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auch noch so häßlich" (Schillec) nicht alles gemein
haben.
Ein ganzes Triebbünüei bringt das Kind zum Zeich-
nen. Reiner Trieb, sei es nun Spiel-, Beschäftigungs-
oder gar Zeichnungstrieb, kann es nicht sein.
Zunächst wird als feststehend angenommen werden
müsssn, daß sedes Kind auch ohne daß es jemals
etwas zeichnen sieht, aus sich heraus mltHilfeder
vererbten Gehirnentwicklung auf pri-
mitivss Zeichnen verfallen wird. Die
Gegner der Entwicklungslehre wollen hierin etwas
Göttliches sehen. Auch haben alle Naturvölker sa die
primitivsten, soweit sie in historischer Zeik lebten, mit
Kerben, Farbstrichen und Flecksn gezeichnef.
Man könnte also schon von einem Zeichnungskrieb
reden. Er ist sicher die Grundlage, aber die aileinige
Arsache nicht sür das, was unsere Kinder zeichnen.
Dsr Bewegungs- und Spiellrreb in den Fingern tritt
dazu und d!e ersten gekrahken, geschmierken, gedrückken
Spuren der Finger oder eines färbenden Stoffes
regen die Phankasie an. Man mühte also, da ein
Zeichnen ohne Bewegungen und Spuren nicht denkbar
ist, üen Bewegungs- und Spieltrieb vorne ansetzen
oder beiden gleiche Wichtigkeit zuschreiben. Das Kind
wird stch dann mit Hilfe des BeschäftlgLNgstriebes
weiter betätigen, und zu den reinen Triebhandlungen
gesellen sich durch wiederholendes Spiel mit Unter-
stühung des Gedächtnisses herausgeforderte Wahl-
handlungen. Entscheidend greift auch ein der Nach-
ahmungstrieb. Das Kind entnimmt alle Inhalte seines
Spieles aus der Umgebung und seiner Erfahrung.
„Nichts ist in der Borstellung, was nicht vorher in den
Sinnen war.^ Hai es Zeichnen gesehen, gemerkt, wie
es gemacht wird, vorgemacht bekommen, oder wurds
ihm die Zand geführt, dann äußerN sich der Wille zur
Nachahmung. Bald verlangk das Kind Kompositronen,
die seiner Phantaste entspringen. Es w!l! verschiedene ^
Gedanken und Borstellungen ausdrücken oder aus-
gedrückk sehen; der Sprechkrieb verbindek sich mit der
Zeichnung, versucht sich in Bildern mitzuteilen. Optisch-
fensorisch lernt das Kind verglsichen und spornt seine
Phantaste an, neue Eindrücks zu verwerken, graphisch-
sensorisch bildet es sich !n seinem Mitteilungs- und
Darsteilungsvermögen aus, lernt den Naum der Dinge
begreifen und ihn auf sich und andere Dinge bsziehen.
Dazu kommt dann noch der Trieb zur Farbe, der
größer ist als man anzunehmen gewöhnt ist, der zu-
nächst irrational arbeitek, später aber das zeichnerische
Sprechen erleichtern soll. Auch der Kriiisiertrieb, der
ehrlich am eigenen Machwerk einsetzt, ist leicht ge-
weckk und er ist es, der die Ursache oder besser den
Grund zur Kunstenkwicklung unü Förüerung abgibk.
