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Denkmäler —
Ausgrabungen
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ten Freitreppe, die man vor 13 Jahren an der Gartenseite
angelegt hatte. Nachdem alle diese Verballhornungen und
Fälschungen gefallen sind und das Schlößchen wieder in-
stand gesetzt worden ist, hat das Gebäude ein ganz
anderes, nämlich sein ursprüngliches Aussehen zurückge-
wonnen: es ist wieder ein schmuckes, stattliches Wein-
berghaus mit Fachwerk geworden, in der Weise, wie es
im 17. Jahrhundert erbaut worden ist. Auch die Malereien
im oberen Saale, die schon von der Feuchtigkeit gelitten
hatten, wurden — vom Kunstmaler Lohr — in sachge-
mäßer Weise wiederhergestellt. Die ganze Restaurierung
muß als eine hervorragende Tat im Sinne wirklicher echter
Denkmalpflege bezeichnet werden. Hoffentlich finden sich
nun auch bald die Mittel, das reizende, alte Bauwerk zu
einem Weinbergs-Museum auszugestalten.
Florenz. Die Restaurierungsarbeiten im Baptisterium
und in San Lorenzo schreiten rüstig fort und versprechen
besten Erfolg. Giuseppe Castellucci, der treffliche Archi-
tekt der Soprintendenza ai monumenti hat die Leitung in
den Händen. Wir werden in Kürze zusammenhängend
über den Stand der Arbeiten berichten. In diesen Tagen
findet in S. Lorenzo die Inspektion durch die ad hoc ein-
gesetzte Kommission statt, der der Sindaco, der Präfekt
der Laurenziana Guido Biagi, der Priore mitrato Monsignor
Giovannini und der Soprintendente ai monumenti ange-
hören.
DENKMÄLER
In Aschersleben ist zur Erinnerung an die Siege des
Jahres 1813 die Errichtung eines Denkmals nach den Ent-
würfen des Bildhauers Prof. Georg Wrba in Dresden ge-
plant.
AUSGRABUNGEN
Neapel. Die Ausgrabungen in Paestum, Cumae
und Pompeji. Die seit einigen Jahren von Professor
Spinazzola nach neuen Systemen geführten Ausgrabungen
in Paestum, Cumae und Pompeji haben zu so wichtigen
Ergebnissen geführt, daß es mir richtig erscheint, hier in
Kürze zusammenzufassen, was der tätige Direktor selbst
darüber sagt. Was Paestum betrifft, so glaubte man bis
jetzt, es wären von der alten Stadt bloß die großen Tempel-
bauten geblieben und alles andere wäre gänzlich zerstört
und verschwunden. Spinazzola ließ sich von der alther-
gebrachten Tradition nicht irre führen, und es gelang ihm
nach vielem Suchen, die zwei Achsen der allen griechischen
Stadt wiederzufinden. Nun war es ihm leicht, an den
Seiten der zwei großen Straßen die Reste der Bürgersteige,
der Lauben und vieler großer Gebäude wiederzufinden.
Auch ist es ihm größtenteils gelungen, das Problem der
ursprünglichen Dekoration und ihrer alten Benennung zu
lösen. Er hat die gelbrote Terrakotta-Dekoration der Dach-
traufe und Rinne des archaischen Tempels gefunden in einer
Länge von 21 Metern. Wir wissen jetzt, daß die tönerne
polychrome Dachrinne wie mit einem Kranz den ernsten
Tempel krönte, sich leuchtend abhebend vom blauen na-
poletanischen Himmel. Auch den Namen des Neptun, des
Gottes, dem der Tempel geweiht war, gaben uns die Aus-
grabungen. Aus dem römischen Zeitalter sind das Forum,
die Basilika und die Bases honorariae vieler großen Römer
ans Licht gekommen und eine große Statue des Kaisers
Claudius. Noch schwieriger war das Problem in Cumae er-
schienen,denn seitJahrhunderten schienen nur noch die Dichter
sich der alten Stadt zu erinnern. Homers und Vergils Ge-
sänge von der Sibylle und dem dunklen Hadestor klangen
noch, aber die Stadt, wo doch Menschen gelebt hatten, war
verschollen. Eben der Tempel Apollos, zu dem Äneas
hinaufstieg, bevor er sich in die Höhle der Sibylle wagte,
ist auf einem Hügel entdeckt worden. Die Säulen hat
man gefunden mit den jonischen Kapitalen und Fragmente
des Frieses mit dem Symbol der göttlichen Kithara. Aus
römischer Zeit sind Statuen gefunden worden und dann
auch die Basis eines dem Dionysos geweihten Rundtempels.
