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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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3. Heft
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Polychromirung der geschnitzten Bilder: zur Erklärung des Farbdrucks. Beilage I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0053

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41

in die Schule: untersuchen wir die allerdings
seltenen und immer seltener werdenden Bilder,
die noch ihre ursprüngliche Bemalung haben;
suchen wir ihre Behandlungsweise, ihre Tech-
nik, ihre Materialien auszuforschen, und die
Frage wird in einer Weise gelöst seyn, die
allen Anforderungen gerecht wird, dem gu-
ten Geschmack, der Pracht und der Natur-
wahrheit.

Daß die Alten ihre plastischen Darstellun-
gen polychromirt haben, ist keineFrage. Daß
viele derselben von Eichen- und Lindenholz
nicht polychromirt sind, stößt den allgemeine-
ren Gebrauch nicht um. Daß sie ihre guten
Gründe dazu haeten, ist nicht zu zweifeln.
Denn darin besteht ein Hauptunterschied zwi-
schen ihnen und uns, daß sie nichts gedanken-
los thaten.

Das Material des Holzes, seine schlichte
Farbe im Unterschied von kostbareren Stoffen
des Metalls, Marmors u. s. w., die Noth-
wendigseit, zu einem Bilde mehrere Stücke
zusammenzuleimen, wies schon auf den Ge-
danken hin, demselben einen Ueberzug zu geben,
der die Fugen und Ungleichheiten des Mate-
rials verdecken, und mtttelft eines gleicharri-
gen Schliffs einen einheitlichen Guß dar-
stellen sollte.

Dieser Ueberzug fand sich in dem Kreide-
grund, der mit Leim gebunden über die Figur
gelegt, geschliffen und dann übermalt wurde.
Man darf aber nicht glauben, daß die Ueber-
malung so nur zufällig aus dem Bedürfniß
entstand, den Kreidegrund, der an sich weit
unscheinbarer als das Holz erschien, wteder
unsichtbar zu machen.

Vielmehr geht schon aus der obigen Be-
gründung hervor, daß die Fassung ursprüng-
lich bezweckt war. Hat man ja sogar Stein-
werk, wie die Sakramenthäuschen und die
steinernen Standbilder in Borhallen u. s. w.
bunt bemalt.

Bet dteser Fassung gebrauchten nun dke da-
mit betrauten Maler dte Technik, welche der
Maleret jener Zeit geläufig war, frühzeitig
auch dte Oelfarbe, welche zur Fassung von

Sculpturen schon srüher als zur Tafelmalerei
verwendet wurde. Vor der Oelfarbe jedoch
und noch gleichzeitig mit ihr war es die Tem-
peramalerei, bei welcher die Bilder ftatt mit
Oel, mit einer Mischung von Eigelb, Feigen-
saft, Essig u.s. w. gebunden werden, welcher
die geschnitzten Bilder eine wesentliche Ver-
schönerung verdankten, einen Schmuck, der
nicht blos auf kurze Zeit dte Sculpturen zu
heben und mit einem harmonischen Farben-
glanze zu verklären, sondern auch eine lange
Reihe von Jahren hindurch die ganze Frische
und Schönheit zu bewahren vermochte.

Noch viele in Tempera bemalte Statuen
sind erhalten und so gut erhalten, daß fie einer
Erneuerung nach 300—400 Jahren ntcht be-
dürfen, wenn nicht rohe Gewalt oder zerstö-
rende Feuchtigkeit oder die moderne Oelsucht
über sie gekommen ist.

Betrachten wir ein solches Bild, so fällt
uns vor Allem die reiche und geschmackvolle
Behandlung der Drapperien ins Auge.

Die Gewänder sind nicht durchweg mit
massenhafter glatter Vergoldung, nicht mit
einfachen Farblönen (l7ni) bedeckt, sondern in
getreuer Nachahmung der schweren und pracht-
vollen mittelaltcrlicher Setven- und Sammt-
stoffe und Brokate ausgeführt. Und diese
Nachahmung erstreckt sich nicht blos auf will-
kürliche Verzierungen, die etwa auf den Grund-
stoff gemalt wären, sondern sie sind erhaben
und vertieft auf den Grund graphirt, wodurch
die Jmitatton eines Gewebes vollendet und
die Prachtwirkung ungemein erhöht wird.

Wer' nur einmal einen alten Flügelaltar
gesehen hat, erinnert sich der schön gemuster-
ten goldenen Rückwände, und muß sich sagen,
daß ein glact vergoldeter Hintergrund diese
Wirkung nicht erzielen kann. Dte hölzerne
Rückwand tst mit Leinwand überspannt und
diese mtt Kreidegrund bedeckt. Jn dem Kreide-
grund sind nun die Damastmuster thetls er-
haben, theils vertieft etngearbeitet, ehe er ver-
goldet worden.

Jn gletcher Weise sind die vergoldeten Hin-
tergründe der Tafelgemälde hergestellt.

Kirchenschmuck- I85S. III.

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