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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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217

Denkmalpflege — Denkmäler — Ausgrabungen

218

darum beworben, und vielleicht geht jetzt Besnard als
Nachfolger Durans nach Rom. Duran ist 75, Besnard 63
Jahre alt, so daß eine solche Nachfolge nichts Unnatürliches
hätte.

DENKMALPFLEGE

Vom Ulmer Münster. Im abgelaufenen Jahre ist die
Restauration des Ulmer Münsters stetig fortgeschritten;
neben der Ausbesserung von Fialen und anderen Zier-
gliedern am Hauptturm, wobei sich die Jahrzahl 1698 vor-
fand, als Beweis, daß schon damals an derselben Stelle erneuert
werden mußte, sind im Innern zwei neue Statuen aufgestellt
worden, und zwar von Bildhauer Federlen die von Kaiser
Rudolf von Habsburg und von Lang in München die-
jenige des Münsterbaumeisters Ensingen Der Vollendung
des Orgeltreppenturmes in der Südvorhalle, die aus Sicher-
heitsgründen im Interesse des Sängerchors zu begrüßen ist,
wird nun bald der Umbau der Orgel folgen, welche be-
kanntlich von Orgelbauer Walckerin Ludwigsburg im Jahre
1856 aufgestellt, später aber 1889 anläßlich der Verstärkung
der Turmfundamente verändert werden mußte. Die erste
nim Turme angebrachte Orgel wurde 1576—1578 errichtet
«und in der Folge öfter verbessert und verändert. Das
letzte noch leere Fenster über dem Nordwestportal wird,
dank einer Stiftung von Dr. Max Ebner, mit einem Glas-
gemälde geschmückt werden, welches die Auferweckung
von Jairus'Töchterlein darstellen soll. Im ganzen sind
jetzt außer den Chorfenstern 22 Fenster mit neuen Glas-
gemälden versehen. Die ersten Stiftungen von solchen
erfolgten auf dem Münster Jubiläum im Jahre 1877.

M. B.

In Neustadt an der Hardt wurden kürzlich bei Re-
novierung der kleinen, im Barockstil umgebauten Marien-
kirche alte Fresken aufgefunden. Die kleine Kirche war
vor der Mitte des 14. Jahrhunderts noch Hauptkirche und
gelangte erst im 16. Jahrhundert an die Reformierten. An
der Ostwand, zu beiden Seiten des Altars, wurden zwei
alte Freskenbilder entdeckt, die die Verkündigung an Maria
zum Gegenstande haben. Die Bilder sind durch eine breite
purpurrote Borte eingefaßt. Sie gehören dem Ende des
14. Jahrhunderts an und haben offenbar einen süddeutschen
Meister aus Straßburg oder Mainz zum Schöpfer. Die
Fresken werden jetzt wieder hergestellt und so erhalten
bleiben.

Schloß Chillon am Genfer See, durch seine herr-
liche Lage und durch Lord Byron berühmt, wird zurzeit
vollständig hergerichtet und im Innern mit den Wappen
der Landvögte ausgemalt.

DENKMÄLER

Der Staatssekretär der schönen Künste in Frankreich
hat entdeckt, daß die Plätze, Gärten und Straßen von Paris
durch den immer stärker werdenden Andrang von Statuen
mehr oder weniger berühmter Leute nicht immer verschönert
werden; auf der anderen Seite darf man den Bildhauern
nicht das Brot dieser Statuomanie wegnehmen, und so
hat Herr Berard einen schönen Gedanken konzipiert: an
der langen Fassade der Tuilerien an der Rue de Rivoli
sind dereinst an die fünfzig Nischen für Statuen gelassen
worden, aber nur wenige dieser Nischen sind mit Gene-
rälen Napoleons I. ausgefüllt. Herr Berard will nun die
vierzig oder fünfzig übrigen mit Statuen von französischen
Generälen ausfüllen, von den Kriegen Napoleons I. über
Italien, Mexiko und 1870 bis zu dem General Lyautey, dem
Triumphator von Marokko. So haben die Bildhauer offi-
zielle Arbeit, und ihre Arbeiten werden keinen Menschen
ärgern.