3n einer vollkommenen Welt gibt es
keine Kunst, aberauch keine Kritik. Die
Welt des Kindes ist die unvollkom-,
menste und darum hier der Ansatz zur
K u nst und Kritik, ein Ambaurn der Welt des'
Erscheinens in eine Welt des Empsindens
und Wissens, des toten Scheins in ein seelisch
lebendiges sich entwickelndes S e i n. Ohne das Wägen
mit Bergleich, Ausschalken des Ilnbefriedigenden auf
Grund von Unlustgesühlen gäbe es dieses geistige
Wesen Mensch überhaupk nicht. Anschauung
und Beranschaulichung, Beispiel und
Gegsnbeispiel spielen daher für uns
diegrößteRolle. Als Letztes kommt sicher noch
.in Bstracht eins als Trieb angeborene Handwerks-
elnstellung, wenn sich diese auch nur als automatisierte
Bewegungen und Denkfahigkeik änßern und durch
Vererbung stets verwischt und vermischt werden, wie
sämtliche anderen Triebe ja auch. Fassen wir ailes
zusammen, dann liegt dsm „vorausschauend gewor-
denen Trieb", dem Willen zum Zeichnen, die wer-
üende Borskellungswelt dss Kindes als Beweggrund
inns und als Triebfeder ein ganzes Triebbündel,
bestehend aus Bewsgungs- und Spieltrieb,
Zeichnungstrieb, Beschäftigungs- und
Wiederholungstrieb (Organlust), Nach-
ahmungs- und Sprechtrieb, Erfah-
rungstried und Neugier, Farb- und
Kritisiertrieb und Zweckmäßigkeiks-
Lriek (Geschick). Und all das wird später zusam-
mengenommen und mit „Talenk" bezeichnet.
Sol! aber unser Unkerricht zu den' denkbar größten
Erfolgen sühren, dann darf er nicht mehr ohne Be-
rücksichtigung der Triebe aufbauen, sondern nur durch
liebevolle Pflege der Naturkeime sein Ziel erreichen
woilen. Ein naturgemäßer Zeichenunter-
richt hätte also mechanisch spielerischs Bewegungen
zu üben, die der Phantasie Nahrung geben, Wieder-
holungen, Reihen usw. zu üben, rhykhmische Lbungsn,
symmetrische llbungen zu betreiben, die daS Klnd wäh-
len und komblnleren lasien; das Kind soll auch vor-
gemachk bekommen zum Nachmachen, ohne ekwas
oder visl zu reden. Das Phantaflezeichnen soll dem
Sprechtrieb enkgegenkommen und allmählich Typen-
bilder schaffen. Perspektivische llbungen nach Model-
len (nichk nach einem Modell) sollen in das Beherr-
schen des Naumes einführen, der Trieb zur Farbe soll
in eigeuen llbungen gepflegt werden, zum Kritisieren
muß den Schülern Gelegenheit gegeben werden, Bei-
spiel und Gegenbeispiel müssen ausgiebigste Mirkung
tun, und endlich der Handwerkseinstellung muß Rech-
nung getragen werden. Ienen Schüler, der in den
meisten Antergruppen, deren Wichkigkeltsver-
hältnis zum Wirkschaftsleben berück-
sichkigk werden müßks, nicht entsprichk, nur Kärgliches
leiskct und sich nicht als förderbar erwelst, könnte man
mit Recht als schlecht bszeichnen und zensteren. So
würüe jeder Schüler seine Kräfke kennen lernen, in-
sie Bertrausn gcwinnen, Freude und Lust an seinen .
Schöpfungen haben und nichks Nutzloses quälerisch
lernen. Man würde also durchschnlttlich nlchk sagen
können, der Schüler hat kein Talenk, sondern seine
Trisbanlagen konnten nicht höher erzogen werden
oder wurden nicht erzogen.
Disse ganze Triebwelt, die den Menschen eigsntlich
ausmacht, gehört erzogen, plaumäßig wisssnschaftlich
erforscht und in einer Richtung methvdisch z u''
beeinflussen versucht, dah für das Wieder-
erstehen der deutschen Erfinderüberlegenheik, die
unsere Gegner durch den Raub der deutschen Pakente
auszugleichen oder an sich zu reißsn versucht haben,
und deutsche Arbeitsfreudigkeit und Bolkskunst mit
Sicherhelk gesorgt ist und zwar in einem noch
skärkeren Maße als in jedem anderen
Staak. Nur dadurch kaun das Herz der
Kulturwelt vor chronischsr Zerrüktung
ünd dem Zerfallbewahrtbieiben.
auch noch so häßlich" (Schillec) nicht alles gemein
haben.
