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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Stiftungen — Vermischtes

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netze für die Almosenschale und Gewandgürtel für die
Priester, und außerdem derbe Sandalenspangen, Qurtbänder
für Pferdesättel und zum Umhängen des Schwertes, hie
und da auch schmale Börtchen, die an die Kante gewebter
Frauengewänder genäht werden. Die Einfassung der
Ledersättel, sowie der Innenbesatz der Sattelriemen in
Manipur zeigen dieselbe Technik. Ihr Charakteristikum
ist die Verwendung quadratischer Ledertäfelchen (in be-
liebiger Anzahl; die vorgezeigten Proben aus Hinterindien
zählten zwischen 14 und 56); durch die Löcher an den
Ecken wird je ein Kettfaden durchgezogen, so daß vor und
hinter dem »Brettchen« die Fäden ein Dreieck bilden, das
als Webfach für den Schuß dient. Durch eine Viertels-
drehung wird die untere Kettfadenlage nach oben gehoben
und der zurückgeleitete Schuß kommt nun unter diese zu
liegen. Durch die gleichmäßige Wendung der einzelnen
Brettchen bilden sich Schnüre, die durch Querfäden zu
einem Band vereinigt werden. In Bindung und Muster
lassen sich mannigfache Wirkungen erzielen durch die
Art der Fadenbespannung der Täfelchen, durch die Farben-
stellung in den Kettfäden, durch Variierung der Dreh-
richtung usw.

Typisch bleibt immer die Umkehr, das ist die Stelle,
wo die Brettchendrehung ihre Richtung wechselt; hierzu
zwingt das Hindernis, das sich in der Schnurdrehung jen-
seits der Brettchen der Arbeit entgegenstellt. Im fertigen
Stück äußert sich die Umkehr durch die entgegengesetzte
Richtung der Fadenlage und eventuell des Musters.

Aus der Literatur über die Brettchenweberei in Alter-
tum und Gegenwart hebt Scherman das grundlegende
Buch von Frau Margarete Lehmann-Filhes, die übersicht-
liche Darstellung von A. Götze — wo auch die hochinter-
essante Ausgrabung des Wikingerschiffes (9. Jahrh.) mit
einem vollständigen Webapparat besprochen wird — und
besonders die neue Arbeit von R. Stettiner hervor, die
die Brettchenweberei der schleswig-holsteinischen Moor-
funde (um 300 n. Chr.) gründlich untersncht. Unter den
altperuanischen Beständen des Münchener Ethnographischen
Museums hat Scherman einige' Gewebe gefunden, die,
wenn nicht in der gleichen, so doch in einer nahe verwandten
Methode gearbeitet sein müssen. In dieser den Anfang
der Weberei überhaupt zu sehen, ist sicher irrig, zumal
überall, wo diese Technik sich findet, auch die gewöhnliche
Webart in Übung war. Eher ist sie als Mittelding zwischen
Seilerei und Weberei aufzufassen, von vorne herein nur
dazu bestimmt, durch eine Vereinigung von Schnüren
starke Bänder herzustellen und zwar in einer Arbeitsweise,
die höchst genial das früher umständliche Zusammenfassen
fertiger Schnüre mit der Nadel vereinfacht. Ob man diesen
Fortschritt für so selbstverständlich halten darf, daß er an
verschiedenen Stellen der Erde unabhängig in die Er-
scheinung treten konnte, ist sehr zu bezweifeln.

Herr Wolters legt ein attisches Lekythion von unge-
wöhnlicher Form vor, das eine Gliederung in Schulter
und Kugel zeigt. Auf der Schulter ein Hündchen, Vögel
und Gewächs dargestellt, auf der Kugel Szenen aus der
Palästra, und zwar Knaben in sehr jugendlichem Alter
beim Ballspiel, Ringen, Diskuswerfen, einer durch Mantel
und Stab als Aufseher gekennzeichnet, ein anderer mit
der Peitsche einen Kreisel treibend. Im Anschluß an diese
Figur geht der Vortragende auf antike Kreisel, ihre Ent-
wicklung und ihr Vorkommen als Nachbildungen (Weih-
gaben) sowie auf Abbildungen ein. Der Boden des Ge-
fäßes zeigt einen Frauenkopf. Zum Schluß legt Seine kgl.
Hoheit Prinz Rupprecht von Bayern eine wohl aus Süd-
italien stammende Holzplastik vor, den Kopf eines ins
13. Jahrhundert zu setzenden Verkündigungsengels.

