Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

DOI Heft:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5184#0088

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
85

W. Walther abzuhelfen, das, dem Vernehmen nach, auf
Anregung des Prinzen Georg, des Kurators der Kunst-
akademie, bereits zur Ausführung angenommen worden
ist. Walther beabsichtigt eine Ausschmückung der ge-
nannten Fatzade durch einen von Ornamenten umrahm-
ten Figurencyklus in Sgraffito. Der Figurencyklus
führt die Hauptträger der sächsischen Geschichte, die Für-
sten aus dem HauseWettin, von Konrad dem Grvßen an,
bis auf Se. Majestät den König Johann und seine er-
lauchten Söhne in festlichem Aufzuge vor. Die Fürsten
sind zu zwei und drei gruppirt, alle hoch zu Roß und von
nebenher schreitenden Edeln und Pagen geleitet. Mar-
schälle, Spielleute und blumenstreuende Jungfrauen er-
öffnen den Zug, Vertreter des Nähr-, Lehr- und Wehr-
standes schließen denselben. Die Zeichnung in den Kartons,
die Walther zu dem Projekte gefertigt hat, ist groß und
schlicht, dem monumentalen Zwecke der Darstellung wie
auch der Sgraffitotechnik entsprechend. Wie der Stil der
Figuren, so war auch der Charakter des ornamentalen
Theils durch die Renaifsancearchitektur des Schlosses an-
gezeigt. Die ganze Wandverzierung ist, ihrer äußern Form
nach, als Teppich gedacht, wie solche bei feierlichen Ge-
legenheiten wohl zur Dekoration von Wandflächen dienen.
Der Grund, die Teppichfläche, auf welcher sich die, soweit
es sich um Reiter handelt, 6^/» Ellen hohen Figuren be-
wegen, ist daher auch leicht gemustert. Die Borte des
Teppichs giebt nach oben wie nach unten das Motiv zur
Umrahmung der Darstellung. Die untere Borte enthält
in bandartigen Streifen die Namen und Wappen der
dargestellten Fürsten; auf die schmälere, obere Borte setzt
die Sohle der Fenster auf, welche die Wand durchbrechen.
Zwischen den Fenstern sind Festons und Medaillons an-
geordnet. Alle dieseOrnamente werden nicht in erhabener
Arbeit hergestellt, sondern gleich den Figuren allo sArnMo.
— Jn Deutschland dürfle Dresden in einem derSchloß-
höfe einige der ältesten Sgraffiti besessen haben; freilich
wisien von ihnen nur noch die Chronisten zu erzählen.
Bekanntlich war diese Technik, in Deutschland wenigstens,
in Bergesienheit gekommen. Semper war der Erste, der
sie wieder in Anwendung brachte und zwar zunächst an
der Attika des Dresdener Hoftheaters, wo diese Technik
die Feuerprobe zu Lestehen Gelegenheit fand. Jn ganz
merkwürdiger Weise gingen die meisten der Sgraffiti um
versehrt aus dieser Probe hervor.

(Schluß folgt).

Nrkrolog.

^ August von Voit ch. Dieser am 12. Dec. 1870
in München verstorbene rühmlich bekannte Architekt war
der Sohn des ebenfalls als geschickter Baumeister seiner
Zeit viel genannten Johann Michael Voit von Wasser-
trüdingen, der im Jahre 1846 im Alter von 75 Jahren
ftarb. August v. Voit war im Jahre 1801 in Wasser-
trüdingen geboreu und studirte an der Münchener Akademie

