achtlöthiges gebraucht man gewöhn-
lich nicht mehr. Die Alten nannten eine solche
Legirung Halbwerk, Halbricht; jetzt nennr
man's oft kurzweg „Metall". Probzinn ent-
hält 4 Theile Zinn und 1 Theil Blei. Von
Holzarten verarbeitet man am liebsten gut
ausgetrocknetes Fichten-, Ahorn- und Birn-
baum-, auch wohl hie und da Eichenholz.

Die Masse, aus welcher die Pfeifen gefer-
tigt werden, hat auf deren Ton wesentlichen
Einfluß. Holz gibt einen dunkleren, Zinn
einen helleren, englisch Zinn den hellsten Ton.
Je weicher das Holz oder Ztnn ist, defto wei-
cher ist auch der Ton; je härter dagegen jene
sind, desto körniger wtrd dieser. Daneben ist
auch oft der Kostenpunkt zu beachten. Holz
ist viel wohlfeiler als Ztnn, engltsch Zinn am
theuersten.

Die Theile etner Labialpfeise sind:
der Fuß,
der Kern,
dte Labien, und
der Körper.

Der Fuß ist bei zinnernenPfeifen ein auf-
wärts sich erweiterndes Rohr, welches oben
durch den Kern, etn wagrecht ltegendes ztn-
nernes Klötzchen, geschlossen wird. Vorn am

Kerne ist die Kernlücke, auch Luftspalte
und Stimmritze, bet zinnernen Pfeifen be-
sonders gerne Unterlabium genannt, wo-
durch der Wind aus dem Pseifenfuße ftrömt.
Bei hölzernen Pfeifen besteht der Fuß aus
einem senkrecht stehenden, metst runden, hie
und da viereckigen Canal (Lochspund, Un-
terspund), der tn eineHöhlung, das Wind-
käftchen, einmündet. Dieses wird gebildet
auf den beiden Neben- und der Hinterseite
durch die Verlängerung des Pfeifenkörpers,
unten durch den Pfeifenboden, oben durch
den Kern und vorn durch eine Verspundung,
welche der Vorschlag genannt wird. Da
nicht selten Fälle vorkommen, daß der Vor-
schlag abgenommen werden muß, so ist es
nicht gut, wenn er aufgeleimt oder aufgena-
gelt wird; besser geschieht seine Befestigung
durch Holzschrauben. Jn kleinen Pfeifen wird
das Windkästchen gerne und passend durch
einen gehörig ausgeschnittenen masstven Psei-
fenboden ersetzt, Pfeifenklotz genannt, und
vorn durch den Vorschlag geschlossen.

Unter den bisher benannten Theilen der
Pfeisen muß am sorgfälttgsten die Stimmritze,
Kernlücke, Luftspalte, Unterlabium gearbeitet
seyn. Von ihr wird zweierlet gefordert, näm-
lich daß sie den Wtnd gleichmäßig verthetle,
gerade in der Menge ausströmen lasse, welche
durch den Toncharakter der Pfeife gefordert
wird und daß ste demselben dte erforderliche
Richtung gegen dasOberlabium gebe. Die-
ses schneidet den Wind und bewirkt, daß die
in den Pfeifenkörper übcrgehende Luftsäule
vibrirt. Jn Labialpfeifen ist das Oberlabium
der tonerzeugende Theil. Die größte Sorg-
falt wird darum stets auf seine accnrate An-
fertigung verwendet. Seine Entfernung von
dem Unterlabium wtrd Mund, meistcns aber
Aufschnitt genannt. Er kann größer oder
gertnger seyn. Das Maß des Ausschnittes
gehört zu den Hauptmitteln, der Pseife eine
bestimmte Tonfarbe und Stärke zu geben. Ein
weiter Aufschnitt Macht den Ton ftumpf,
ein enger scharf. Der Aufschnitt muß stets
rein und seine beiden Ränder müssen genau
 
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