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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 7.1896

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Engelmann, R.: Griechische bemalte Vasen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5774#0117

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den (indem man die Einzelheiten durch Auskratzen
der schwarzen Farbe, gelegentlich auch durch Auf-
tragen anderer Farbe herstellte), zu der rotfigurigen
Malerei, bei welcher der Grund schwarz gefärbt
wurde, so dass die Figuren sich mit der Farbe des
Thons aus dem dunklen Grunde heraushoben, ist
übrigens ein ganz allmählicher, gleichsam sich von
selbst bildender gewesen; wohl mit Recht nimmt
auch Miss Harrison an, dass diese Umänderung sich
bei der Schale vollzogen hat; indem nämlich die
innere Fläche bis auf das ausgesparte Mittelbild mit
Schwarz überzogen wurde, bedurfte es oft nur
weniger Striche, um dadurch in der Mitte das Bild
eines Gorzomion oder einer ähnlichen Figur auf
rotem Grunde hervorzurufen. Die einmal erfundene
rotfigurige Technik ist dann längere Zeit mit der
schwarzfigurigen Hand in Hand gegangen, so dass
die eine Seite eines Gefäßes in der einen, die andere
in der anderen Technik gemalt erscheint. Unter
den Künstlern, die auf den schwarzfigurigen Vasen
und den rotfigurigen strengen Stils ihre Namen ver-
zeichnet haben, sind besonders Exekios, ferner Eu-
phronios, Duris, Peithinos, Hieron und Brygos zu
nennen.

Ein besonderes Kapitel wird den sogenannten
„Lieblingsnamen" gewidmet. Gerade auf den Vasen
der eben genannten Künstler findet man vielfach
Namen von Jünglingen, die meist dem athenischen
Adel angehören, mit dem Zusatz xaXog, „schön ist
der und der". Uber die Bedeutung dieser Inschrif-
ten ist man lange Zeit sehr in Zweifel gewesen;
erst nachdem neuerdings eine andere Zeitbestimmung
der Vasen als richtig angenommen worden ist, hat
man allgemein anerkannt, dass die Inschriften sich
meist auf Persönlichkeiten beziehen, die in dem
athenischen Staatsleben eine gewisse Rolle gespielt
haben; ich finde den Vergleich, den Miss Harrison
mit Gladstone bag oder Langtry soap beibringt,
ganz glücklich; der von einem Töpfer besonders ge-
feierte vornehme Jüngling bezog wohl alles, was er
an Topf waren brauchte, von dem Töpfer, der ihn
so feierte, und wusste auch alle seine Bekannten
zur Befriedigung ihrer Kauflust zu seinem Töpfer
zu bringen. Dass, sobald eine Beziehung der
„Lieblingsnamen" auf historische Persönlichkeiten
als möglich angenommen wird, diese Namen zu-
gleich für die zeitliche Bestimmung der Vasen von
ausschlaggebender Bedeutung sind, liegt auf der
Hand.

Aber neben den vom Töpfer mit ihrer Namens-
unterschrift bezeichneten Vasen giebt es eine Masse

von solchen, die ohne den Namen des Töpfers und
Malers ans Licht kommen; in vielen Fällen wird es
durch die Prüfung der Zeichnung trotzdem möglich
sein, sie einem bestimmten, uns aus anderen Gefäßen
bekannten Meister zuzuschreiben oder wenigstens
den Kreis zu bestimmen, dem sie angehören. Aber
ohne die sorgfältigste Beobachtung des Stiles geht
das natürlich nicht an, man muss das Gefühl für
feine Stilunterschiede tüchtig ausgebildet haben, wenn
man bei diesen Bestimmungen das Richtige tref-
fen soll.

Eine ganz besondere Klasse für sich bilden die
weißen, für die Bestattung üblichen Lekythoi, Öl-
flaschen. Man hatte von dem weißen Grunde, von
dem sich die Farben ganz anders abhoben, frühzeitig
auch bei anderen Vasen Gebrauch gemacht, man war
aber wegen der geringen Haltbarkeit einer derar-
tigen Malerei bei allen Gefäßen, die dem täglichen
Gebrauch dienten, frühzeitig davon abgekommen;
um so mehr konnte man diese Art der Malerei bei
den für den Totenkultus bestimmten Gefäßen fest-
halten. Dies waren die Lekythoi, flaschenähnliche
Gefäße mit dünnem Bauch und ganz enger Mündung,
so dass sie das kostbare Öl, mit dem sie gefüllt
waren, nur tropfenweise von sich zu geben ver-
mochten. Diese Gefäße wurden, mit Öl gefüllt, zur
Bahre des Gestorbenen gestellt, ihm mit ins Grab
gegeben und nach Errichtung eines Grabmals auch
auf den Stufen der Stele aufgestellt. Je köstlicher
das Ol war, mit dem die Krüge gefüllt zu werden
pflegten (meist Myrrhenöl), um so kostspieliger war
die Gabe. Man hat deshalb auch frühzeitig ver-
sucht, durch eine Täuschung die scheinbare Pracht
mit geringen Kosten herzustellen, d. h. man hat die
Lekythen so gestaltet, dass von der Öffnung nur ein
dünne Röhre sich nach unten zieht, die natürlich
nicht viel Öl in sich aufnehmen konnte. So war
es möglich, ohne große Kosten eine beträchtliche
Zahl von Gefäßen scheinbar mit dem kostbaren Öl
zu füllen.

Auch die Erklärung der Vasen findet sich in
dem Buch der Miss Harrison berücksichtigt. Be-
sonders interessant ist der geschichtliche Rückblick
auf die früher üblichen Erklärungsweisen, von denen
Spuren teilweise bis heute geblieben sind. Da näm-
lich die Vasen zuerst vor allem aus den Begräbnis-
stätten Etruriens bekannt wurden, glaubte man für
die Vasen etruskischen Ursprung annehmen zu müssen
und suchte natürlich dementsprechend in etruskischer
resp. römischer Mythologie und Geschichte die Er-
klärung der Vasen aufzufinden. Diese Gewohnheit,
 
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