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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0142

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263

Denkmäler — Funde — Ausstellungen

264

standen hat. Jetzt will man den 21 m hohen Stein wieder
zusammensetzen und aufrichten, dessen Gewicht auf
400000 Kilo geschätzt wird. Ein Ausschuß, an dessen
Spitze der Admiral de la Reveilliere steht, sammelt Bei-
träge zur Bestreitung der Kosten der Aufrichtung.

DENKMÄLER
In Hamburg, wo der junge Hebbel seine wichtigsten
Entwicklungsjahre verlebte, die »Judith« und »Genoveva«
schrieb, soll jetzt ein Denkmal des Dichters errichtet
werden. Es hat sich dort unter dem Vorsitz des Senators
von Melle ein Komitee gebildet, das sofort eine Sammlung
zu diesem Zweck eingeleitet hat. Man hofft, bis zum
18. März, dem hundertsten Geburtstag des Dichters, so
viel Geld beisammen zu haben, um positive Beschlüsse
über die Form des Denkmals fassen zu können.

FUNDE

Eine Gelegenheitsarbeit Domenico Venezianos —

eine urkundlich von ihm für Marco Parenti gemalte Braut-
truhe — scheint sich in Wiener Privatbesitz wiedergefunden
zu haben. Früher in Kollektion Spitzer befindlich'), wurde
dieselbe nach Autopsie bei dem neuen Besitzer durch
von Frimmel besprochen, ohne von ihm einem bestimmten
Meister zuerteilt zu werden.2) Auf dem Rund des Deckels
sind einander zugekehrt ein Mädchen und ein Jüngling
auf einer mit Blumen besäten Wiese dargestellt. Schon
die ausgesprochene Profilstellung der beiden Gestallen läßt
an den Meister des Bardialtars in den Uffizien und das
Porträt der jungen Bardi im Museo Poldi-Pezzoli zu Mai-
land denken. Die Formgebung hat allerdings das Altar-
bild in Marseille3) bereits weit überholt und erscheint auch
gegenüber den Fresken vom Canto de' Carnesecchi in der
Londoner National Gallery fortgeschritten, ohne die Fein-
heiten des Altarwerks in den Uffizien oder gar noch
späterer Werke zu erreichen. Die gewiß absichtlich
»poetische« Perspektive — die Wiese wirkt mehr als Folie
— stand wohl mit dem kunstgewerblichen Zweck der
kleinen Arbeit in Einklang. Koloristisch und technisch
erscheint dieselbe schon geradezu als ein Vorbote der
späteren Meisterwerke des Künstlers. f. w.

1) Vgl. La collection Spitzer, vol. I, wo farbige, aller-
dings nur entfernt genaue Reproduktion der kl. Malerei.

2) In kl. Galeriestudien I, wo Abbildung nach Photo-
graphie.

3) Vgl. meine Anzeige in »Kunstchronik« 1910.

AUSSTELLUNGEN
Karlsruhe. Der Schweizer Heinrich Altherr trat
während des Januars im Badischen Kunstverein erstmals
mit einer großen Kollektion vor die Öffentlichkeit. Des
Künstlers Stärke und Bedeutung liegt auf dem Gebiete
der Figurenmalerei. Er wurde 1878 in Basel geboren
und arbeitete, ausgehend von der Bildnismalerei, zunächst
in der Knirr-Schule, dann in Rom (1900—1902). Weitere
vier Jahre in Basel und nunmehr deren sechs in Karlsruhe,
wo er seit 1906 wirkt, ließen ihm Zeit, in die für ihn
ureigenen Bahnen einzulenken. Auf den ersten Blick
weist Altherr verwandtschaftliche Züge mit einem Hodler,
Puvis de Chavannes und Michelangelo auf; Marees —
Manet farbig — und Cezanne sind nicht ohne Einfluß
auf ihn geblieben. Für seine oft meisterlichen Lösungen
des Raumproblems war ihm Ludwig Dill vielfach Vorbild.
Bei den teilweise zusammengewürfelten Namen könnte
man vielleicht an einen Eklektiker denken; sagen wir
besser umgekehrt: Altherr ist eine durch und durch mo-
derne, tief angelegte Persönlichkeit, die eine starke —