Bayersdorfer.

Die dieswinterliche Mitgliederversammlung des
Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft findet am
Sonnabend den 4. Januar 1913 in der k. k. Akademie der
Wissenschaften zu Wien statt. Auf der Tagesordnung
steht außer Berichten, Wahlen und Anträgen ein Vortrag
von Dr. Wilhelm Köhler, der im Auftrage des Vereins die
karolingischen Miniaturen bearbeitet, über die Hofmaler
Karls des Großen.

STIFTUNGEN

München. Der Kommerzienrat Hermann Heinemann
in München hat mit einem Kapital von 60000 M. zum
Zwecke der Unterstützung der künstlerischen Ausbildung
talentvoller, unbemittelter, dem deutschen Reiche ange-
hörender Studierender der Kgl. Akademie der Künste in
München eine Stiftung errichtet.

VERMISCHTES

Bildschmuck in den Eisenbahnwagen. Schon seit
Jahren hat der »Bund Deutscher Verkehrsvereine« für
die Verwirklichung dieses schönen Gedankens gearbeitet.
Nunmehr soll aus der Absicht Tat werden. Mit der Leip-
ziger Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe,
dem Deutschen Buchgewerbeverein und der Firma R.
Voigtländers Verlag zusammen hat der Bund ein Preis-
ausschreiben erlassen, welches künstlerische Städte- und
Landschaftsbilder, die sich zur Anbringung in den Eisen-
bahnwagen eignen, einforderte. Die bunten Bilder (17X
28,5 cm groß) sollen in mehrfarbiger Lithographie verviel-
fältigt und in Rahmen unter Glas in den Eisenbahnabteilen
aufgehängt werden. Für die Leipziger Akademie ist es
überaus ehrenvoll, daß sie in dieser schönen und sicherlich
sehr zukunftsreichen Sache so eingreifend mitgewirkt hat.
Andererseits ist es zu bedauern, daß sich am »Bild-
schmuck« vorläufig nur die preußisch-hessische und elsaß-
lothringische Eisenbahnverwaltung direkt beteiligt haben.

Das Preisausschreiben, dessen Ergebnis — mehrere
hundert Einsendungen nebst den preisgekrönten und an-
gekauften Entwürfen — am 14. und 15. Dezember d J.
in der Aula der Leipziger Akademie der öffentlichen Be-
sichtigung zugänglich gemacht worden ist, hat ein über-
raschend gutes Resultat zur Folge gehabt. Die unzähligen
bunten Bilderchen haben so recht gezeigt, wieviel Interesse
unsere jüngere Künstlerschaft an den heimatlichen Schön-
heiten hat. Besonders zahlreich und auch qualitativ schön
waren die Einsendungen aus Danzig und Erfurt, aber auch
die übrigen Orte — Schwerin, Wildungen, Rügen, Lübeck
usw. usw. — waren mit recht guten Entwürfen vertreten.
Das Preisgericht, dem u. a. Professor M. Seliger, Geheim-
rat Klinger und die Professoren Hein und Horst-Schulze
von der Leipziger Akademie angehörten, hatte wirklich
ein tüchtiges Stück Arbeit zu bewältigen, als es unter den
Vielen die Einen auszuwählen hatte! Preisgekrönt und
angekauft wurden insgesamt 19 Bilder, unter denen Ulrich
Hübners Marine-Aquarell (»Travemünde«), das in den
zarten, duftigen violetten Tönen ein kleines Meisterstück
darstellt, M. Sterns elegantes Düsseldorfer Stadtbild mit
dem Schloß, H. Maiers geschmackvoll-dekoratives »Schloß
Burg a.d. Wupper« und H.Friedrichs zwar plakathaft wirken-
des, aber lustig farbiges »Seebad Zoppot« ganz besonders
hervorgehoben zu werden verdienen. Die Urheber der üb-
rigen preisgekrönten Entwürfe sind: O. Heinrich (»Rügen«),
P. Dienst (»Krahntor Danzig«), Stroisch (»Bielefeld«), A.
Seifert (»Erfurt«), P. Schneider (»Reichsgericht« und »Zoo-
logischer Garten«, Leipzig), O. Ubbelohde (»Lübeck«), F.
Korwan (»Westerland«), H. Friedrich (»Lübeck«), H. Hurtig
(»Stettin«), G. Leschner (»Bad Oeynhausen«), P. Dienst,
 
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