Ein ganzes Triebbünüei bringt das Kind zum Zeich-
nen. Reiner Trieb, sei es nun Spiel-, Beschäftigungs-
oder gar Zeichnungstrieb, kann es nicht sein.
Zunächst wird als feststehend angenommen werden
müsssn, daß sedes Kind auch ohne daß es jemals
etwas zeichnen sieht, aus sich heraus mltHilfeder
vererbten Gehirnentwicklung auf pri-
mitivss Zeichnen verfallen wird. Die
Gegner der Entwicklungslehre wollen hierin etwas
Göttliches sehen. Auch haben alle Naturvölker sa die
primitivsten, soweit sie in historischer Zeik lebten, mit
Kerben, Farbstrichen und Flecksn gezeichnef.
Man könnte also schon von einem Zeichnungskrieb
reden. Er ist sicher die Grundlage, aber die aileinige
Arsache nicht sür das, was unsere Kinder zeichnen.
Dsr Bewegungs- und Spiellrreb in den Fingern tritt
dazu und d!e ersten gekrahken, geschmierken, gedrückken
Spuren der Finger oder eines färbenden Stoffes
regen die Phankasie an. Man mühte also, da ein
Zeichnen ohne Bewegungen und Spuren nicht denkbar
ist, üen Bewegungs- und Spieltrieb vorne ansetzen
oder beiden gleiche Wichtigkeit zuschreiben. Das Kind
wird stch dann mit Hilfe des BeschäftlgLNgstriebes
weiter betätigen, und zu den reinen Triebhandlungen
gesellen sich durch wiederholendes Spiel mit Unter-
stühung des Gedächtnisses herausgeforderte Wahl-
handlungen. Entscheidend greift auch ein der Nach-
ahmungstrieb. Das Kind entnimmt alle Inhalte seines
Spieles aus der Umgebung und seiner Erfahrung.
„Nichts ist in der Borstellung, was nicht vorher in den
Sinnen war.^ Hai es Zeichnen gesehen, gemerkt, wie
es gemacht wird, vorgemacht bekommen, oder wurds
ihm die Zand geführt, dann äußerN sich der Wille zur
Nachahmung. Bald verlangk das Kind Kompositronen,
die seiner Phantaste entspringen. Es w!l! verschiedene ^
Gedanken und Borstellungen ausdrücken oder aus-
gedrückk sehen; der Sprechkrieb verbindek sich mit der
Zeichnung, versucht sich in Bildern mitzuteilen. Optisch-
fensorisch lernt das Kind verglsichen und spornt seine
Phantaste an, neue Eindrücks zu verwerken, graphisch-
sensorisch bildet es sich !n seinem Mitteilungs- und
Darsteilungsvermögen aus, lernt den Naum der Dinge
begreifen und ihn auf sich und andere Dinge bsziehen.
Dazu kommt dann noch der Trieb zur Farbe, der
größer ist als man anzunehmen gewöhnt ist, der zu-
nächst irrational arbeitek, später aber das zeichnerische
Sprechen erleichtern soll. Auch der Kriiisiertrieb, der
ehrlich am eigenen Machwerk einsetzt, ist leicht ge-
weckk und er ist es, der die Ursache oder besser den
Grund zur Kunstenkwicklung unü Förüerung abgibk.
