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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 7.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5774#0225

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437

Vom Kunstmarkt. — Zeitschriften.

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tumsforscher Evans, der zuerst in jenen Bildern und Zeichen
eine Schrift erkannte. Im Junihefte 1895 des Londoner
„Athenäums" brachte er zunächst die Mitteilung, dass er
eine Schrift der sogenannten mykenischen Kulturwelt ent-
deckt habe, und im „Journal of Hellenic Studies" veröffent-
lichte er dann einige Zeit darauf das Material und führte
treffend den Nachweis, dass thatsächlich in jenen Bildern
eine Schrift vorliege, die aus 82 Zeichen bestehe, mit der
ägyptischen, phönizischen und kyprischen wohl verwandt,
aber mit keiner derselben identisch sei. Alle Entzifferungs-
versuche, die Evans mit Hilfe der kyprischen Silbenschrift
machte, führten jedoch zu keinem Ergebnisse, so dass er
zur Annahme einer fremden, unbekannten Sprache seine
Zuflucht nahm. Da setzte nun Kluge ein. Dieser ging von
der Annahme aus, dass nach Lage der Verhältnisse die
größte Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass jene Bilder-
schrift nur die Schrift des griechischen Volkes sein könne,
die Sprache also griechisch sein müsse. Und diese Voraus-
setzung erwies sich denn auch als richtig. Kluge ist es
kürzlich gelungen, die Zeichenschrift zu entziffern und mit
unumstößlicher Gewissheit nachzuweisen, dass die Sprache
jener Fundstücke wirklich die griechische ist, dass dieses
Volk also bereits in der Zeit von rund 2500 bis 1000 v. Chr.
eine Schrift besessen hat. In den verschiedenen Zeichen
ist ein vollständiges Alphabet nachweisbar, für einige Laute
finden sich bisweilen mehrere Zeichen, zum Teil ist es auch
eine Silbenschrift. Die einzelnen Buchstaben werden viel-
fach nur durch die Körperteile, Kleidungsstücke, Waffen etc.
der dargestellten Figuren gegeben. Die mit Hilfe dieses
neuentdeckten Alphabetes bis jetzt gelesenen Inschriften auf
den ausgegrabenen Funden enthalten zum Teil Weihungen
mit besonderen Anliegen an die Gottheit, zum Teil sind es
Zauberflüche und Amuletformeln, zum kleinsten Teile viel-
leicht Siegel. Nähere Untersuchung ergab, dass diese Schrift
sich auch anderweitig vielfach findet; so sind die sogenannten
Inselsteine teils Anmiete, teils enthalten sie Zauberflüche.
Besonders interessante Aufschlüsse erhalten wir durch diese
Schrift über die Funde von Mykene.

Rom. — Das Mitglied unseres archäologischen Instituts
Dr. E. Hülsen hat eine litterarische Entdeckung gemacht,
welche vielleicht zu wichtigen Ergebnissen führen kann.
Alle Schriftsteller des Altertums bezeugen, dass Hannibal
gestorben und begraben ist in Libysse in Kleinasien, wo heute
das türkische Dorf Gebseh steht; aber irgend eine weitere Spur
des Grabmals ist nie entdeckt worden. Nun hat Dr. Hülsen in
einem bisher unbekannten Fragment des „ßtßXoq iatoptwv"
des byzantinischen Schriftstellers Johannes Tzetzes (12. Jahrh.
n. Chr.) die Notiz entdeckt, dass Kaiser Septimius Severus
auf dem Grabhügel Hannibals in Libysse ein Monument mit
der Inschrift: „Hic jacet Hannibal" hat errichten lassen.
Damit ist der bisher vorhandene Zweifel, ob Libysse wirk-
lich die sterblichen Überreste des großen Kathagers aufge-
nommen hat, beseitigt, und eine archäologische Untersuchung
der Ruinen von Gebseh scheint nicht ganz aussichtslos; sie
wird in der That in deutschen archäologischen Kreisen be-
absichtigt.— Einem Bericht des englischen Gesandten in Cairo,
Lord Cromer, über die archäologische Situation in Ägypten,
ist zu entnehmen, dass der Erhaltung der Ruinen von
Karnak dauernd Aufmerksamkeit zugewandt wird. Die be-
treffenden Arbeiten finden unter Leitung des Generaldirektors
der Altertümer Morgan Btatt. Sie richten sich zunächst auf
den großen Säulenvorhof im Tempel des Chensu, weil die
Basen der Säulen besonders der Verwitterung ausgesetzt sind.
Die von der ägyptischen Forschungsgesellschaft zur Auf-
stellung einer Pumpmaschine zur Entwässerung des Bodens

