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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Hagen, Luise: Die Kunststickerei in der Entwicklung des modernen Stils
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0363

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Die Kunststickerei in der Entwicklung des modernen Stils.

574. Tischgedeck von Frau Mlga Schirlitz-Behren dt, München. Rohleinen, Stickerei in
gelber und hellgrauer Seide. (Vs der wirk!. Gr.)

wohlhabend sind als
wir, der Zug zu einem
gediegenen Ausdruck be-
haglicher Wohlhaben-
heit, der Wärme und
Lebensfreudigkeit atmet,
immer Geltung behält.

An dem Wandfeld von
Anna Boberg-Stock-
holm (Abb. 372) fehlt
mir freilich der geistige
und der zeichnerische
Mittelpunkt; der deko
rative Zug ist zudem
dein japanisierenden
Streben nach Assym-
metrie zunt Opfer ge-
fallen, trotzdem berührt
die Abwesenheit alles
Gespreizten und der
doktrinären Tendenzen
angenehnr. Eigenartig
wirkte auf den Besucher der Turiner Ausstellung,
daß dort die schwedischen und norwegischen Bild-
wirkereien und Gobelins in vertauschten Farben er-
schienen. Zn Paris fß00 waren die Norweger rotblau,
die Schweden grün-violett; in Turin war es umgekehrt.

Die vollgültigen Erfolge der Arbeiten von Frau
Olga Schirlitz Behrendt und Frl. Gertrud höf-
lich ter beruhen auf der Selbstverständlichkeit, mit
der sich bei ihnen die Zeichnung der natürlichen
Bewegungsart der Nkaschine anpaßt und aus dieser
Eigenart des Werkzeugs reizvolle Wirkungen heraus-
holt. Spiegelung und Reflex iin Glanze der ver-
wendeten Seide werden hier zielsicher ausgenutzt;
man hat die Empfindung, als hätte eine phantasie-
volle Stickerin ganz ohne Vermittelung eines „Auf-

risses" ihrer Maschine, die im Kettenstich Tambourier-
dienste leistet, dieses muntere Linienspiel entlockt.
Fesselnd und lehrreich ist es dabei, wie doch auch
diese Maschinentechnik Spielraum läßt für den Aus-
druck des persönlichen. Zn dem Tischtuch mit
Serviette von Schirlitz - Behrendt (Abb. 57^) und
an dem pängekissen (Abb. 575) kann man selbst in
der Verkleinerung erkennen, wie gut sich die Aus-
führung an die Form anschmiegt und wie hier ein
ganz individuelles Vermögen sich eigenartig mit
seiner Aufgabe abfindet. Dagegen halte man, um
den Unterschied voll zu erfassen, die beiden Rissen
von pofrichter (Abb. 577 u. 578) und das Pfauen-
federnkissen (Abb. 580). Wäre die Arbeitsweise beider
Damen ihre Handschrift, die einem Graphologen

575 u. 576. Arbeiten von Frau Glga Schirlitz.Behrendt, München.

Lehnstuhlkissen. Maschinenstickerei in bunter Seide aus Kissen. Moosgrünes Tuch, Maschinenstickerei in grau-

beigefarbenem Grund. (Vs der wirkl. Gr.) und gelbgrüner Seide, ('/e der wirkl. Gr.)
 
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