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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0066

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III

Forschungen

112

Ausgrabungen begründet wurde, W. M. Flinders Petrie
die Mittel zur Verfügung gestellt, besonders für die epoche-
machenden Qrabungen in Illar Kun und in der Stadt des
Mittleren Reiches (um 1900 v. Chr.), die Petrie Kahun ge-
nannt hat. Von allen diesen Grabungen hatte Kennard
etwas für seine Sammlungen erhalten. Was das Berliner
Museum aus dieser nun aufgelösten Sammlung erwarb,
wird vorläufig als Leihgabe von Dr. James Simon auf-
bewahrt. Wie Direktor Dr. Schäfer in den Amtlichen Be-
richten mitteilt, sind darunter eine ganze Anzahl von Stücken,
die in den Veröffentlichungen ägyptischer Grabungen er-
wähnt sind, also feste Punkte in der ägyptischen Archäo-
logie bilden. Dr. Möller bespricht ein besonders merk-
würdiges Stück, das Musterbrett eines Amulettfabrikanten.
Das neuerworbene Brett zeigt die Amulette zum Teil in
flachem Relief eingeschnitten und mit Blattgold belegt,
zum Teil aus Halbedelsteinen gefertigt. Es scheint die
Mustertafel zu sein, die ein Bestattungsunternehmer und
Amulettfabrikant für seine Kunden bereit hielt. Von der
Fülle der anderen bemerkenswerten Stücke aus der Ken-
nard-Sammlung seien hervorgehoben: die Fayencefigur
eines Hasen, zwei Rohtflöten aus dem Grabe der Maket
in Kahun mit ihrem antiken Behälter aus einem Durra-
stengel, Spitzen von bronzenen Prozessionsspeeren mit
Falkenköpfen und Krokodilen, ein hölzernes Kapitell von
kunstgeschichtlich wichtiger Form, die an die sogenannte
»Lilie« erinnert, eine gegossene Kupferfigur aus dem mitt-
leren Reiche, die Bronzefigur einer Frau, vielleicht der
Griff eines Gerätes — sie stammt aus einem Grabe der
Zeit ungefähr der 23. Dynastie, das an der Stelle des
Tempels Amenophis II. angelegt ist — und endlich eine
Reihe von Gegenständen von den Ausgrabungen in Meroe.
Eine besonders merkwürdige Neuerwerbung der ägyptischen
Abteilung ist eine Ordenskette, die von Dr. Moeller be-
sprochen wird. Sie besteht aus lauter goldenen Fliegen
von fast doppelter Lebensgröße, mit Perlen aus Gold und
Fayence aufgezogen. Goldfiguren von Fliegen wurden
neben Löwenfigürchen unter der 18. Dynastie, etwa 1500
bis 1400 v. Chr. als königliche Auszeichnung für Tapfer-
keit verliehen. Auch anderer Qoldschmuck aus Ägypten
konnte für das Berliner Museum erworben werden. So
die Zierplatte eines Fingerrings mit Blütenblättern aus
farbigem Glas und ein paar Ohrringe, eine griechische
Arbeit, runde Goldstäbe, die durch Auflöten feiner Draht-
spiralen verziert sind und deren Enden der Goldschmied
erst am Rohr der Käuferin verknüpfte, so daß der Schmuck
ohne Gewalt nicht mehr abzunehmen war.

Der islamischen Abteilung der Berliner Museen
hat Frau Dr. Mertens ein großes zweiseitiges maurisches
Doppelfenster aus Holz (Ajimes) geschenkt. Das Werk,
das aus Murcia stammen soll, entspricht, wie Dr. Kühnel
in den Amtlichen Berichten mitteilt, dem Stil von Granada
aus dem 14. Jahrhundert. Die Formen finden sich ganz
ähnlich in den Arkaden des berühmten Löwenhofes der
Alhambra, der vom Sultan Mohammed V. erbaut wurde.
In den medaillonartigen Feldern findet sich immer dieselbe
ornamentale Füllung, die Überbleibsel des Wortes für
»Segen« vermuten läßt. Die Holzschnitzerei ist in der Art
der Stuckarbeiten ausgeführt, mit vielen Durchbrechungen,
die dem Ganzen den Eindruck großer Leichtigkeit geben.
Als Entstehungszeit ist das spätere 15. Jahrhundert anzu-
sehen. Mit der ersten Blütezeit der mohammedanischen
Kultur des Abendlandes, der Zeit der Omaijaden von Cor-
doba, sind zwei spanisch-maurische Kapitelle in Verbindung
zu bringen, die jetzt in der islamischen Kunstabteilung
Aufstellung gefunden haben und die noch dem Ende des

Inhalt:

10. Jahrhunderts angehören können. Von den Fragmenten
spanischer Lüsterfayencen, die in den Trümmerstätten von
Altkairo gefunden wurden, besitzt die islamische Abteilung
jetzt bereits eine kleine Sammlung. Sie sind bis auf eine
Scherbe, die der Manufaktur von Malaga entstammt, sämtlich
aus den Werkstätten in und um Valencia hervorgegangen
und bilden ein wichtiges Zeugnis für die weite Verbreitung
dieser Luxuskeramik.

