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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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3. Heft
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Ein Erlaß des fürst-erzbischöflichen Consistoriums in Prag und die Paramenten-Fabrikanten
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Die Orgel,[1]: ihre Bestimmung und Verwendung
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0047

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herrschen soll, ist so dringend nöthig, daß eine
einzige Fabrik nie im Stande seyn wird,
dte ungeheuren Einrichtungen zu treffen, um
dieftn gerechten Wünschen nachkommen zu
können.

Dem fürst-erzbischöflichen Consistorium sind
wir für den Erlaß aufrichtigen Dank schuldig;
wir wünschen eiftigst, diese hohe Kirchenbe-
hörde möge sich durch Nichts abschrecken lasftn,
die Fabrikation und Anfertigung kirchlicher
Paramente wieder in die Bahn einzulenken,
welche allein für die Kirche Nutzen verspricht.
Wenn uns noch eine Bitte an unsere Freunde
in Prag gestattet ist, so ist es die, uns den
fürst-erzbischöflichen Erlaß abschrkftlich zuzu-
ftnden.

Die Vrgel.

Erster Artikel.

Zhre Bestimmung und Verwendung.

Wirbeabsichtigen in Nachfolgendem Einiges
überden kirchlichen Charakter, die Bestimmung
und Verwendbarkeit der Orgel, sowie über
ihre Erbauung und Disposition mitzutheilen,
und hoffen, dadurch zur richtigen Würdtgung
dieses Jnstrumentes, und ftiner den kirchlichen
Bedürfnissen angemeffenen Einrichtung einen
— wenn auch kleinen — Beitrag zu liefern.

Gesang und Musik sollen beim Gottesdienst
bekanntlich nur dazu dienen, um mit größerer
Feierlichkeit Gottes Lob zu verkündigen, um
die Gemüther der Gläubigen zur Verehrung
! der götllichen Majestät mehr aufzumuntern,

! und in ihnen das Verlangen und Streben
nach himmlischen Dingen zu fördern (vgl.
Dekr. Sr. Eminenz des Kardinal-Erzbischofs
v. Mecheln vom 26. April 1842). Darin ist
auch die Bestimmung desjenigen Jnstrumentes
^ in unseren Kirchen ausgedrückt,- das neben
dem Gesange allein fast zur allgemeinen An-
j wendung gekommen ift, -— der Orgel. Sie
soll durch ihre Töne, mögen dieselben den Ge-
sang begleiten, oder ohne denselben >— allein
— gebraucht werden, behülflich seyn, daß
obiger Zweck gefördert werde. Sie hat aber

auch nur diesem heiligen Zweck zu dienen,
und jede anderweitige Verwendung ist ihr
sremd, jede andere Absicht — welcher sie die-
nen sollte — ungehörig.

Da warten jedoch säumige Kirchenbesucher
ihr Erklingen ab, ehe sie ins Gotteshaus
treten; dort gibt sie das Signal, daß die
Kirchenschwätzer ihre Unterhaltung Leginnen
können, hier wird Lhr ein lustiges Srücklein
abgerungen, wenn das Kind eines Reichen
getauft wird, oder wenn ein solcher zu Ge-
vater steht; dort muß sie mit einem Marsche
die Brautleute zum Altar begleiten. Da ist
ihre Registerzahl, ihre Größe, ihre Besonder-
heit, ja ihre vergoldete Fronteu dgl. der Stolz
der Gemeinde, dort muß eine erbauet werden,
welche zur E.recutirung aller Compositionen
unserer Orgelcomponisten die Mittel bietet,
obgleich die Kirche nur klein ist und zu ihrer
Aufftellung kaum der nöthigeRaum gefunden
werden kann. Wie soll diefts prächtige Jn-
strument neben seinem heiligen Zwecke zugleich
der Nachlässigkeit, der Eitelkeit, der Künstelei
dienen können? Kein Wunder wenn neben
solchen sremdartigen Zumuthungen an die j
Orgel deren Vernachlässigung einhergeht, und
wir in manchen Kirchen von ihren verstimm-
ten und von Staub und Spinngeweben kaum
mehr hörbaren Orgeltönen wenig erbaut wer-
den. Jn mancher Landkirche findet sich anch
statt der Orgel noch einer jenec kletnpfeifigen
Schreikästen, die, abgesehen von ihrer Schad-
haftigkeit, durch ihre innere Beschaffenheit
und ihre sehlerhafte Dtsposition durchaus un-
fähig sind, das Verlangen und Streben nach
himmlischen Dingen anregend zu sördern, oder
einen Gesang passend zu begleiten. Gute
Orgeln können bei ungehöriger Behandlung .
die Wirkung des Gesanges beeinträchtigen;
wie aber erst solche mit unglaublich verstimm-
ten, sürfelnden, tremulirenden Tönen, mit
klappernden Pedalenund knarrendemGebläse?
Beim Neubau von Orgeln geschieht zwar heu- i
tigen Tages eher zu viel als zu wenig; aber
in kleineren Kirchen und Kapellen drohen als
Ersatz sür kleine Orgeln Jnstrumente sich ver-
 
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