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Funde — Ausstellungen
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archäologischen Arbeiten gänzlich ungewöhnliche. Galt es
doch, tropische Vegetation, die für den Acre Land oft
Tausende von Tonnen betrug, und Bäume, die bis 50 m
in die Höhe ragten und 8 m im Umfang hatten, wegzu-
schaffen. Die enormen Baumstümpfe und Wurzeln, welche
sich über die Schutthügel verbreiteten und in sie hinein-
gewachsen waren, trugen auch nicht wenig zu den Schwierig-
keiten der Ausgrabungen bei. Ebensoviel Mühe mußte
auf die Restaurierungen verwandt werden.
Eine Anzahl konischer, flacher und viereckiger kleiner
Schutthügel wurde zuerst untersucht, deren Inneres alle
Unterbauten zur Errichtung von (wie noch heute in den
Motaguatälern üblichen) Eingeborenenhäusern dienten.
Noch heute werden Bambushäuser auf ähnlichen Platt-
formen wie die entdeckten errichtet. Auch ein alter Stein-
bruch wurde gefunden, von wo wahrscheinlich das für den
Bau von Häusern und Denkmälern zu Quirigua nötige
Steinmaterial geholt wurde. Von dort führte ein ab-
schüssiger Fahrweg nach dem Quiriguafluß. In den Ruinen
und ihrer Nachbarschaft wurden auch eine Anzahl Kanäle
gesichtet, die zweifellos ebenfalls zum Transport der Steine
gedient haben.
Im übrigen verwandte man die Hauptarbeit auf den
Tempelbezirk, der die hauptsächlichsten Schutthügel, Denk-
mäler und Plätze der alten Stadt umfaßte. Dieses Jahr
wurden die Gebäude auf der Südseite des Tempelhofes
in Angriff genommen, und dabei zwei von den Ausgräbern
als Struktur Nr. 1 und Struktur Nr. 2 bezeichnete Bauten
bloßgelegt. Struktur Nr. 1 stand auf einer terrassierten
Plattform. Die Mauern reichten noch bis zu einer Höhe
von über 2 m, und zwar waren ungefähr zwei Drittel der
noch stehenden Mauer glattes Mauerwerk, während eine
obere Zone reich dekoriert war. Zwischen den beiden
Zonen befanden sich eine hieroglyphische Inschrift, die
um das ganze Gebäude herum lief. Eine ähnliche Ver-
wendung der Hieroglyphenschrift hatte man bis jetzt in
der Maja-Architektur noch nicht gefunden. Der Tempel
hatte wahrscheinlich ein flaches Dach; im Innern fanden
sich verschiedene Räume, die, abgesehen von hochreliefierten
Köpfen, die japanischen und chinesischen Typen gleichen,
keine Dekoration trugen. Solche Köpfe mit grotesken
Zügen waren in Zwischenräumen angebracht. Der Boden
der Zellen und übrigen Räume lag ungefähr zwei Fuß
über dem Boden der Eintrittshalle; auch auf den Schwellen
der Eingänge fanden sich noch hieroglyphische Inschriften
in vorzüglicher Erhaltung. Sie sind Beispiele ganz her-
vorragender Glyptik. Das Datum, das auf diesen In-
schriften genannt ist, konnte entziffert werden (nicht aber
in christliche Zeitrechnung übertragen), und es sind dabei
Anhaltspunkte für die Maja-Chronologie gefunden worden.
Das wichtigste Faktum, das die Inschriften erkennen
lassen, ist das, daß der Zwischenraum zwischen der älteren,
südlichen Maja-Zivilisation und der späteren nördlichen
immer mehr zusammenschwindet und daß sie langsam
ineinander überzugehen scheinen. Einzelfunde werfen auch
Licht auf die materielle Kultur des Landes. Die kerami-
schen Überreste sind gering, doch ließ sich wenigstens
eine polychrome Vase wieder zusammensetzen. Eine
größere Anzahl von Steinwerkzeugen und Waffen wurden
gefunden. Bei den Restaurierungsarbeiten wurde der ganze
Hieroglyphenfries wieder in loco gebracht. Die Erhaltung
der Ruinen von Quirigua ist für die Zukunft gesichert, da
ein Mäcen es übernommen hat, die interessante Stätte zu
erhalten und durch einen Wächter schützen zu lassen.
