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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 5.1859

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6. Heft
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Altarleuchter
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https://doi.org/10.11588/diglit.18468#0109

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ornameute gctragen. Oft hat die Echale die
Gestalt eincs mit Zinnen gekrönten Tburms.

Ein Lenchter kann auch fnr mehrere Kerzen
! dienen. Jn dtesem Falle nimmt die Schale
eine größere Dimension nnd entsprechende
Form an. Z. B. ste kann die Form eines
Dreipasfes und im Mittelpnnkt jedes Passes
i einen Stachel haben für drei Kerzen. Oder
j die Schale theilt stch im Vierpaß und hat in
den vier Pässen, sowie im gemeinschaftlichcn
Centrum je einen Stachel, dient also für fünf
Kerzen.

Andere Leuchter lasscn vom Knauf außer
der vertikalen Fortsetzung des Schafts noch
zwei Seitenarme auslaufen, welche wieder je
eine Schale tragen. Nach demselben Prinzip
sind die stebenarmigen Leuchter gebaut, an
welchen drei Knäufe je mit zwei Seiten-
armen ausgerüstet stnd, und die steben Arme
^ ibre Schalen in gleicher Höhe tragen.

Die Formen des Leuchters modistciren sich
nach dem Material, aus welchem er gemacht
wird, als: Gold, Silbcr, Vronce, Kupfer,
Marmor, Eisen, Kryftall, Holz, und nach der
Art der Verzierung, Vergoldung, Email rc.

Goldene Leuchter waren im Mittelalter nicht
j selten.

Abt Suger von St. Denis zierte den Altar
! mit goldenen Leuchtern von 20 Mark Gewicht.
Häufiger stnd stlberne oder silbervergoldete,
auch wohl mit Email verzierte.

Ein Jnventar der Domkirche von Uork
führt zwei Leuchter von Kryftall auf, deren
Füße und Knäufe silbern waren.

Jn Kirchen der Vretagne und Normandie
stnden stch vergoldete Holzleuchter vom 15. und
16. Jahrhundert. Die meisten mittelalter-
lichen Leuchter, die stch bci uns vorfindcn, stnd
von Messing oder Kupfer, einige vergoldct,
andere nicht.

Eine Gattung von Leuchtern, wovon stch
noch sehr viele altc Eremplare antreffen lassen,
ist noch zu erwähnen. Sie stnd rund, von
Messing gegossen, Fuß und Kelch mit Stäben
^ und Kehlen hübsch gegliedert, der cylindrische

Schaft mit vielen zierlichen, ost mit zu dreien
verbundenen Ringen profilirt.

Diese Leuchter empfehlen stch ebenso sehr
durch ihre Schönheit und Zweckmäßigkeit, als
durch ihre Dauerhaftigkeit. Ohne grobe Ge-
walt sind ste nicht zu zerstören. Und wenn
das Metall durch Alter und Schmutz unan-
sehnlich geworden ist, darf man ste nur in
eine Drehbank einspannen. um ste mit leichter
Mühe zu putzen und mit Goldesglanz aus
dem Schmutze erstehen zu lassen.

Die neu erfundene Kunst des Metalldrü-
ckens im Drehstuhl vermag derartige Leuchter
zwar der Form nach ganz ähnlich herzustellen.
Da diese aber nur aus gerundetem Blech be-
stehen, so balten ste mit den gegossenen keinen
Vergleich aus.

Dte Leuchter des Mittelalters tragen dte
Gepräge ihrer Versertigungszeit in den Tbier-
und Pflanzenornamenten, welche zu ihrer De-
koration verwendet stnd. ArchitektonischeFor-
men nehmen sie selten an; am meisten in der
spätgothischen Zeit, wo Heiligennischen, Bal-
dachine, Thürmchen, Zinnen, Maßwerk und
dergl. zu ihrer Verzierung verwendet stnd.
Die Rennaissance und Zopfperiode hat ihren
ganzen Reichthum an Akantuslaub, Schnecken,
Mnscheln, nackten Genien, Allegorien, auf die
Entstellung der Leuchter verwendet, und um
ihrer Erfindungskraft ein größeres Feld zu
gewinnen, die Leuchter zu einer gigantesken
Größe erweitert.

Dieser erorbitanten Quantität hat die Neu-
zeit das Nonplusultra der Qualitätlosigkeit
beigesellt, und damit die Musterwerke lüder-
lichen Geschmacks geschaffen: Leuchter, die nur
aus dünnen, gestanzten, weißgesottenen Ble-
chen beftehen, die an ein rohes hölzernes Ge-
stell tn der Art angenagelt sind, daß oft nur
die dem Publikum zugekehrte Vorderseite blech-
geharnischt erscheint.

Wir hätten es kaum der Mühe werth ge-
halten, dieser Ungethüme zu erwähnen, wenn
nicht so viele Blechfabriken heute noch mit
großem Absatz in diesem Artikel beschäftigt
wären. Jn etner süddeutschen Stadt, die der
 
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