AUSGRABUNGEN

Rom. Die letzten Ausgrabungen in Ostia. Professor
Dante Vaglieri, Direktor der Ausgrabungen in Ostia, publi-
ziert in einem der letzten Hefte der Nuova Antologia einen
langen Bericht über seine Tätigkeit in Ostia in allerletzter
Zeit, und mir scheint es nützlich, der Kunstchronik davon
das Wichtigste mitzuteilen. Vaglieris Programm ist drei-
fach gewesen: die schon seit dem Ende des 18. Jahr-
hunderts begonnenen und dann so oft unterbrochenen
Ausgrabungen zu vervollständigen und dabei für die Er-
haltung der freigelegten Ruinen Sorge zu tragen; die ver-
schiedenen Ruinengruppen durch Ausgrabungen verbinden,
durch tiefe Ausgrabungen die verschiedenen Schichten der
Ostia-Niederlassung durchforschen und somit ein für die
Kenntnis der Stadtgeschichte kostbares Material gewinnen.
So wurde also vorerst die Ausgrabung der Thermen und
der Kaserne derVigiles wiederaufgenommen. Die Thermen
haben eine siebzig Meter lange Fassade und den groß-
artigen Ruinen verleiht das nun ganz wieder restaurierte
Fußbodenmosaik mit den Wassergottheiten neues Leben.
Neben den Thermen ist die sechzig Meter lange und vierzig
Meter breite Palestra zum Vorschein gekommen. Was die
Feuerwehrkaserne betrifft so kann man diesen Bau zu den
wohlerhaltensten des ganzen Altertums rechnen. Neben
dem großen Hof mit dem Cäsareum und den Trinkbecken
für die Pferde, ist wunderbarerweise im Abort der Mann-
schaften ein Altar der Göttin Fortuna gefunden worden.
Dieser Fund erklärt die Worte, mit denen Clemens Alexan-
drinus den Römern vorwirft, die Fortuna in solchen un-
würdigen Räumlichkeiten zu ehren. Am Theater sind
andere Scholae zum Vorschein gekommen, die der Navi-
cularii Misuenses, die der Navicularii aus Hippo (das
heutige Biserta) und die der Seiler. Um die schon aus-
gegrabenen Ruinen organisch zu verbinden, hat Vaglieri
sich daran gemacht die Straßen ans Licht zu bringen und
so entdeckte er den Decumanus, den man jetzt auf einer
Länge von 420 Metern zwischen Lauben, Läden und
Brunnen verfolgen kann. Am Decumanus wurden eine
ganze Anzahl von Horrea entdeckt. Vor den Thermen
waren die Lauben zweistöckig und davor standen zahl-
reiche Brunnen aus dem Aquädukt, den Caligola der Stadt
geschenkt hatte. Sonderbar, aber typisch ist es, daß gerade
neben diesem Wasserreichtum ein Wirt namens Fortunatus,
wie wir aus einer Inschrift erfahren, sein wohl recht
blühendes Geschäft eingerichtet hatte. Die Arbeiten des
nächsten Jahres werden zur Aufdeckung der Straße bis
zum Forum vor dem Vulkantempel führen, zum Kaiser-
palast und an die Meeresküste, ubi subductae naviculae
substratis roboribus a terrena tabe suspensae quiescebant.
Leider hat sich das Meer da weit zurückgezogen.

Prof. Vaglieri hat vergebens gesucht bei seinen Aus-
grabungen etwas von der uralten Stadt zu finden, von der die
römischen Sagen erzählen, sie sei von König Ancus Marzius
erbaut worden. Die ältesten Ruinen können nicht über
das 3. Jahrhundert v. Chr. zurückgehen und damit stimmen
die geschichtlichen Nachrichten überein; denn Ostia wird
zum erstenmal während des zweiten punischen Krieges
genannt. Im Jahre 297 v. Chr. ernennt man in Rom, das
auch auf der See mächtig geworden war, vier Admiräle:
Quästores Classici, von denen einer seinen Sitz in Ostia
hatte. Aus der republikanischen Zeit stammen nach Va-
glieri in Ostia die Piscina und die Stadtmauern auf der
Seeseite. Sehr interessant ist von diesem chronologischen
Standpunkt aus eine Inschrift wohl aus der Gracchenzeit,
die kürzlich gefunden worden ist. Aus dem republikanischen
Zeitalter stammen eine große Laube mit Tuffsäulen, das
große Monument dem Theater gegenüber und viele Gräber.
Ostia, das als zur Sullapartei gehörig von Marius' Soldaten
 
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