Von dem Schutt und den Pflanzen befreit, stehen jetzt die
großen Befestigungen der Stadt frei und imposant da.
Am interessantesten sind aber vom technischen Stand-
punkte aus die Ergebnisse der Ausgrabungen in Pompeji,
wo die jetzt ganz freigelegte via abundantiae deutlich zeigt,
was mit der neuen Ausgrabungsart von den alten Ruinen
gerettet werden kann. Die Ausgrabung beginnt von oben
und schichtenweise geht mit der Ausgrabung die Restau-
rierung der aufgedeckten Bauteile vor sich. Wir sehen so
zum ersten Male die Dächer, die oberen Stöcke, die Logen,
Fenster und Lauben in ihrer ursprünglichen Form erhalten.
Viele eigentümliche Funde sind in Pompeji gemacht worden,
die uns interessante Aufschlüsse geben über das städtische
Leben daselbst. Dieser Art sind Malereien an den Außen-
wänden der Häuser, wo man, unter anderem, Wahlpro-
gramme entwickelt und Kandidaten empfiehlt. Es gibt
auch Frauen, also uralte Frauenrechtlerinnen, die auch
diesen oder jenen Kandidaten rühmen.
Eine Erfrischungsstube ist noch mit ihren ganz er-
haltenen Gerätschaften gefunden worden und in einem
Zimmer steht noch ein Bett mit Elfenbeinornamenten.
Fed. H.
Das Dolmenheiligtum von Alesia. Während der
Ausgrabung an der Stätte des alten Alesia im vorigen
September und Oktober wurde von Victor Pernet eine
hochinteressante und ebenso bedeutsame Entdeckung ge-
macht, über die wir uns gemäß einem Aufsatze des be-
kannten französischen Religionsforschers J. Toutain in der
eben erschienenen »Revue des etudes anciennes«, dem
Organ der südlichen französischen Universitäten, etwas
ausführlicher äußern müssen, da Toutain hochwichtige
religionsgeschichtliche Schlüsse über die Bestimmung der
Dolmen vorträgt. — Pernet hatte bei den Ausgrabungen
konstatiert, daß in demjenigen Teil des Mont Auxois,
welcher »en Surelot« genannt ist, die Bauten der gallo-
römischen Epoche auf älteren menschlichen Wohnungen
standen, die bis zu einer oftmals bedeutenden Tiefe in die
gewachsenen Felsen eingegraben waren. Die Spuren der
beiden Perioden und der beiden Zivilisationen erschienen
also wie eine über der anderen liegend. Gegen Ende
September 1912 legten die Ausgräber eine Konstruktion
bloß, deren Plan und Ansicht anfangs ganz fremdartig
schien, die aber um so größere Aufmerksamkeit erregte, als
hierbei eine halblebensgroße Statue, ein Kopf und eine
Büste, alles aus Bronze, gefunden wurden. Zunächst war
man auf ein gallo-römisches Gebäude gestoßen, das aus
einem 17 m langen und 5,10 m breiten rechteckigen Saal
bestand, an dessen südliches Ende ein viel kleinerer
2,80 : 1,70 m großer Raum anstieß. Dieser zweite Raum
war ohne Zweifel eine Cella oder Kapelle. Mit Sicher
heit datierte die Konstruktion als Ganzes aus der gallo-
römischen Epoche.