Ungefähr 20 vortreffliche Photographien der Bauten und
des Hieroglyphenfrieses begleiten den wichtigen Aufsatz
von Edgar L. Hewett im »Bulletin of the Archaeological
Institute of America«. m.
FUNDE
Ein Selbstbildnis des Frankfurter Malers J. O.
Prestel hat der Rostocker Sammler Martin Bauer kürzlich
unter seinen Gemälden entdeckt. Er kam darauf durch
die Beschreibung Lavaters in seinen physiognomischen
Studien. Das Bild ist in den Besitz der Stadt Frankfurt
am Main übergegangen.
AUSSTELLUNGEN
X Berliner Ausstellungen. Im Salon Gurlitt treten
zwei junge Berliner Künstler, die schon wiederholt die
Aufmerksamkeit auf sich lenkten, mit beachtenswerten
Kollektionen auf: Alfred Helbergerund Franz Hecken-
dorf. Helbergers Landschaften sind ein Beispiel dafür, wie
es einem begabten jungen Maler, der die akademische Schul-
zucht durchgemacht hat und zunächst brav in ihrem Sinne
arbeitete, plötzlich wie Schuppen von den Augen fällt.
Die freie Luft des Nordens hat ihn erlöst. In der Klarheit
und Helligkeit skandinavischer Einsamkeiten hat seine
Farbe alles Zähe, Ölige verloren und eine freie Leichtigkeit
angenommen, die sich der Wahrheit des Vorbildes eng
anpaßt, aber zugleich die Natur sofort in einen höheren
Stil überträgt. Man merkt dabei, wie von allen Seiten her
künstlerische Eindrücke mitgewirkt haben, wie etwa Hodler
und seine Schweizer, wie die deutschen und französischen
Expressionisten, wie Münch ihn beeinflußten. Doch es
ist keine Nachahmung in seinen Bildern, die jene nordischen,
aber auch deutsche Landschaften aus freier Anschauung
in eine ausdrucksvolle Sprache klarer, heller Flächen und
farbiger Konturen steigern. Namentlich das Weiß be-
schneiter Felder und Höhenzüge unter kaltem Winterhimmel
gelingt ihm. Es lebt in seinen Sachen eine groß erfaßte
Stimmung und zugleich eine ungewöhnliche Kraft des De-
korativen. Franz Heckendorf, dessen Name erst jüngst
bei der juryfreien Ausstellung genannt wurde, erweist aufs
neue sein außerordentliches Talent für ein energisches
Zusammenfassen belebter Ausschnitte aus der Gegend um
Berlin, für den charakteristischen Ton der eigentümlichen
Mischung aus Landschaft und Stadtnähe, die hier herrscht.
Es ist auf dieser »Rennbahn« oder diesem »Restaurant
am See«, als wenn bereits das Mathematische, Konstruk-
tive der großstädtischen Straße in die märkische Ebene
hineinwachse, um sie seltsam zu verändern. Hier wie dort
taucht ein Gewimmel von menschlichen Figuren auf, aber
ganz anders, als der Impressionismus solche Themata be-
handelte. Denn wie seine Altersgenossen, sucht auch
Heckendorf nicht das Bewegte, Vibrierende, sondern die
feste Form, die sich auch aus solchen Motiven ergeben kann.
Es ist hier besonders deutlich, worin der Unterschied
zwischen den Bestrebungen der neuen Jugend und den
älteren Modernen beruht. Die exzentrischen Bilder des
Schweizers Hermann Huber zeigen dagegen den unange-
nehmeren Zugmancher jungen Künstlerzu einerabsichthchen
und ergrübelten Naivetät. Statt des Assyrischen und Ägyp-
tischen, womit sonst gern primitive Kompositionen solcher Art
bestritten werden, hält Huber es zur Abwechselung einmal
mit dem Altchristlichen, aber von der ergreifenden Unschuld
der Katakombenbilder trennt ihn das bewußte Raffinement,
mit dem er seine symbolistischen Figuren arrangiert. Wenn
Huber der Natur allein, ohne diese vieldeutigen Gestalten
nachgeht, wirkt er ehrlicher. Ein paar Waldbilder lassen er-
kennen, daß auch er an dem Streben der aufrückenden
Generation zur dekorativen Synthese Anteil nimmt.
