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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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5. Heft
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Miszellen
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Korrespondenzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0097

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80

gekruten, fele lechte unnd fannen unnd kerczen. Dv
es eyn slugk, do stiß der meister eynen czapphen.
Do der schere numme geen wolde, do stiß her den
andern czapphen in dem andern ofene. Do es
czwey slugk, do waß das wergk lobelichen unnd
follekommen wol verbracht unnd alles fol. Do
sungen dy hern: äaum lnuäamus. Habet III °

czentener.

(Aus Konrad Stolle's, thüringisch-Erfurtische
Chronik, aus der Urschrift Herausgegeben von
vr. Ludwig Friedrich Hesse. Stuttgart1854.)

Korrespondenzen.

Venedig, 18. April. (Korresp.) Wer die La-
gunenstadt nicht selbst gesehen hat, macht sich nur
schwer eine richtige Vorstellung von den hier noch
VorhandeneN Kunstschätzen. Da ist eben alles schön
vom 10. bis auf den Anfang dieses Jahrhunderts
herab. Da diese Ausdehnung der Anerkennung bis
zu so später Zeit herab Manchen befremden könnte,
so sey uns gegönnt, unsere Ansicht über die italie-
nische Kunst im Allgemeinen niederzulegen.

Die eigentlich naturgemäße Richtuug iu der
Architektur ist für ganz Jtalien ohne Frage die
griechisch-römische. Wer immer ciue hinreichende
Zeit inJtalien gelebt, die klimatischenVerhältnisse
sowie die in mancher Hinsicht dem frühen Alter-
thum ähnlicheu Zuftände kennen gelernt hat, der
wird, besonders wenn er mit technisch-gebildetem
Blicke den Baugeist zu ergründen sich befleißt, auch
einsehen, was der Südländer mit seinen offenen
Hallen, starken Gesimsvorsprüngen, großer Aus-
dehnung der Gebäude nach Breite und Länge rc.
sagen wollte. Es wird ihm klar werden, warum
der Charakter der Massenverhältnisse in allen Jahr-
hunderteu beinahe derselbe geblieben ist. Deßhalb
sind Meister, wic Bramante, Palladio u. v. A. in
ihren Werken für Jtalien einer- und für Deutsch-
land, Frankreich und England andererseits auch
verschieden zu beurtheilen. Umgeben von einer
meist üppigen Natur unter eiuem tiesblauen Him-
mel, der die Farben aller Gegenstände stärker her-
vortreten läßt, erbaut zumeist aus einem kostbaren
Material, gewinnen die Bauwerke aller Jahrhuu-
derte hier einen erhöhten Werth, der sich aber so
wenig als der Reiz der Umgebung einer nüchternen
Abbildung einhauchen läßt, als er nach ihnen be-
urtheilt werden kann. Bedenkeu wir ferner, daß
die Jtaliener auch der späteru Jahrhunderte doch
stets in der Anschauung der großen Vergangenheit
gelebt haben und auch in unmittelbarem Contakt

mit den urchriftlichen Schöpfungen geblieben sind,
so finden sich alle Näthsel gelöst. Jn dieser Hin-
sicht wird nicht leicht cine Stadt zu iutereffanteren
Studien Gelegenheit bieten, als Verona, wo zwei
Jahrtausende durch die großartigsten Monumente
repräsentirt werden, denen eiue gewisse Gleich-
mäßigkeit des Charakters durch alle Zeiten hin-
durch eigen ist. Mit einem Worte: dis italienische
Bauweise ist in ihrem Wesen uud durch ihre Ge-
lchichte national. Jm Gegensatze zu diesen Präze-
dentien wird uns auch der Entwicklungsgang der
deutschen Kunst, sowie der aller jener Völker,
welche später christlicher Cultur sich unterwarfen,
erst völlig klar. Gauz unabhängig von dem Ein-
fluß einer großen Kunstvergangenheit haben sich
unsere Vorfahren selbstständig entwickelt und ihre
nationale und religiöse Kunst geschaffen, von so
großer geistiger Bedeutung, daß sie nothwendiger
Weise auf den Gang der Kunstentwicklung auch
der anliegenden Länder, namentlichOber-Jtaliens,
einwirken mußte, was uns hier auf jedem Schritt
nnd Tritt einleuchtet. So sehr wir daher für Jta-
lien die Berechtigung antikisirender Bauformen in
Schutz nehmen, so sehr müssen wir deren Anwen-
dung für Deutschland verdammen. * Es ist ein
großes Unheil, daß alle unsere Architekten (und
dieß gilt in ähnlicher Weise von allen Künstlern)
welche die Alpen übersteigen, um in Jtalien Bau-
kunst zu studiren, im besten Falle ihre Skizzenbücher
mit Notizen und Zeichnungen füllen, um sie später
in ihrer praktischen Laufbahn tnls gunls zur Aus-
führung zu bringen, ohne sich auch uur ein einzi-
ges Malüber die inneren Motive jeder Form Nechen-
schaft zu geben. Wie bedauernswerth erscheinen
uns jetzt die in allerhaud künstlichem Material zu-
sammengepappten Bauwerke deutscher Hauptstädte,
nachdem wir theilweise ihre in herrlichem Marmor
und Granit erbauten originellen Vorbilder in ihrer
einzigen Heimath gesehen haben! Ja wie mancher
deutsche Architekt würde seincn Ruhm als schaf-
fender Kopf einbüßen, wenn alle Welt die Werke
kennen würde, deren Formeu er xnro zur Anwen-
dung gebracht hat. Fern sey es vou uns, von dem
Studium italienischer Kunst abzumahnen; im
Gegentheil, eine längere Anschauung italienischer
Banwerke kann nur wohlthätig wirken, indem sie
manche Härte mildert, welche unserer nationalcn
Kunftrichtung mit Recht zum Vorwurf gemacht
wird, ja so viele architektonische Wendungen kön-
nen zum Nutzen unserer Kunst Eingang finden, ,
ohne deren Wesen zu alteriren.

* Vergl. Band V, S. 3 f. Anm. der Red.
 
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