der Ruinen bewilligte Summe ist aufgebraucht; Direktor
Morgan stellt den Antrag auf Bewilligung der Summe von
1000 ägyptische Pfd. (1 Pfd. = 20.751 M.) zur Fortführung
aller Erhaltungsarbeiten im nächsten Winter. Die Ange-
legenheit der Errichtung eines Museums der arabischen Kunst
und einer Bibliothek der arabischen Litteratur befindet sich
noch immer iin Stadium der Vorbereitung. Ein dafür aus-
gearbeiteter Plan fand 1894 allerdings die Zustimmung der
Kommissare der Staatsschulden-Verwaltung und wurde zur
Ausführung ausgeschrieben, aber alle Bewerber überschritten
die zu Grunde gelegte Summe von 38 000 ägyptische Pfd.
Es ist deshalb ein neuer in engeren Grenzen gehaltener Plan
ausgearbeitet und wird demnächst ausgeschrieben werden.
Die Platzfrage für das Museum und die Bibliothek ist ge-
regelt, sie werden im Abidin-Square gegenüber dem Haupt-
eingang des Palastes des Khedive errichtet werden. Seinem
Bericht über den Zustand der sarazenischen und älteren
arabischen Monumente und über die einzuschlagenden Wege
zu ihrer Erhaltung fügt Lord Cromer einen Sonderbericht
Stanley's bei, den dieser bei Gelegenheit eines Besuches von
Ägypten im vorigen Jahre entworfen hat. Stanley er-
kennt mit Wärme an, was in den letzten zwölf Jahren in
dieser Beziehung und namentlich durch den Architekten
Herr, Mitglied des Komitees zur Erhaltung der arabischen
Bauten, geschehen ist. Auch auf diesem Gebiet spielt die
Geldfrage eine leidige Rolle. Lord Cromer hat den Kom-
missaren der Staatsschuldenverwaltung den Antrag unter-
breitet, für die bewährten Arbeiten der Rechnungsjahre 1890
und 1897 die Summe von 20 000 Frks. auszuwerfen. G.

VOM KUNSTMARKT.

Kubier Kumtauktionen. Bei J. M. Heberle (H. Lempertz'
Söhne) in Köln werden vom 8. bis 13. Juni d. J. versteigert:
die hervorragende Kunstsammlung des f Oberhofmeisters
Majors Frh. von Donop zu Weimar, sowie die Lagerbestände
der eingegangenen Kunsthandlung W. J. Mercken in Aachen;
vom 15. bis 17. Juni die Gemäldesammlung von Herrn Dr.
Casimir Wurster in Straßburg i/Els.; ferner vom 18. bis
23. Juni die Bibliotheken der Herren v. Bavegem in Ter-
monde, sowie des Verlagsbuchhänders H. Haendcke in Rade-
beul-Dresden, besonders über Kunstgeschichte. Kataloge zu
allen Versteigerungen sind von obiger Firma erhältlich.

Berliner Kunstauktion. R. Lepke versteigert am 9. Juni
die Galerie Heekseher, eine Sammlung moderner Gemälde
und Aquarelle. Der Katalog führt 106 Nummern auf,
darunter B. Vautier, J. Brandt, Calame, Gauermann, F. A.
Kaulbach, Makart, Max, Pettenkofen, Rottmann, A. Schleyer,
A. Seitz, Waldmüller, E. Verboekhoven, deren Bilder z. T.
auch in Autotypie wiedergegeben sind. — Dasselbe Kunst-
Auktionshaus bringt am Mittwoch, den 10. Juni 1890 eine
Sammlung von wertvollen Ölgemälden bedeutender alter
Meister aus einer bekannten Wiener Sammlung nebst einem
Anhange aus anderem Besitz zur Auktion. Die Objekte
können am 7. und 8. Juni von 10—2 Uhr besichtigt werden.

Leipzig. Die umfangreiche Bibliothek des kürzlich ver-
storbenenen Geh. Rates J. Overbeck, welche besonders reich-
haltig auf dem Gebiete der Kunstarchäologie in allen
Sprachen ist, ist von Karl W. Hierseinann erworben worden
und kommt demnächst zum Verkauf.

ZEITSCHRIFTEN.
Die Kunst für Alle. 1895/9C. Heft 17.

Franz Simm. — Frünjahrs-Ausstellungen in New York. Von
P. Hann. —Die Keinerausstellung des Küustlervereins „Paranoia".
Von Hermann Tarbutt,. — Ausstellungen und Sammlungen
 
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