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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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3. Heft
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Ein Erlaß des fürst-erzbischöflichen Consistoriums in Prag und die Paramenten-Fabrikanten
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0045

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1859. H l r rll e n scli m u clr. Hck.

Ein Crlaß des sürst-erzbilchöstichenLou- !
slstorisms in Prag und dieParamenten-
Fabrikanten.

Der //Staats-Anzeiger für Württemberg"
entlehnt der „lith. Correspondenz" einen Ar-
tikel, datirt „Wien, 27. Febr.", welcher einen
Angriff nicht blos auf einen Erlaß des fürst-
erzbischöflichen Consistoriums in Prag, son-
dern indirekt aus alle Vischöfe und Priester
ausführt, welche ahnliche Schritte gethan oder
ähnliche Ueberzeugungen ausgesprochen haben.
Derselbe lautet: „Bei unserer, ohnehin durch
die Zustände gedrückten Jndustrie, hat ein in
Prag erschienener fürst-erzbischöflicher Consi-
storialerlaß, der die Fabrikanten von Kirchen-
paramenten derRücksichtslostgkeit beschuldigt,
ihnen vorwirft, daß sie nur auf momentane
Täuschung ausgehen und schließlich etne rhei-
nische Fabrik zum Bezug von Kirchenstoffen
empfiehlt, große Aufregung hervorgerufen.
Der privaten Erwiderung, welche eine hiesige
Fabrik in dieser Angelegenheit brachte, ist nun
eine größere Erklärung gefolgt, die vom Vor-
stande des Gremiums der Wiener Seidenzeug-
fabrikanten unterzeichnet ift. Das Schriftstück
ist mit all der Hochachtung abgefaßt, welche
einer so hervorragenden Kirchenbehörde ge-
bührt, es drückt aber zugleich in verschiedener
Weise dte Gefühle aus, welche die betreffenden
Jndustriellen bei dem Vorwurfe der Rück-
fichtslosigkeit und der momentanen Täuschung
empfinden mußten, zeichnet die Schwierigkeit
der Fabrikation der Kirchenparamente, deutet
auf die Auszeichnungen hin, welche dieser
Zweig unserer industriellen Thätigkeit in den
Weltausstellungen errungen und bittet dann,
daß man statt zu verurtheilen, lieber belehre,
wenn das Fabrikat nicht den Ansprüchen der
christlichen Kunft vollständig entspreche. Auch
bei der letzten Sitzung des niederösterreichi-

schen Gewerbevereins ift diese Angelegenheit
zur Sprache gekommen. Man einigte sich da-
hin, daß der Verwaltungsrath des Vereins
bei dem fürst-erzbischöflichen Consistorium auf
eine Prüfung und Vergleichung der hiestgen
uud rheinländischen Paramente antragen und
die Resultate dieser Prüfung öffentlich bekannt
geben möge."

Für die Leser unseres Archivs stnd die Kla-
gen, welche den fürst-erzbischöflichen Consi-
storialerlaß hervorgerufen haben, weder neu
noch unbegründet. Der Uebelstand war ein
allgemeiner, er lag und liegt in dem Charakter
der flauen kurzverflossenen Vergangenheit:
nicht eine einzelne Person, nicht ein einzelner
Stand trägt die Verantwortung dafür. Form,
Stoff, Dessins verschlimmerten stch, die ernste
Symbolik wich der naturalistischen Auffassung;

^— die Fabrikanten boten das Alles durch die
Kleinhändler der Kirche anfangs arglos, die
Kirche nahm es von ihnen in Empsang, lange
Zeit mit großer Resignation. Wer aber den
Schaden allein trug, das war eben nur die
Kirche. Und jetzt, nachdem man den Charla-
tanismus bis zu den äußersten Grenzen hat
vorschreiten lassen, nachdem man ihm das
ganze Gebiet der kirchlichen Paramentik auf-
sichtslos überantwortet hat, sollen die Kirchen-
vorstände keine Ansprüche mehr haben, die
sonft jedem Käuser gegenüber dem Verkäufer
zustehen, ja, die Forderung oder Ausübung
des Rechts der Klage über bestehende Miß-
stände wird mit dem indirekten Vorwurfe der
Verläumdung und ungerechter Verkleinerung
beantwortet, und zwar nach dem für unfehl-
Lar geltenden Zeugniß der Jndustrieausstel-
lungen, die natürlich über Form, Schnitt,
kirchlichsymboltsche Dessins, liturgische Far-
ben und Farbenzusammenstellung die einzigen
competenten Schiedsrichter seyn sollen. Man
zieht eine kirchliche Behörde vor Gericht

Kirchenschmuck. 1839. III.

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