In den Räumen für graphische Ausstellungen, die Gurlitt
seinem Salon angegliedert hat, sieht man zurzeit eine große
Sammlung von Radierungen Willi Geigers, vor allem
sehr interessante Studien aus der Arena in Madrid und
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archäologischen Arbeiten gänzlich ungewöhnliche. Galt es
doch, tropische Vegetation, die für den Acre Land oft
Tausende von Tonnen betrug, und Bäume, die bis 50 m
in die Höhe ragten und 8 m im Umfang hatten, wegzu-
schaffen. Die enormen Baumstümpfe und Wurzeln, welche
sich über die Schutthügel verbreiteten und in sie hinein-
gewachsen waren, trugen auch nicht wenig zu den Schwierig-
keiten der Ausgrabungen bei. Ebensoviel Mühe mußte
auf die Restaurierungen verwandt werden.
Eine Anzahl konischer, flacher und viereckiger kleiner
Schutthügel wurde zuerst untersucht, deren Inneres alle
Unterbauten zur Errichtung von (wie noch heute in den
Motaguatälern üblichen) Eingeborenenhäusern dienten.
Noch heute werden Bambushäuser auf ähnlichen Platt-
formen wie die entdeckten errichtet. Auch ein alter Stein-
bruch wurde gefunden, von wo wahrscheinlich das für den
Bau von Häusern und Denkmälern zu Quirigua nötige
Steinmaterial geholt wurde. Von dort führte ein ab-
schüssiger Fahrweg nach dem Quiriguafluß. In den Ruinen
und ihrer Nachbarschaft wurden auch eine Anzahl Kanäle
gesichtet, die zweifellos ebenfalls zum Transport der Steine
gedient haben.
Im übrigen verwandte man die Hauptarbeit auf den
Tempelbezirk, der die hauptsächlichsten Schutthügel, Denk-
mäler und Plätze der alten Stadt umfaßte. Dieses Jahr
wurden die Gebäude auf der Südseite des Tempelhofes
in Angriff genommen, und dabei zwei von den Ausgräbern
als Struktur Nr. 1 und Struktur Nr. 2 bezeichnete Bauten
bloßgelegt. Struktur Nr. 1 stand auf einer terrassierten
Plattform. Die Mauern reichten noch bis zu einer Höhe
von über 2 m, und zwar waren ungefähr zwei Drittel der
noch stehenden Mauer glattes Mauerwerk, während eine
obere Zone reich dekoriert war. Zwischen den beiden
Zonen befanden sich eine hieroglyphische Inschrift, die
um das ganze Gebäude herum lief. Eine ähnliche Ver-
wendung der Hieroglyphenschrift hatte man bis jetzt in
der Maja-Architektur noch nicht gefunden. Der Tempel
hatte wahrscheinlich ein flaches Dach; im Innern fanden
sich verschiedene Räume, die, abgesehen von hochreliefierten
Köpfen, die japanischen und chinesischen Typen gleichen,
keine Dekoration trugen. Solche Köpfe mit grotesken
Zügen waren in Zwischenräumen angebracht. Der Boden
der Zellen und übrigen Räume lag ungefähr zwei Fuß
über dem Boden der Eintrittshalle; auch auf den Schwellen
der Eingänge fanden sich noch hieroglyphische Inschriften
in vorzüglicher Erhaltung. Sie sind Beispiele ganz her-
vorragender Glyptik. Das Datum, das auf diesen In-
schriften genannt ist, konnte entziffert werden (nicht aber
in christliche Zeitrechnung übertragen), und es sind dabei
Anhaltspunkte für die Maja-Chronologie gefunden worden.
Das wichtigste Faktum, das die Inschriften erkennen
lassen, ist das, daß der Zwischenraum zwischen der älteren,
südlichen Maja-Zivilisation und der späteren nördlichen
immer mehr zusammenschwindet und daß sie langsam
ineinander überzugehen scheinen. Einzelfunde werfen auch
Licht auf die materielle Kultur des Landes. Die kerami-
schen Überreste sind gering, doch ließ sich wenigstens
eine polychrome Vase wieder zusammensetzen. Eine
größere Anzahl von Steinwerkzeugen und Waffen wurden
gefunden. Bei den Restaurierungsarbeiten wurde der ganze
Hieroglyphenfries wieder in loco gebracht. Die Erhaltung
der Ruinen von Quirigua ist für die Zukunft gesichert, da
ein Mäcen es übernommen hat, die interessante Stätte zu
erhalten und durch einen Wächter schützen zu lassen.
