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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Maas, Max: Die letztjährigen Ausgrabungen in Ägypten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0200

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Die letztjährigen Ausgrabungen in Ägypten.

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von Votivgefäßen lagen öfters in der Kammer zu
Füßen der Stelennische. In einer kleineren Mastaba
waren zwar die Wandmalereien alle ziemlich unsicht-
bar geworden, aber der Name eines Verstorbenen,
namens Juu, konnte doch entziffert werden. Oftmals
waren zwei bis vier Schäfte mit der Mastaba ver-
bunden, die aber nicht jedesmal Kammern oder Be-
gräbnisse hatten. Alle Körper lagen in armseligen
Holzsärgen und zwar in voller Rückenlage. Die Funde
gehen kaum bis zur sechsten Dynastie zurück und
reichen bis tief in die zwölfte hinein. — Während
der Ausgrabung dieses Friedhofes stieß man auf eine
2 m dicke, von Ost nach West laufende Mauer aus
sehr früher Zeit; denn die Mastabas waren vielfach
über diese Mauer gebaut. An der Nordseite dieser
Mauer zeigten sich einfache Nischen, und eine Reihe
von mit der Mauer parallel laufenden, sehr frühen
Gräber von merkwürdiger Anlage. In jedem dieser
Gräber war eine männliche Leiche zu finden, alle in
zusammengezogener Stellung, entweder auf der rechten
oder linken Seite liegend. Viele hatten gar keinen
Sarg oder nur einen hölzernen. Außer Vasen fanden
sich keine Grabbeigaben und diese sind in die erste
Dynastie zu datieren. Man könnte an einen Friedhof
mit toten Kriegern denken, aber es wurden keine
Verletzungen der Gebeine gefunden. — Bei diesen
Ausgrabungen kamen dann auch einige interessante
Frauengräber mit Schmuckbeigaben, Perlen, Amulette,
Skarabäen, Silberdraht zutage. Die Schmuckgegen-
stände lagen teils unter dem Kopf, andere waren an
den Fingern oder der jetzt verschwundenen Kleidung
angebracht. — Von dieser Stätte aus ging man nörd-
lich zu dem koptischen Der (Kloster), wohin sich der
Friedhof weiter ausgedehnt zu haben scheint. Die
Mastabas waren gänzlich verschwunden, der Inhalt der
Gräber stimmte mit dem der vorher erwähnten Grab-
anlage. Der gleiche Friedhof am Der enthielt auch
zwei gewölbte Gräber aus Ziegeln, die von den
Kopten in christliche Kapellen umgewandelt waren.
Man konnte auf Treppen hinuntersteigen, Nischen
waren in die Wände geschnitten und ein Altar an
dem Ostende mit christlichen Inschriften geschmückt.
Da später ein koptischer Begräbnisplatz an dieser
Stelle errichtet worden war, ist es möglich, daß diese
Kapelle in irgend einer Weise damit zusammenhängt.

Der ägyptische Archaeologicol Survey machte Aus-
grabungen zu Meir, auf der Westseite des Nils, 45 km
nördlich von Asyüt. Die Wüste bei Meir birgt die
Nekropole von Aphroditopolis oder Cusae, der Haupt-
stadt des 14. Nomos von Oberägypten. Der Ort heißt
jetzt Kusiya. Hier fanden sich sechs Grabkapellen,
von denen fünf mit Reliefs und eine mit Tempera-
malereien geschmückt sind, in denen Nomarchen des
Gaus begraben waren. Eine der Grabkapellen ist aus
der Zeit der sechsten Dynastie, die übrigen sind aus
der zwölften. Unter den in der ältesten Grabkapelle
»des Pepiankh« im gewöhnlichen Stil der sechsten
Dynastie dargestellten Szenen sind solche von hervor-
ragendem Interesse. Einmal sieht man Pepiankh in
einem auf den Schultern von zwölf Sklaven getrage-
nen Palankin. Männliche und weibliche Sklaven mit

Hunden, Lieblingsaffen, von denen einer seinem Träger
entwischt und auf das Dach des Palankins gehüpft
ist, gehen voraus. Noch interessanter sind die Reliefs
und Malereien aus dem mittleren Reich in den anderen
Kapellen, deren Stil von wundervoller Freiheit und
prächtiger Technik ist. Auf keinem andern privaten,
d. h. nicht pharaonischen Monument finden sich
ähnlich schöne Darstellungen, bei denen die Künstler
von Cusae ganz frei von der alten Tradition sich
einen eigenen Weg gebahnt haben. Diese Künstler-
schule mag gegen Ende der sechsten Dynastie ent-
standen sein, in der zwölften ihren Höhepunkt erreicht
haben und ging erst dann abwärts. Eine Fisch- und
Jagdszene in einer Kapelle und Darstellungen von
Beduinen mit ihren Viehherden sind besonders be-
merkenswert. Erst in der spätesten Kapelle, der des
Gaugrafen Ukhuhotep III., tritt anstatt des prachtvollen
Naturalismus der früheren Künstler ein ausdrücklicher
Manierismus hervor. Die Menschen haben schmale
Taillen, volle Büsten und breite Hüften. Während
früher die rote Farbe für das Fleisch vorherrschte,
sind die Männer jetzt gelb getont wie die Frauen.
Das Departement der Altertümer in Ägypten hat vor-
erst nur für den Schutz der Kapelle des Pepiankh
gesorgt und leider noch nichts für die andern Gräber
mit ihren wundervollen Darstellungen getan.

Die Qräcorömische Abteilung des Egypt Exploration
Fund begann ihre Arbeiten zu Atfieh und zog von
dort westlich nach der Wüste südlich von Oxyrynchos,
war aber nicht besonders glücklich außer in der
Identifizierung und oberflächlichen Untersuchung einer
großen Anzahl ptolemäischer Stätten. In der ptole-
mäischen Periode war hier eine starke Bevölkerung
und eine hervorragende Zivilisation, die bis weit in
die Römerzeit hinein anhaltend blieb.

Reich war die Ausbeute, die die British School
unter Flinders Petrie in verschiedenen Gebieten ge-
wonnen hat. — Wie schon früher gemeldet, hat man
zu Memphis auf einem hohen Hügel im Norden den
Palast des Apries, der sich über zwei Acres Land
erstreckte, gefunden. Der Plan des Palastes konnte
erkannt werden, da die meisten Mauern noch manns-
hoch standen. Ein prachtvolles Silbergerät mit einem
goldenen Hathorkopf, zahlreiche Bronzen, Schuppen-
panzer und Waffen wurden gefunden. Der Palast hat
eine Höhe von 15 m erreicht, die Höfe bedeckten
über 30 qm und der Hügel, auf dem der Palast
stand, ragte 16 m über der Ebene empor. Persische
Siegel und aramäische Paketadressen wurden u. a.
gefunden. Ein großer Palastpylon, der aus der Zeit
des Sesostris I. stammt, war niedergelegt. Er war
einst 7 m hoch und trug Szenen der Installation des
Kronprinzen in feierlicher Sitzung. — Bei der Auf-
räumung des Ptahtempels wurden Teile eines Heilig-
tums aus Quarzit gefunden, das von Amenophis III.
herrührt. An dem Nordtore der Stadt fand sich eine
Schwelle, die denselben König als den Erbauer dieses
Tores nennt. Diese Entdeckung ist darum von be-
sonderem Interesse, weil Herodot (II, 101) schon den
Amenophis (Moeris) als Erbauer dieses Tores nennt
und sich hier wieder als vortrefflich unterrichtet er-
 
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