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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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3. Heft
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Polychromirung der geschnitzten Bilder: zur Erklärung des Farbdrucks. Beilage I.
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Erklärung der Beilage II
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0054

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Ganz ähnlich, nur mit größerer Mannig-
faltigkeit nnd Zierlichkeit, behandelte nun der
alte Vildhauer die Gewänder seiner Figuren.
Er ahmte die prachtvollsten Brokatstoffe in
Dessin und Farben nach.

So haben die Kunstzweige zusammengewirkt
und hat einer dem andern die Hand geboten,
um ein jegliches Werk zur größten Vollkom-
menheit zu führen.

Der Maler hatte dem Weber die kunftvollen
Vorwürfe zu seinen Seidengeweben geliefert;
daher durfte er auch nicht unter seiner Würde
halten, die gewebten Stoffe zu ftudiren und
zur Zier seiner Schöpfungen zu benützen.

Dafür gibt jetzt noch, nach Jahrhunderten,
nachdem die edlen Seidenstoffe meist vermodert
und verbrannt sind, der letzte Rest der alten
Faßmalerkunst Zeugniß von der Geschicklich-
keit des Webers.

Als schöne Beispiele derartiger Polychro-
mirung gelten die vierzehn Standbilder im
Kölner Domchor, deren Bemalung Hr. Appel-
lationsgerichtsrath A. Reichensberger in einer
Schrift: „Die vierzehn Standbilder im Dom-
chore zu Köln," Köln 1842, bei F. C. Fisen,
S. 16 ff. eine Beschreibung gewidmet hat.

Jn Schwaben, wo noch eine so große An-
zahl von alten Altarschreinen und Bildern
stch in der ursprünglichen Fassung erhalten
hat, fällt es nicht schwer, bei aufmerksamer
llntersuchung schöne Beispiele und Vorbilder
zu treffen.

Daß auch die Tafelmaler mit gleicher Treue
di e alten Gewebe als Vorbilder sür ihre Ge-
wänder, Drapperien, Teppiche u. dgl. benütz-
ten, braucht blos vorübergehend erwähnt zu
werden, weil fast jedes alteTafel-und Flügel-
bild Zeugniß davon gibt. Mehr davon siehe
Bock, Liturg. Gewänder I.Lief., S. 118 ff.

Kehren wir zu unserem Gegenstande zu-
rück, so müssen wir in dem Verlassen dieser so
dankbaren Polychromie eine der Unbegreiflich-
keiten finden, deren die moderne Kunftrichtung
odxr Richtungslostgkeit so viele hat. Ste ist
um so größer als die Malertechnik in Tem-
pera nicht erstorben ist. Wird ste ja heutzu-

tage geübt und muß geübt werden von den
Restaurationsmalern, welche die mühevolle,
aber lohnende Arbeit übernehmen, alte Tem-
peramalereien gewissenhaft im Geiste ihrer
Vcrfertiger zu restauriren.

Wenn man also die Temperamalerei für
Taselbilder neu erweckt hat, warum sollte man
sie für Sculpturen unbenützt lassen? Eiu
großes Verdiest würde stch erwerben, wer zu-
erst dte Sache energisch ergreifen und dadurch
Andere zur Nachahmung locken wollte.

Um einigermaßcn dazu anzuregen, theilen
wir im Farbdruck des gegenwärtigen Hef-
tes zwei solche Muster mit.

Sic sind einem schönen Flügelaltar aus der
Ulmer Schule entnommen, an dessen holzge-
schnitzten Standbildern die Unterkleider ge-
mustcrt, die Mäntel glatt bemalt sind.

Die Muster sind, soweit sie von dreihun-
dertjährigem Staub zu reinigen waren, so
treu als möglich copirt und in Farbe und
Technik nachgeahmt.

Jn den Kreidegrund sind die parallclen
Striche, den Köper des Gewebes anzeigend,
eingegraben, hierauf der Kreidegrund vergol-
det und das farbige Dessin darauf ausgespart.

Erklärmig der Keilage II.

tVrv. 1 u. 2. Krönungen aus Holz, zur
Verzierung einer Kanzel.

Unter den Männern, welche in der Be-
trachtung der mittelalterlichen Kunstdenkmale
Schwabens eine Quelle reinster Begeisterung
und eine unerschöpfliche Lehrschule des Schö-
nen gefunden haben, nimmt Hcrr Architekt
Beisbarth von Stuttgart nicht die letzte
Stelle ein. Jhm verdanken wir die treue Auf-
nahme der Kanzel, welche wir in einem folgen-
den Hefte mitiheilen werden, und von der wir
hier nur die zwet Details in wahrer Größe
voraussenden.

Seine Liebe zur altdeutschen Bildungs-
weise und sein praktischer Takt befähigen ihn
ganz besonders, auch im einfachften Gebtlde
die Spuren einer streng durchgebildeten Regel
und etnes noch unübertroffenen Schönheit-
stnnes zu entdecken, von welchem auch die
 
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