Nun hat man im Innern dieses Gebäudes, noch in
Situ einen Dolmen gefunden, oder vielmehr eine dolmen-
artige Konstruktion. Unter einer kaum behauenen Stein-
platte, im Halbrund von ungefähr 2 m Durchmesser, die
durch drei ähnliche, kaum behauene Steinplatten getragen
wurde, öffnete sich eine viereckige, 2,60 m lange, 95 m
breite und 80 m tiefe Grube, deren sämtliche Wände durch
Platten gebildet waren. Auf dem Boden des Raumes, auf
der Höhe der Grube lagen eine ganze Reihe durchschnitt-
lich 2,25 m großer Steinplatten. Es ist zweifellos, daß
Denkmäler —
Ausgrabungen
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ten Freitreppe, die man vor 13 Jahren an der Gartenseite
angelegt hatte. Nachdem alle diese Verballhornungen und
Fälschungen gefallen sind und das Schlößchen wieder in-
stand gesetzt worden ist, hat das Gebäude ein ganz
anderes, nämlich sein ursprüngliches Aussehen zurückge-
wonnen: es ist wieder ein schmuckes, stattliches Wein-
berghaus mit Fachwerk geworden, in der Weise, wie es
im 17. Jahrhundert erbaut worden ist. Auch die Malereien
im oberen Saale, die schon von der Feuchtigkeit gelitten
hatten, wurden — vom Kunstmaler Lohr — in sachge-
mäßer Weise wiederhergestellt. Die ganze Restaurierung
muß als eine hervorragende Tat im Sinne wirklicher echter
Denkmalpflege bezeichnet werden. Hoffentlich finden sich
nun auch bald die Mittel, das reizende, alte Bauwerk zu
einem Weinbergs-Museum auszugestalten.
Florenz. Die Restaurierungsarbeiten im Baptisterium
und in San Lorenzo schreiten rüstig fort und versprechen
besten Erfolg. Giuseppe Castellucci, der treffliche Archi-
tekt der Soprintendenza ai monumenti hat die Leitung in
den Händen. Wir werden in Kürze zusammenhängend
über den Stand der Arbeiten berichten. In diesen Tagen
findet in S. Lorenzo die Inspektion durch die ad hoc ein-
gesetzte Kommission statt, der der Sindaco, der Präfekt
der Laurenziana Guido Biagi, der Priore mitrato Monsignor
Giovannini und der Soprintendente ai monumenti ange-
hören.
DENKMÄLER
In Aschersleben ist zur Erinnerung an die Siege des
Jahres 1813 die Errichtung eines Denkmals nach den Ent-
würfen des Bildhauers Prof. Georg Wrba in Dresden ge-
plant.
AUSGRABUNGEN
Neapel. Die Ausgrabungen in Paestum, Cumae
und Pompeji. Die seit einigen Jahren von Professor
Spinazzola nach neuen Systemen geführten Ausgrabungen
in Paestum, Cumae und Pompeji haben zu so wichtigen
Ergebnissen geführt, daß es mir richtig erscheint, hier in
Kürze zusammenzufassen, was der tätige Direktor selbst
darüber sagt. Was Paestum betrifft, so glaubte man bis
jetzt, es wären von der alten Stadt bloß die großen Tempel-
bauten geblieben und alles andere wäre gänzlich zerstört
und verschwunden. Spinazzola ließ sich von der alther-
gebrachten Tradition nicht irre führen, und es gelang ihm
nach vielem Suchen, die zwei Achsen der allen griechischen
Stadt wiederzufinden. Nun war es ihm leicht, an den
Seiten der zwei großen Straßen die Reste der Bürgersteige,
der Lauben und vieler großer Gebäude wiederzufinden.
Auch ist es ihm größtenteils gelungen, das Problem der
ursprünglichen Dekoration und ihrer alten Benennung zu
lösen. Er hat die gelbrote Terrakotta-Dekoration der Dach-
traufe und Rinne des archaischen Tempels gefunden in einer
Länge von 21 Metern. Wir wissen jetzt, daß die tönerne
polychrome Dachrinne wie mit einem Kranz den ernsten
Tempel krönte, sich leuchtend abhebend vom blauen na-
poletanischen Himmel. Auch den Namen des Neptun, des
Gottes, dem der Tempel geweiht war, gaben uns die Aus-
grabungen. Aus dem römischen Zeitalter sind das Forum,
die Basilika und die Bases honorariae vieler großen Römer
ans Licht gekommen und eine große Statue des Kaisers
Claudius. Noch schwieriger war das Problem in Cumae er-
schienen,denn seitJahrhunderten schienen nur noch die Dichter
sich der alten Stadt zu erinnern. Homers und Vergils Ge-
sänge von der Sibylle und dem dunklen Hadestor klangen
noch, aber die Stadt, wo doch Menschen gelebt hatten, war
verschollen. Eben der Tempel Apollos, zu dem Äneas
hinaufstieg, bevor er sich in die Höhle der Sibylle wagte,
ist auf einem Hügel entdeckt worden. Die Säulen hat
man gefunden mit den jonischen Kapitalen und Fragmente
des Frieses mit dem Symbol der göttlichen Kithara. Aus
römischer Zeit sind Statuen gefunden worden und dann
auch die Basis eines dem Dionysos geweihten Rundtempels.
