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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 3.1854

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Gedichte / Buntes / Literarische Besprechungen
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Gedichte

Das graue Haus.
Was zieht mich doch hinüber
Zu jenem grauen Haus?
Es wird mir täglich lieber,
Sieht doch so finster aus.
Am Fenster keine Blüthe,
Kein freundlich Gärtchen d'ran,
Was schlägt nur im Gemüthe
Dies Haus für Saiten an?
Doch mag ich gerne stehen
Auf diesem öden Raum,
Ist sonst auch nur zu sehen
Ein wilder Aepfelbaum.
Er scheint des Hauses Hüter,
Im Lenz sein Schmuck zu sein;
Auch er hat keine Brüder,
Steht wie das Haus allein.
Oft deucht es mir, es flüstert
Dem Hause zu der Baum.
Gewiß, sie find verschwistert
Seit manches Jahres Raum.
Und ich, ich denk', die Beiden,
Sie fühlen drum mit mir,
Sie kennen meine Leiden,
Auch ich steh' einsam hier.
Kein Plätzchen in der Runde
Ist mir so lieb und hehr,
Mir ist, als ob im Bunde
Ich mit den Beiden wär'.
Drum zieht es mich hinüber
Zu jenem grauen Haus,
Drum flüstert's mir herüber —
Vom Baume geht das aus.
Auch fällt ein Trost mir immer
Beim grauen Hause ein:
Fällt einstens es in Trümmer,
Bin ich nicht mehr allein.
Marie Claußnitzer.

Mein Traum.
Mir träumte, Du wärest gestorben
Und sie begruben Dich,
Ich setzte mich auf den Hügel
Und weinte bitterlich.
Und über mir sang in der Linde
Ein Vöglein so ernst und bang',
Es war ihm sein Gatte gestorben,
Es sang ihm den Todtengesang.

Und neben mir stand eine Blume,
Die hatte gesenkt das Haupt,
Sie hauchte so bange Klagen,
Ihr war der Geliebte geraubt.
Es blickten mich an wehmüthig
Die Beiden und weinten laut;
Wir hatten einander verstanden,
In Thränen zum Himmel geschaut.
Ich suchte erwachend die Blume,
Das Vöglein, die ich geschaut;
Ich legte die Hand auf die Wange,
Sie war noch von Thränen bethaut!
Fr. Friedrich,
Die Weberin.
Geh' und webe im Zimmer,
Spricht der Vater zur Tochter,
Spielen last' ich dich nimmer,
Ehe nicht fertig das Leinen.
Die Bäume sind grün,
Die Blumen blüh'n,
Das Mädchen fitzt und webt.
Draußen die Mädchen fingen,
Draußen die Burschen spielen,
Fröhliche Sänge klingen
Zu dem Mädchen in's Zimmer.
Die Bäume find grün,
Die Blumen blüh'n,
Das Mädchen webt und weint!
Fr. Friedrich.

Auf der Haide.
Aus der Haide in dem Sande
Blüht eine Rose;
Aus der Haide in dem Sande
Stehet ein Mädchen.
Blühen dort Beide so ganz allein,
Möcht' nicht die Rose, das Mädchen nicht sein
Alls der Haide in dem Sande.
Auf der Haide in dem Sande
Steht ein Rosenstrauch,
Auf der Haide in dem Sande
Steht ein Mädchen bleich;
Sind dort Beide so still verblüht,
Stürmend der Wind durch die Haide zieht,
Durch die Haide in dem Sande.
Fr. Friedrich.
 
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