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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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3. Heft
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Ein Erlaß des fürst-erzbischöflichen Consistoriums in Prag und die Paramenten-Fabrikanten
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0046

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und läßt ihr die schlechte Wahl, stillschwei-
gend vcrurtheilt zu werden oder redend und
prüfend sich vor den Klägern — zu ver-
antworten. Die Kunstakademien und Künst-
ler, die Dessinateurs der weltlichen Mode,
dte Tupfblätter für profane Stickereien gal-
ten bisher als unsere einzigen berechtig-
ten Lehrer. Die Kirche ist in ihren Vor-
stehern vou allen Letreffenden Anstalten aus-
geschlofsen; sie beklagt, daß auf den Akade-
mien nicht wenigstens über Liturgie und ihre
materiellen Hülfsmittel, über Jkonographie,
Symbolik u. dergl. Unterricht ertheilt wird —
man schweigt ihre Forderungen todt; sie pro-
testirt, man verlacht ihre Proteste: Bischöfe
und Priester beschäftigen sich im Verein mit
Künstlern und Technikern, belehrende Bücher,
Journale, Zeichnungen von alten Mustern und
neuen Vorlagen zu verbreiten: man hat grö-
ßere und kleinere Kunstausstellungen, beson-
ders von Gegenständen der christlichen Para-
mentik veranftaltet und permanente Samm-
lungen anznlegen begonnen: die Versammlun-
gen des christlichen Kunstvereins haben weitere
Gelegenheit zur Belehrung und Verständi-
gung geboten: aber das Alles geht Niemand
an, berührt am allerwenigsten den bisherigen
Gang der Dinge und ihrer Lenker. Man will
keine Belehrung, denn die alte Gewohnheit ist
bequemer. Alsdann, wenn das Maß der Ge-
duld erschöpft ist und wenn geschieht, was in
der Erzdiözese Prag geschehen ist— so spielt
man die unschuldig Nichtwissenden und —
bittet um Belehrung. Wir können das nicht
für den rechten Weg erkennen, um zum Ziele
zu kommen. Haben diejenigen Fabrikanten,
welche durch den fürst-erzbischöflichen Consi-
storialerlaß in ,/große Aufregung" versetzt
wurden, die aufrichtige Absicht, sich die Kir-
chenarbeiten zu erhalten, so werden sie befser
thun, der rheinischen Fabrik durch ernstliches
Streben Conkurrenz zu machen, als derKirche
die Schlingen eines Seidenweber-Bannes um
den Hals zu werfen. Wir verläugnen die Ach-
tung nicht, die wtr besonders von der Ausbil-
dung der Wiener Technik haben; wir glauben

sogar, daß sie mit leichter Mühe die stärkste Con-
kurrenz bestehen kann. Aber es kommt eben bei
diesen Arbeiten nicht blos auf die Technik an,
wenn man sich auch mitihrerVollendung aufden
staatlichen Kunstausstellungen Belobung und
Prämie verdienen kann. Wenn daher Die-
jenigen, die sich durch den Schritt des fürst-
erzbischöflichen Consistoriums betroffen glau-
ben, eine Prüfung und Vergleichung der
beiderseitigen Techntk verlangen und das Re-
sultatveröffentlichtwissenwollen, so müssenwir
dies, ohne dem Entschlusse der hohen Kirchen-
behörde vorgreifen zn wollen, als ein durch-
aus einseitiges Verlangen bezeichnen, welches
nur den Beweis liefert, daß man die wahren
Anforderungen der Kirche nicht kennt.

Beherzigenswerth aber für alleKirchenvor-
stände ist die jetzt selbst von den Fabrikanten
constatirte Thatsache, daß der Verbrauch an
Seidenwaaren sür kirchliche Zwccke groß ge-
nug ist, um durch die bloße Furcht vor dem
Verlust dieses Absatzcs in „große Aufregung"
zu gerathen. Das ist doch gewiß eine Mah-
nung für die Kirche, auf dem betretenen Wege
zu verharren, d.h. diejenigen Fabrikanten, die
stch ihren Wünschen fügen, zu bevorzugen,
und den Widerstrebenden die Arbeit zu ent-
ztehen, dabei aber mit der Belehrung in der
bisherigen Weise fortzusahren, damit nach und
nach alle Produzenten und Ornathändler nach
kirchltchen Wünschen schaffen und verkaufen.
Wenn wir die Schritte einzelner Bischöfe und
Priefter recht auffassen, so ist auch dieß das
Ziel, nach welchem ste ihre Vlicke richten, und
zwar aus zwei Gründen. Ste können nämlich
einen Zustand, in welchem die guten Stoffe
und die würdigen Paramcnte bloße Ausnah-
men sind, nicht für den normalen ansehen,
und darum wird es ihnen sehr willkommen
seyn, wenn dem Mangel an Erfahrung oder
der Gleichgültigkeit einzelner Geistlichen kein
Abweg mehr möglich ist. Ferner ift der alten
schönenMuster und der verschiedenften Motive
zu Dessins aus den mustergültigen Zeiten eine
so große Zahl, und die Mannigfaltigkeit, die
in den einzelnen Diözesen und Kirchen hierin
 
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