Ungefähr 20 vortreffliche Photographien der Bauten und
des Hieroglyphenfrieses begleiten den wichtigen Aufsatz
von Edgar L. Hewett im »Bulletin of the Archaeological
Institute of America«. m.
FUNDE
Ein Selbstbildnis des Frankfurter Malers J. O.
Prestel hat der Rostocker Sammler Martin Bauer kürzlich
unter seinen Gemälden entdeckt. Er kam darauf durch
die Beschreibung Lavaters in seinen physiognomischen
Studien. Das Bild ist in den Besitz der Stadt Frankfurt
am Main übergegangen.
AUSSTELLUNGEN
X Berliner Ausstellungen. Im Salon Gurlitt treten
zwei junge Berliner Künstler, die schon wiederholt die
Aufmerksamkeit auf sich lenkten, mit beachtenswerten
Kollektionen auf: Alfred Helbergerund Franz Hecken-
dorf. Helbergers Landschaften sind ein Beispiel dafür, wie
es einem begabten jungen Maler, der die akademische Schul-
zucht durchgemacht hat und zunächst brav in ihrem Sinne
arbeitete, plötzlich wie Schuppen von den Augen fällt.
Die freie Luft des Nordens hat ihn erlöst. In der Klarheit
und Helligkeit skandinavischer Einsamkeiten hat seine
Farbe alles Zähe, Ölige verloren und eine freie Leichtigkeit
angenommen, die sich der Wahrheit des Vorbildes eng
anpaßt, aber zugleich die Natur sofort in einen höheren
Stil überträgt. Man merkt dabei, wie von allen Seiten her
künstlerische Eindrücke mitgewirkt haben, wie etwa Hodler
und seine Schweizer, wie die deutschen und französischen
Expressionisten, wie Münch ihn beeinflußten. Doch es
ist keine Nachahmung in seinen Bildern, die jene nordischen,
aber auch deutsche Landschaften aus freier Anschauung
in eine ausdrucksvolle Sprache klarer, heller Flächen und
farbiger Konturen steigern. Namentlich das Weiß be-
schneiter Felder und Höhenzüge unter kaltem Winterhimmel
gelingt ihm. Es lebt in seinen Sachen eine groß erfaßte
Stimmung und zugleich eine ungewöhnliche Kraft des De-
korativen. Franz Heckendorf, dessen Name erst jüngst
bei der juryfreien Ausstellung genannt wurde, erweist aufs
neue sein außerordentliches Talent für ein energisches
Zusammenfassen belebter Ausschnitte aus der Gegend um
Berlin, für den charakteristischen Ton der eigentümlichen
Mischung aus Landschaft und Stadtnähe, die hier herrscht.
Es ist auf dieser »Rennbahn« oder diesem »Restaurant
am See«, als wenn bereits das Mathematische, Konstruk-
tive der großstädtischen Straße in die märkische Ebene
hineinwachse, um sie seltsam zu verändern. Hier wie dort
taucht ein Gewimmel von menschlichen Figuren auf, aber
ganz anders, als der Impressionismus solche Themata be-
handelte. Denn wie seine Altersgenossen, sucht auch
Heckendorf nicht das Bewegte, Vibrierende, sondern die
feste Form, die sich auch aus solchen Motiven ergeben kann.
Es ist hier besonders deutlich, worin der Unterschied
zwischen den Bestrebungen der neuen Jugend und den
älteren Modernen beruht. Die exzentrischen Bilder des
Schweizers Hermann Huber zeigen dagegen den unange-
nehmeren Zugmancher jungen Künstlerzu einerabsichthchen
und ergrübelten Naivetät. Statt des Assyrischen und Ägyp-
tischen, womit sonst gern primitive Kompositionen solcher Art
bestritten werden, hält Huber es zur Abwechselung einmal
mit dem Altchristlichen, aber von der ergreifenden Unschuld
der Katakombenbilder trennt ihn das bewußte Raffinement,
mit dem er seine symbolistischen Figuren arrangiert. Wenn
Huber der Natur allein, ohne diese vieldeutigen Gestalten
nachgeht, wirkt er ehrlicher. Ein paar Waldbilder lassen er-
kennen, daß auch er an dem Streben der aufrückenden
Generation zur dekorativen Synthese Anteil nimmt.
In den Räumen für graphische Ausstellungen, die Gurlitt
seinem Salon angegliedert hat, sieht man zurzeit eine große
Sammlung von Radierungen Willi Geigers, vor allem
sehr interessante Studien aus der Arena in Madrid und