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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 7.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5774#0089

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Zeitschriften.

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der Tünche merk würdige Wandmalereien entdeckt, welche man
kürzlich restaurirt hat. Von dem auf der Epistelseite ge-
malten Bilde ist nur der obere Teil erhalten; wir sehen hier
eine sitzende Madonna mit dem Christuskinde und beider-
seits die Gestalt von je einem Engel, während der untere
Teil durch den Einbruch eines neuerlich hergestellten Ora-
toriums seinen Untergang gefunden hat. Gegenüber auf der
Evangelienseite war ehedem das im Mittelalter übliche
Sakraments-Häuschen aufgestellt und sind jetzt noch an der
Mauer die Spuren davon zu erkennen, alles Steinwerk hat eine
spätere Zeit beseitigt. Erhalten ist aber das dazu gemalte
rückwärtige Wandbild, welches die ganze Mauernische aus-
füllt. Wir haben hier ein Schutzmantelbild, wie solche nach
dem Jahre 1400 sowohl in Italien als auch in Deutschland
häufig zur Ausführung gelangten. Die Kirche Santa Maria
Formosa in Venedig besitzt von der Hand des Bartolommeo
Vivarini da Murano, der noch 1498 arbeitete, das Gemälde
einer Madonna mit der Gemeinde unter dem Mantel; das
Städel'sche Kunst-Institut in Frankfurt am Main erwarb im
Jahre 1835 von Giorgio Andreoli, der von 1498 bis 1537
blühte, eine aus gebrannter Erde hergestellte Altarwand,
welche ehedem den Marien-Altar der Dominikaner-Kloster-
kirche zu Gubbio im Umbrischen schmückte; auch hier zeigt
der mittlere Hauptteil die stehende, von Engeln gekrönte
Madonna del popolo, wie sie unter ihrem weit ausgebreiteten
Mantel die Gläubigen allen Volkes vom Papst bis zum
Pilger schützend aufnimmt. Die gleiche Darstellung hat das
Wandgemälde in Garmisch, im oberen Spitzbogen steht die
Madonna aufrecht, zwei schwebende Engel halten den roten
Mantel in die Höhe, zur Rechten erscheinen der Papst, ein
Kardinal und Ritter, zur Linken Priester und Laien, dabei
finden wir die Unterschrift: „Ora pro nobis, mater miseri-
cordiae". Das Mittelbild ist dreiteilig mit gemalter weißer
Architektur bei blauem Hintergrunde; auf einem Throne
sitzt Gott Vater und hält in den ausgebreiteten Armen das
Kreuz mit Christus, darüber schwebt der heilige Geist in der
Gestalt einer Taube. Seitlich von dieser Mittelgruppe er-
scheint unter einem gemalten Baldachine Sanct Corbinian,
der Patron der Diöcese Freising, im bischöflichen Ornate,
den Hirtenstab in der Rechten und das Evangelienbuch in
der Linken haltend. Gegenüber ist in voller Rüstung mit
Schwert und Scepter der heilige Sigismund gemalt. Im
unteren Teile befand sich ehedem das Skulpturwerk des
Sakraments-Häuschens in der Mitte und zu den Seiten ist
jetzt noch je ein schwebender Engel in Malerei vorhanden;
davon hat der eine das Rauchfass und der andere das Weih-
wassergefäß mit dem Wedel. Die Ausführung des vor-
stehend beschriebenen Wandgemäldes dürfte im Laufe des
XV. Jahrhunderts und zwar gleich nach Errichtung des
spätgotischen Kirchen-Neubaues erfolgt sein; auch in Feld-
moching, unweit München, finden wir in der Pfarrkirche ein
Wandgemälde mit der Darstellung eines Schutzmantelbildes
nebst der liegegnung von Maria und Elisabeth bis heute er-
halten und hier nimmt Professor Dr. Berthold Riehl die Zeit
von 143Ü—1440 für die Ausführung an; in Verbindung mit
Direktor von Bezold hat er davon eine Abbildung in den
Kunst-Denkmälern von Ober-Bayern gegeben.