3n einer vollkommenen Welt gibt es
keine Kunst, aberauch keine Kritik. Die
Welt des Kindes ist die unvollkom-,
menste und darum hier der Ansatz zur
K u nst und Kritik, ein Ambaurn der Welt des'
Erscheinens in eine Welt des Empsindens
und Wissens, des toten Scheins in ein seelisch
lebendiges sich entwickelndes S e i n. Ohne das Wägen
mit Bergleich, Ausschalken des Ilnbefriedigenden auf
Grund von Unlustgesühlen gäbe es dieses geistige
Wesen Mensch überhaupk nicht. Anschauung
und Beranschaulichung, Beispiel und
Gegsnbeispiel spielen daher für uns
diegrößteRolle. Als Letztes kommt sicher noch
.in Bstracht eins als Trieb angeborene Handwerks-
elnstellung, wenn sich diese auch nur als automatisierte
Bewegungen und Denkfahigkeik änßern und durch
Vererbung stets verwischt und vermischt werden, wie
sämtliche anderen Triebe ja auch. Fassen wir ailes
zusammen, dann liegt dsm „vorausschauend gewor-
denen Trieb", dem Willen zum Zeichnen, die wer-
üende Borskellungswelt dss Kindes als Beweggrund
inns und als Triebfeder ein ganzes Triebbündel,
bestehend aus Bewsgungs- und Spieltrieb,
Zeichnungstrieb, Beschäftigungs- und
Wiederholungstrieb (Organlust), Nach-
ahmungs- und Sprechtrieb, Erfah-
rungstried und Neugier, Farb- und
Kritisiertrieb und Zweckmäßigkeiks-
Lriek (Geschick). Und all das wird später zusam-
mengenommen und mit „Talenk" bezeichnet.
Sol! aber unser Unkerricht zu den' denkbar größten
Erfolgen sühren, dann darf er nicht mehr ohne Be-
rücksichtigung der Triebe aufbauen, sondern nur durch
liebevolle Pflege der Naturkeime sein Ziel erreichen
woilen. Ein naturgemäßer Zeichenunter-
richt hätte also mechanisch spielerischs Bewegungen
zu üben, die der Phantasie Nahrung geben, Wieder-
holungen, Reihen usw. zu üben, rhykhmische Lbungsn,
symmetrische llbungen zu betreiben, die daS Klnd wäh-
len und komblnleren lasien; das Kind soll auch vor-
gemachk bekommen zum Nachmachen, ohne ekwas
oder visl zu reden. Das Phantaflezeichnen soll dem
Sprechtrieb enkgegenkommen und allmählich Typen-
bilder schaffen. Perspektivische llbungen nach Model-
len (nichk nach einem Modell) sollen in das Beherr-
schen des Naumes einführen, der Trieb zur Farbe soll
in eigeuen llbungen gepflegt werden, zum Kritisieren
muß den Schülern Gelegenheit gegeben werden, Bei-
spiel und Gegenbeispiel müssen ausgiebigste Mirkung
tun, und endlich der Handwerkseinstellung muß Rech-
nung getragen werden. Ienen Schüler, der in den
meisten Antergruppen, deren Wichkigkeltsver-
hältnis zum Wirkschaftsleben berück-
sichkigk werden müßks, nicht entsprichk, nur Kärgliches
leiskct und sich nicht als förderbar erwelst, könnte man
mit Recht als schlecht bszeichnen und zensteren. So
würüe jeder Schüler seine Kräfke kennen lernen, in-
sie Bertrausn gcwinnen, Freude und Lust an seinen .
Schöpfungen haben und nichks Nutzloses quälerisch
lernen. Man würde also durchschnlttlich nlchk sagen
können, der Schüler hat kein Talenk, sondern seine
Trisbanlagen konnten nicht höher erzogen werden
oder wurden nicht erzogen.
Disse ganze Triebwelt, die den Menschen eigsntlich
ausmacht, gehört erzogen, plaumäßig wisssnschaftlich
erforscht und in einer Richtung methvdisch z u''
beeinflussen versucht, dah für das Wieder-
erstehen der deutschen Erfinderüberlegenheik, die
unsere Gegner durch den Raub der deutschen Pakente
auszugleichen oder an sich zu reißsn versucht haben,
und deutsche Arbeitsfreudigkeit und Bolkskunst mit
Sicherhelk gesorgt ist und zwar in einem noch
skärkeren Maße als in jedem anderen
Staak. Nur dadurch kaun das Herz der
Kulturwelt vor chronischsr Zerrüktung
ünd dem Zerfallbewahrtbieiben.