unter der Leitung Friedrich's von Gärtner. Es lag nahe,
daß er bei Gärtner sich dem Rundbogenstyl zuwendete und
diese Vorliebe auf mehreren Reisen durch Jtalien und
Frankreich noch weiter pflegte. Von diesen Reisen zurück-
gekehrt, wohnte er längere Zeit in der bayerischen Pfalz
und führte dort eine nicht nnbedeutende Anzahl öffentlicher
Bauwerke aus, darunter mehrere Kirchen, Synagogen und
Rathhäuser in jenem Baustyle, welcher byzantinische und
romanische Formen mit einander zu verbiuden suchte.
Auch Voit's Bauten zeigen den Charakter dicses Styles;
sie sind mehr Erzeugnisse des rechnenden Verstandes als
der schöpferischen Phantasie und bei aller Zweckmäßigkeit
und Einfachheit fehlt ihnen jenes Element, von welchem
wir sagenmöchten, es sprechedieinnereNaturnothwendigkeit
des Einzelnen wie des Ganzen mit überzeugender Gewißheit
aus. Jm Jahre 1841 ward er als Professor an die Aka-
demie der bildenden Künste nach München berufen. Als
die Pfälzer dem damaligen Kronprinzen Max das in der
politischen Geschichte Deutschland's so oft genannte Ham-
bacher-Schloß zum Geschenke machten, erhielt er den ehren-
vollen Auftrag, die nach ihrem neuen fürstlichen Besitzer
genannte Maxburg im Style des späteren Mittelalters
zu restauriren. München besitzt drei größere Gebäude
uach Entwürfen von Voit, nämlich die Glasmalereianstalt,
die neue Pinakothek uud das Jndustrieausstellungsgebäude.
Was die Glasmalereianstalt betrifst, so scheint der Künstler
nicht mit Unrecht mehr die Zweckmäßigkeit als die Formen-
sckönheit in's Auge gefaßt zu haben. Seine neue Pina-
kothek, im Jahre 1846 erbaut, entspricht auch nicht den
bescheidensten Anforderungen an einen monumentalen Bau
und würde selbst, wenn sie nicht deu Prachtbau der alten
Piuakothek von Klenze zur Nachbarin hätte, immerhin das
Auge mehr verletzen als erfreuen. Was die äußere
Erschcinung dieses Gebäudes betrifft, so bietet die Ost-
seite mit ihrer Freitreppe zur ofsenen Bogenhalle noch den
befriedigendsten Anblick; dagegen glaubt der, welcher sich
vem Gebäude von Süden her nähert, wohin sich die Haupt-
fronte wsndet, vor eiuer Meßbude zu stehen, in der sich
ein Wackssigurenkabinet oder dgl. installirt hat. Die lange,
verhältnißmäßig niedrige Wandfläche ist im Erdgeschoß
nur von einer nie geöffneten Thüre und einigen kleinen
Fenstern unterbrochen und zeigt im oberen Stockwerke
weder irgend eine Lichtöffnung noch den leisesten Versuch
einer architektonischen Gliederuug, für welchen Mangel
leider Kaulbach's unglückliche Wandgemälde aus der
Geschichte der wiedererwachten deutschen Kunst nicht ent-
schädigen können. Dock, wäre es unbillig, Voit das wohl-
verdiente Lob für den Jnnenbau vorzuenthalten: die Be-
leuchtung ist entschieden günstiger als in der alten Pina-
kothek und die Anlage des Rottmann-Saales eine durchaus
originelle. Voit's bedeutendstes Werk aber, das indeß
nicht zu den monumentalen Bauten gezählt werden
kann, ist der im Jahre 1854 vorzugsweise aus Eisen und
Glas hergestellte Jndustrieausstellungs-Palast, der, obwohl
ursprünglicknurfüreinen vorübergehendenZweckbestimmt,
gründlich bewiesen hat, welche Dauerbarkeit sich mit diesem
Materiale erzielen läßt. Als der Bisckwf Jgnaz v. Senestrey
in Regensburg das große Werk des Ausbaues der Dom-
thürme daselbst unternahm, berief erVoit zur Unterstützung
des Dombaumeisters Denzinger; sein Antheil an der Aus-
führung des Projekts reduzirt sich aber auf ein Minimum.
Bon den vielen Plänen für die große Villa des Königs
Max bei Feldafing am Starnberger-See wurde von
 
Annotationen