Aus Sahbury Die Demolirungswut und die in falsche
Bahnen gelenkte Bauunternehmungslust kennen heute keine
Schranken mehr. — Was ist ihnen das historische, was das
malerische Salzburg? Ein neuer Akt des Vandalismus be-
reitet sich vor, diesmal nicht gegen ein Bauwerk gerichtet,
sondern gegen ein weitberühmtes, von Künstlern aller Länder
verewigtes Städtebild, zugleich die einzige Ansicht unserer
Stadt, die noch'halbwegs, (sogar im Vordergrunde) ziemlich

intakt geblieben war: Die „Sladtaussiclit1' auf dem Kapuziner-
berge wird von nun an ihren Wert einbüßen, denn man beab-
sichtigt, die Allee am gegenüberliegenden Salzachufer zwischen
Mozartplatz und Künstlerhaus zu fällen, die malerischen
Mauerreste der alten Enceinte zu demoliren und auf das so
gewonnene Terrain große öffentliche Gebäude (Gewerbe-
schule, Justizpalast) und Häuser, wie es heißt sogar im ge-
schlossenen Bausysteme anzulegen! Das sich darüber auf-
türmende Höhen-Salzburg, zu Füßen Kuppeln und Türme,
wird unten von einer Reihe moderner Gebäude umsäumt
werden, die dort wie ein frischer weißer Pinselstrich quer
durch ein altes, ehrwürdiges Gemälde wirken müssen. Die
siegreichen Linzerthorgegner sind nun auch „Städtebilder-
stürmer" geworden. Das herrliche Medium, der Pflanzen-
wuchs, fällt zum Opfer einer bedauerlichen Verblendung.
Ohne sich um Einreden der Künstler und Kunstfreunde zu
kümmern, vernachlässigt man die kostbarsten Schätze: Salz-
burgs malerische Architekturbilder in ihrer köstlichen grünen
Umrahmung, die der Stadt so recht ihre Eigenart gegeben.
Ein ganzes Quartier wird nun erstehen und nur uoch auf
Bildern wird man sehen können, wie herrlich der Blick
war, als noch hohe Bäume sich im Flusse spiegelten und
schattige Plätze zur Ruhe einluden auf dem Wege von
Mozart's Standbilde zum Künstlerheim. y.

%* Zur Baugeschichte des Pantheons in Rom. Der
Jahresbericht über die Topographie der Stadt Rom, der kürz-
lich in den Mitteilungen des deutschen Archäologischen In-
stituts erschienen ist, bringt u. a. über die Bauanlage des
Pantheons neue Aufklärungen, die den vom italienischen
Ministerium unterstützten Aufnahmen des französischen Archi-
dekten Chedanne verdankt werden. Die Ergebnisse dieser
Aufnahmen beruhen hauptsächlich darin, dass erstens die
früher aufgestellte Behauptung, Konstruktion und Dekoration
des großen Kuppelraumes seien ohne innere Beziehung zu

! einander, widerlegt wird, und dass zweitens genauere Anhalts-
punkte für die Bestimmung der Bauzeit gewonnen sind, in-
dem jetzt durch in größerem Umfange geführte Unter-

I suchungen von an ihrem ursprünglichen Orte befindilchen
Ziegeln, deren Stempel in die Zeit des Hadrian weisen, fest-
gestellt ist, dass die Pantheonsrotunde und ebenso die an-
stoßenden großen Baulichkeiten in der Nordhälfte der Agrippa-
thermen aus dem Anfang des zweiten Jahrhunderts nach
Christo stammen. Von dem ursprünglichen nach der noch
vorhandenen Inschrift im Jahre 27 v. Chr. aufgeführten Bau
des Agrippa ist die Vorhalle erhalten, die aber, wie durch
Ausgrabungen jetzt ermittelt ist, nach rechts und links breiter
war, als in ihrem gegenwärtigen Zustand und als zehnsäuliger
Pronaos angelegt war. Der Boden der Vorhalle und des
Innenraums ist in Hadrianischer Zeit erhöht worden, er lag
ursprünglich um etwas über 2 m tiefer.

ZEITSCHRIFTEN.
Christliches Kunstblatt. 1895. Nr. 11.

Was hat, Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle dargestellt?
Von Karl Brun (Schluss) — Alten und NTeues vom Dom zu
Schleswig. Mit 2 Abbildungen. Von Doris Schnittger. (Fort-
setzung.) — Dürers schriftlicher Naehlass

Die graphischen Künste 1895. Heft 4/5.

Geschichte der Gesellschaft für die vervielfältigende Kunst 1871
bis 1895. Von Carl v. Lützow. — Ein Gruß aus der Ferne. Von
Hans Grasberger.

Zeitschrift für Christliche Kunst. 1895. Heft 9.

Die Verkündigung des Erzengels Gabriel. Tafelgemälde um 1480

— Altertümer aus Kirche und Kloster des hl. Kreuzes zu Rostock.

— Ein neuer Leuchter für die Osterkerze.
 
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