Von dem Schutt und den Pflanzen befreit, stehen jetzt die
großen Befestigungen der Stadt frei und imposant da.
Am interessantesten sind aber vom technischen Stand-
punkte aus die Ergebnisse der Ausgrabungen in Pompeji,
wo die jetzt ganz freigelegte via abundantiae deutlich zeigt,
was mit der neuen Ausgrabungsart von den alten Ruinen
gerettet werden kann. Die Ausgrabung beginnt von oben
und schichtenweise geht mit der Ausgrabung die Restau-
rierung der aufgedeckten Bauteile vor sich. Wir sehen so
zum ersten Male die Dächer, die oberen Stöcke, die Logen,
Fenster und Lauben in ihrer ursprünglichen Form erhalten.
Viele eigentümliche Funde sind in Pompeji gemacht worden,
die uns interessante Aufschlüsse geben über das städtische
Leben daselbst. Dieser Art sind Malereien an den Außen-
wänden der Häuser, wo man, unter anderem, Wahlpro-
gramme entwickelt und Kandidaten empfiehlt. Es gibt
auch Frauen, also uralte Frauenrechtlerinnen, die auch
diesen oder jenen Kandidaten rühmen.
Eine Erfrischungsstube ist noch mit ihren ganz er-
haltenen Gerätschaften gefunden worden und in einem
Zimmer steht noch ein Bett mit Elfenbeinornamenten.
Fed. H.
Das Dolmenheiligtum von Alesia. Während der
Ausgrabung an der Stätte des alten Alesia im vorigen
September und Oktober wurde von Victor Pernet eine
hochinteressante und ebenso bedeutsame Entdeckung ge-
macht, über die wir uns gemäß einem Aufsatze des be-
kannten französischen Religionsforschers J. Toutain in der
eben erschienenen »Revue des etudes anciennes«, dem
Organ der südlichen französischen Universitäten, etwas
ausführlicher äußern müssen, da Toutain hochwichtige
religionsgeschichtliche Schlüsse über die Bestimmung der
Dolmen vorträgt. — Pernet hatte bei den Ausgrabungen
konstatiert, daß in demjenigen Teil des Mont Auxois,
welcher »en Surelot« genannt ist, die Bauten der gallo-
römischen Epoche auf älteren menschlichen Wohnungen
standen, die bis zu einer oftmals bedeutenden Tiefe in die
gewachsenen Felsen eingegraben waren. Die Spuren der
beiden Perioden und der beiden Zivilisationen erschienen
also wie eine über der anderen liegend. Gegen Ende
September 1912 legten die Ausgräber eine Konstruktion
bloß, deren Plan und Ansicht anfangs ganz fremdartig
schien, die aber um so größere Aufmerksamkeit erregte, als
hierbei eine halblebensgroße Statue, ein Kopf und eine
Büste, alles aus Bronze, gefunden wurden. Zunächst war
man auf ein gallo-römisches Gebäude gestoßen, das aus
einem 17 m langen und 5,10 m breiten rechteckigen Saal
bestand, an dessen südliches Ende ein viel kleinerer
2,80 : 1,70 m großer Raum anstieß. Dieser zweite Raum
war ohne Zweifel eine Cella oder Kapelle. Mit Sicher
heit datierte die Konstruktion als Ganzes aus der gallo-
römischen Epoche.
Nun hat man im Innern dieses Gebäudes, noch in
Situ einen Dolmen gefunden, oder vielmehr eine dolmen-
artige Konstruktion. Unter einer kaum behauenen Stein-
platte, im Halbrund von ungefähr 2 m Durchmesser, die
durch drei ähnliche, kaum behauene Steinplatten getragen
wurde, öffnete sich eine viereckige, 2,60 m lange, 95 m
breite und 80 m tiefe Grube, deren sämtliche Wände durch
Platten gebildet waren. Auf dem Boden des Raumes, auf
der Höhe der Grube lagen eine ganze Reihe durchschnitt-
lich 2,25 m großer Steinplatten. Es ist zweifellos, daß