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Der zweite Punische Krieg bis Canuae.
bei Montigeto, so gut wie unbesetzt geblieben wäre, was mit Recht
schon von Hesselbarth und Voigt als unwahrscheinlich getadelt isty
und daß die steilen Hänge des Tuoroberges sich wegen ihrer zu großen
Steilheit für schwere Infanterie sehr wenig eignen1).
Aber den Haupteinwand dagegen hat man so weit ich sehe, bisher
übergangen:
In welche Lage wäre Hannibal bei dieser Aufstellung geraten,
wenn die Römer seinen Hinterhalt auch nur einen Augenblick früher
als es geschah bemerkt, auf den Hängen des Gualandro ihr Lager
geschlagen, den anderen unbesetzten Ausgang des Defilees durch ein
starkes Detachement gesperrt und so in aller Ruhe den Anmarsch der
Armee des Servilius erwartet hätten, die in ein paar Tagen da sein
mußte. Dann war Hannibal von der Straße abgeschnitten, in die
Berge eingeklemmt, ohne Fouragierungsgebiet und ohne Verbindungen,
selbst ohne die Möglichkeit, seine Hauptwaffe, die Reiterei, hier ordent-
lich gebrauchen zu können. Eine ganz verzweifelte Situation!
Ohne den Nebel, auf den man ja nicht rechnen konnte, hätte es nach
aller Wahrscheinlichkeit so kommen müssen. Denn das Zeigen eines
Teiles der Armee auf dem Hügel von Tuoro in einer Flankenstellung
abseits von der Straße und ohne rückwärtige Verbindungen mußte bei
den nachrückenden Römern die selbstverständliche Frage hervorrufen,
wo denn die anderen Truppen seien, und ihnen den Gedanken des
Hinterhaltes geradezu suggerieren2). Hier mußte diese Maßregel den
entgegengesetzten Erfolg haben, wie auf der Paßhöhe von Monte-
Gmppe Gmndy colognola (s. S. 161). Sie mußte den Hinterhalt verraten.
Es erübrigt endlich noch mit einem Worte der dritten Gruppe
zu gedenken, die die Schlacht auf das Tal von Sanguineto beschränken
will und also dieses Tal allein als den uvlcbv des Polybios ansieht.
/ v Auch auf sie hat das, was über die beiden vorigen Theorien gesagt
ist, entsprechenden Bezug, und man könnte höchstens noch hinzufügen,
daß wenn man dabei eine Stellung Hannibals bei Tuoro und einen
Marsch der Römer am See entlang annimmt, wie dies Grundy und
Reuß tun, eigentlich von einem Marsche durch den avlcov gar nicht
gesprochen werden kann, sondern daß es sich dann, wie schon Hen-
1) Hesselbarth (Nr. 32) S. 697 der überhaupt, ebenso wie Voigt (Nr. 28) S. 1589f.
die Schwierigkeiten der Tuorohypothese präzis zusammenfaßt.
2) Daß die Stellung Hannibals bei Tuoro von Anfang an als eine offen ge-
zeigte geplant gewesen sei, hat am deutlichsten Stürenburg, (Nr. 27) S. 9 ausgesprochen.
Die nötigen Konsequenzen aber hat er nicht daraus gezogen.
Der zweite Punische Krieg bis Canuae.
bei Montigeto, so gut wie unbesetzt geblieben wäre, was mit Recht
schon von Hesselbarth und Voigt als unwahrscheinlich getadelt isty
und daß die steilen Hänge des Tuoroberges sich wegen ihrer zu großen
Steilheit für schwere Infanterie sehr wenig eignen1).
Aber den Haupteinwand dagegen hat man so weit ich sehe, bisher
übergangen:
In welche Lage wäre Hannibal bei dieser Aufstellung geraten,
wenn die Römer seinen Hinterhalt auch nur einen Augenblick früher
als es geschah bemerkt, auf den Hängen des Gualandro ihr Lager
geschlagen, den anderen unbesetzten Ausgang des Defilees durch ein
starkes Detachement gesperrt und so in aller Ruhe den Anmarsch der
Armee des Servilius erwartet hätten, die in ein paar Tagen da sein
mußte. Dann war Hannibal von der Straße abgeschnitten, in die
Berge eingeklemmt, ohne Fouragierungsgebiet und ohne Verbindungen,
selbst ohne die Möglichkeit, seine Hauptwaffe, die Reiterei, hier ordent-
lich gebrauchen zu können. Eine ganz verzweifelte Situation!
Ohne den Nebel, auf den man ja nicht rechnen konnte, hätte es nach
aller Wahrscheinlichkeit so kommen müssen. Denn das Zeigen eines
Teiles der Armee auf dem Hügel von Tuoro in einer Flankenstellung
abseits von der Straße und ohne rückwärtige Verbindungen mußte bei
den nachrückenden Römern die selbstverständliche Frage hervorrufen,
wo denn die anderen Truppen seien, und ihnen den Gedanken des
Hinterhaltes geradezu suggerieren2). Hier mußte diese Maßregel den
entgegengesetzten Erfolg haben, wie auf der Paßhöhe von Monte-
Gmppe Gmndy colognola (s. S. 161). Sie mußte den Hinterhalt verraten.
Es erübrigt endlich noch mit einem Worte der dritten Gruppe
zu gedenken, die die Schlacht auf das Tal von Sanguineto beschränken
will und also dieses Tal allein als den uvlcbv des Polybios ansieht.
/ v Auch auf sie hat das, was über die beiden vorigen Theorien gesagt
ist, entsprechenden Bezug, und man könnte höchstens noch hinzufügen,
daß wenn man dabei eine Stellung Hannibals bei Tuoro und einen
Marsch der Römer am See entlang annimmt, wie dies Grundy und
Reuß tun, eigentlich von einem Marsche durch den avlcov gar nicht
gesprochen werden kann, sondern daß es sich dann, wie schon Hen-
1) Hesselbarth (Nr. 32) S. 697 der überhaupt, ebenso wie Voigt (Nr. 28) S. 1589f.
die Schwierigkeiten der Tuorohypothese präzis zusammenfaßt.
2) Daß die Stellung Hannibals bei Tuoro von Anfang an als eine offen ge-
zeigte geplant gewesen sei, hat am deutlichsten Stürenburg, (Nr. 27) S. 9 ausgesprochen.
Die nötigen Konsequenzen aber hat er nicht daraus gezogen.