monumentale und zugleich dekorative — Ausdruckskunst
erstrebt und die durch die gestellten Probleme notwendig
an die Meister erinnern muß, die ähnliches auf ihre ein-
zigartige Weise gelöst haben. Bei Altherr erhalten Raum,
Masse, Linie und Farbe reinen Ausdruckswert im Sinne
des Bildgedankens; alles ist einheitlich und mit den ein-
fachsten Mitteln veranschaulicht in strengster Gebundenheit
auf der Bildfläche. Diese Ziele hat er in der Porträtkunst
schon verhältnismäßig früh angestrebt. Erwähnen wir hier
das Bildnis seines Vaters, »Baurat Williards«, »Exz. He-
gars«, »Max Läugers« und vielleicht als Endlösung »Alb.
Geigers«. Auch mit dem schwierigen Problem des Frauen-
porträts findet sich der Künstler in glücklicher Weise ab.
Im Einzelfigurenbilde wie in der Gruppe verbindet er strenge
Formenauffassung mit dem Betonen scharf silhouettierter
Lokalfarben und der Rhythmik in Masse und Bewegung.
Michelangelesk möchte man seine sibyllenartige »Melan-
cholie« wie auch den »Mauerklopfer« nennen. Stimmungs-
ernst und selten schön im Ausdruck der Farbengebung ist
der »Barmherzige Samariter«. Äußerst packend wirkt der
»Orpheus und die klagenden Weiber«, wo Altherr ähnlich
Hodler in den sieben Frauengestalten das gleiche Bewe-
gungsmotiv abwandelt und dadurch zu solch unwidersteh-
licher Wirkung gelangt; geschickt hat der Künstler im
»Einzug in Jerusalem« die Hauptpersonen in Bewegung
und Farbe aus der Kompositionsmasse herausgehoben.
Das Bild »Christus im Sturm« stellt einen kühnen kompo-
sitionellen Versuch dar. Von den übrigen Figurenbildern
seien die Skizzen kleinen Formates »Emaus«, »Fischer«,
wie auch »Odysseus und die Sirenen« genannt als vor-
treffliche Raumlösungen; von edler, reifer Einfachheit der
Farbe ist die überzeugend wirkende »Trauernde«. Der
herbe, knappe Schweizer drückt sich noch besonders gut
in zwei einfachen Landschaftsversuchen (Felsen mit Meer
und Schiffen) aus. Altherr hat in frühen Jahren somit ein
schweres, persönliches Werk unternommen; möge ihm
nicht die Kraft und die künstlerische Konsequenz, es fort-
zuführen, ausgehen. — Gleichzeitig mit Altherr stellte hier
der Münchener Landschafter RudolfGönnereine größere
Kollektion aus, die ein gutes Zeugnis ablegt von der im-
pressionistischen Art des Künstlers, Räume zu sehen und
sie farbig wiederzugeben. Bei leuchtenden, schweren Tönen
läßt er das Atmosphärische in der Natur nicht außer acht;
mitunter gelangt er zu fast pointillistischen Wirkungen,
wie vielleicht der verstorbene Münchener Palmie. Nennen
wir von seinen Bildern das »Schwimmdock«, »Vor Anker«,
»Das Kastell« und den »Golf von Triest«. — Als Dritten
im Bunde reihen wir noch den Trübnerschüler Waldemar
Coste an, der jetzt in Frankfurt seine künstlerische Tätigkeit
entfaltet. Das Verhältnis zu seinem Lehrer ist, wenn auch
technisch mehr wie gegenständlich, noch denkbar eng.
Costes Farbe ist satt und schwer, manchmal fast trübe.
In der Komposition geht er kühn vor, wagt sich dabei
wohl auch mitunter an Aufgaben heran, die für ihn noch
zu groß sind, Erwähnen wir aus seiner Kollektion als gute
und flotte Leistungen seinen »Waldbach«, »Diessen am
Ammersee«, einige »Interieurs«, den »Faun und Nymphe«
und nicht zuletzt die köstliche Studie »Denkmalsenthüllung«.

Oscar Gehrig.

München. In der Kgl. Graphischen Sammlung

ist seit 29. Januar die erste Abteilung der Erwerbungen
des Jahres 1912, Zeichnungen und Aquarelle, im ersten
Saale ausgestellt, der später die zweite Abteilung, Kunst-
blätter der verschiedenen Techniken, folgen wird.

Barmen. Ruhmeshalle. Nachdem der Kunstverein
im September v. J. die jetzt bei Paul Cassirer m Berlin
ausgestellte Privatsammlung des Herrn G. F. Reber-Barmen
 
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