Das Museum in Chemnitz hat Böcklins »Malerei und
Dichtung« als Geschenk vom Geheimrat Vogel erhalten,
dem diese Sammlung schon so manche wertvolle Förderung
verdankt.

FORSCHUNGEN

Ein Jugendwerk Donatellos publiziert Wilhelm Bode
im 4. Heft des Jahrbuchs der Kgl. preußischen Kunst-
sammlungen. Es handelt sich um eine Madonnenstatuette
im Kaiser-Friedrich-Museum, die Bode früher selbst in der
Gruppe jener florentinischen Madonnenbilder vom Anfang
des Quattrocento untergebracht hat, die mit dem soge-
nannten Meister der Pellegrini-Kapelle im Zusammenhang
stehen muß. Ein Vergleich mit den frühesten Werken
Donatellos, wie den Prophetenfiguren an der Porta della
Mandorla und dem Marmordavid, läßt ihn das Werk jetzt
dem jungen Donatello zuschreiben.

Über ein authentisches Gemälde von Gosewyn
(Goossen) van der Weyden berichtet Georges Hulin im
Oktoberheft des Burlington Magazine. Die Biographie
dieses Enkelsohnes von Rogier van der Weyden war seit
langem bekannt, jedoch ist es niemals mit Sicherheit ge-
lungen, seinen Namen mit einem beglaubigten Werke in
Verbindung zu bringen, und so spukte dieser Künstler in
oft romanhafter Gewandung in den verschiedensten Dar-
stellungen der altniederländischen Kunstgeschichte. Hulin
weist nun auf den Zyklus von acht Bildern aus dem Leben
der heiligen Dymphna hin, der vor kurzem aus der Abtei
Tongerloo bei Brüssel in den Besitz der Kunsthandlung
Frederik Muller in Amsterdam gelangte, und zurzeit dort
ausgestellt ist. Nach glaubwürdigen alten Nachrichten ist
dieses figurenreiche Altarwerk um 1505 vollendet worden.
Schon Leon de Burbure hatte den Versuch gemacht, die
Herkunft von Gosewyn van der Weyden nachzuweisen;
solange jedoch ein authentisches Werk fehlte, konnte diese
Annahme nur als Hypothese gelten. Hulin ist es jetzt
gelungen, in einem den Forschern wohlbekannten Gemälde
des Kaiser-Friedrich-Museums in Berlin (Nr. 526, nieder-
ländischer Meister um 1480, Maria mit dem Kinde und
Stiftern) das »missing link« zu finden. Er weist mit guten
Oründen nach, daß auf dieser Darstellung die Gründung
von Calmpthout geschildert ist, und eben diesen Vorgang
hat nach alten Quellen Gosewyn zwischen 1511 und 1515
gemalt. Auf Grund der stilistischen Verwandtschaft glaubt
Hulin — es ist nicht ganz leicht, ihm hier zu folgen —
nicht nur den ganzen Dymphna-Zyklus, sondern auch das
große Katharinen-Triplychon der Sammlung Cook in Rich-
mond, das 1902 in Brügge viel beachtet wurde, dem
Künstler zusprechen zu dürfen. Da Gosewyn, der wahr-
scheinlich in Brüssel 1465 geboren war, in den letzten
Jahren des Jahrhunderts nach Antwerpen übersiedelte, wäre
der Dymphna-Zyklus von 1505, falls Hulins Annahme zu
Recht besteht, eines der frühesten Hauptwerke der in ihren
Anfängen noch so wenig bekannten Antwerpner Maler-
schule und daher von der größten kunstgeschichtlichen
Bedeutung. —n.

Kölner Kunstbrief. — Der Knabenkopf der Sammlung Weber. Von A. Bredius. — Niederländ. u. deutsche Werke d. 15. u. 16. |ahrh. auf der
Ausstellung in Oranada. Von F. Winkler. — E. W. Moes t- — Burgbau in Altena. — Wettbewerb: Eugen Richter-Denkmal. — Funde im
Tempio Malatestiano zu Rimini. — Ausstellungen in Berlin, Essen, Düsseldorf, Amerika, Paris. — Wallraf-Richartz-Museum; Züricher
Galerie; Ägypt. u. islam. Abteilung der Berliner Museen; Museum in Chemnitz. — Jugendwerk Donatellos; Oemalde von G.v.d.Weyden.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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