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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0318

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Stiftungen — Vermischtes

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abgesehen davon, daß wir wissen, daß die Farbe auch in
ihr eine Rolle spielte. Es ist daher anzunehmen, daß
andere römische Porträts, die dieselbe Behandlung des
Schädels aufweisen und die gewöhnlich als Kahlköpfe an-
gesehen wurden, in ähnlicher Weise ebenfalls nur für Gips-
oder Farbenauflagen vorbearbeitet waren. Edward Robin-
son, der ausgezeichnete Archäologe und Direktor des
Metropolitan-Museums of Art, der diese Hypothese aus-
spricht, verweist dafür auf die Nummern 196—200, 833/34
und alle die sog. Scipionen-Köpfe bei Arndt-Bruckmann,
»Griechische und Römische Porträts«. — m.

Paris. Der Louvre, der von Roger van der Weyden
bisher nur zwei schlecht beglaubigte Arbeiten besaß, hat
jetzt für den etwas amerikanisch klingenden Preis von
achthunderttausend Francs die Kreuzigung gekauft, die dem
Herzog von Westminster gehörte und von seiner Tochter
dem bekannten Händler Kleinberger verkauft worden war.
Es ist ein dreiteiliges, sehr wohl erhaltenes Bild aus der
besten Zeit des Malers: auf dem Mittelbilde Christus zwischen
Maria und Johannes, auf den Flügeln links Johannes der
Täufer, rechts Magdelena. Da die primitiven Niederländer
im Louvre nicht besonders gut vertreten sind, darf man die
Neuerwerbung mit Genugtung begrüßen.

London. Der Ausstellungsraum der Abteilung für
Handzeichnungen und Drucke (Department of Prints
and Drawings) im britischen Museum ist am 16. August
geschlossen worden. Der Studiensaal wird ebenfalls
wahrscheinlich schon im Laufe des September geschlossen,
so daß die Sammlungen für einige Monate nicht zugänglich
sein werden, weil sie nach den neuen Räumlichkeiten über-
geführt werden, die in den kürzlich errichteten Galerien an
der nördlichen Seite des Museums definitiv vorgesehen sind.
Die neuen Räumlichkeiten sollen dem Publikum im Jahre
1914 geöffnet werden.

STIFTUNGEN
Eine Stiftung für bildende Künstler. Josef Kowarczik,
der kürzlich verstorbene Frankfurter Bildhauer, hat eine Stif-
tung von 120000 M. errichtet, deren Zinsen alle drei Jahre
an deutsche, österreichische und deutsch-schweizerische
Künstler unter besonderer Berücksichtigung solcher aus den
Gebieten Darmstadt, Karlsruhe, Frankfurt a. M., Düssel-
dorf, Stuttgart und Straßburg verteilt werden sollen. Mit
der Verwaltung der Stiftung ist der Straßburger Gemeinde-
rat betraut. Nach dem Tode der Witwe des Stifters soll
das Stiftungsvermögen auf eine Million erhöht werden.

VERMISCHTES
Unzüchtige amtliche Postkarten der Dresdner
Galerie. Dieser Tage wurden im Auftrag der Berliner staats-
anwaltschaft bei der Dresdner Kunstanstalt Römmler & Jonas
4000 Stück Postkarten der Venus von Giorgione als un-
züchtig mit Beschlag belegt, die diese Kunstanstalt im
Auftrage der Generaldirektion der Kgl. Sammlungen für
Kunst und Wissenschaft hergestellt hat und die in der
Dresdner Galerie verkauft werden. Diese Postkarten tragen
auf der Vorderseite neben dem sächsischen Wappen mit
der Krone die Aufschrift: Amtliche Ausgaben der General-
direktion der Königlichen Sammlungen zu Dresden. Der
Generaldirektion gehören an: Kultusminister Dr. Beck,
Exzellenz, und drei Geheime Räte, darunter der bekannte
Kunsthistoriker Dr. W. v. Seidlitz. Diese Herren haben
also nach Ansicht der Berliner Staatsanwaltschaft und des

erkennenden Gerichts unzüchtige Postkarten herstellen und
verteilen lassen und müssen es nun erleben, daß diese
Postkarten nebst zugehörigem Klischee mit Beschlag belegt
und später vernichtet werden, wenn nicht Se. Maj. der Kaiser
und König von Preußen im Gnadenwege die amtlichen Post-
karten der Dresdner Galerie freigibt. Ein anderer Weg ist
nämlich nicht möglich. Der Verlauf dieser Sache ist
folgender: in Berlin werden bei irgendwelchem Händler
u. a. zwei Postkarten der Dresdner Galerie weggenommen.
Mit dem anderen Zeug werden sie vom Staatsanwalt für
unzüchtig erklärt. Der Händler wird zu der üblichen Strafe
verurteilt; außerdem beschließt das Gericht, daß die Lager-
vorräte der Postkarten eingezogen und die Klischees ver-
nichtet werden sollen. Von alledem erfahren Drucker und
Verleger nichts, bis das Urteil rechtskräftig geworden ist
und die beauftragten Kriminalbeamten erscheinen und die
Lagervorräte nebst den Klischees mit Beschlag belegen.
Rechtsmittel gegen dieses Verfahren gibt es nicht, denn
das Urteil ist rechtskräftig. Die Geschädigten können nur
die Gnade des Landesherrn anrufen. Es wäre sehr er-
freulich, wenn im vorliegenden Falle der sächsische Kultus-
minister, der Vorsitzende der Generaldirektion der König-
lichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, beim
König von Preußen darum einkäme, daß die Postkarten
der Dresdner Galerie »aus Gnaden« freigegeben würden.
Noch erfreulicher wäre es, wenn der Minister beim Bundes-
rate beantragte, diesem himmelschreienden Verfahren end-
lich einmal ein Ende zu machen. Denn das Schlimmste
bei dieser Sache ist, daß sich dasselbe Verfahren jeden
Tag wiederholen kann. Dieselbe Postkarte kann morgen
in Kattowitz oder in Gumbinnen, in Ansbach oder sonstwo
im Deutschen Reiche für unzüchtig erklärt werden. Dann
erhalten die Dresdner Kriminalpolizeibeamten wieder den
Auftrag, die Postkarten in Dresden zu konfiszieren, die
vielleicht eben erst durch die Gnade des Königs von Preußen
freigegeben worden sind. Vor zwei Jahren wurde dieselbe

— damals allerdings noch nicht amtliche — Postkarte in
Pforzheim verurteilt, durch die Gnade des Großherzogs
von Baden aber wieder freigegeben. Der Vertreter der
Firma Römmler & Jonas erklärte übrigens den konfiszieren-
den Beamten, auch in der Dresdner Galerie läge noch ein
ansehnlicher Vorrat der als unzüchtig verurteilten Postkarte,
sie möchten sich auch dorthin bemühen, denn was einem
Privatmann recht sei, sei doch gewiß auch einem öffent-
lichen Institut billig. Die Beamten erwiderten aber, sie
hätten dazu keinen Auftrag. Bis jetzt — drei Tage nach
der ersten Konfiskation — ist denn auch noch kein Kriminal-
beamter in der Dresdner Galerie erschienen. Ist dies aber

— so müssen wir fragen — recht und billig? Wann
werden diese heillosen Zustände endlich einmal im Deut-
schen Reiche aufhören? P.Sek.

Im Anschluß hieran sei mitgeteilt, daß soeben zwei
im Verlage E. A. Seemann erschienene Postkarten von
Bildern des Leipziger Museums, die auf Veranlassung des
verstorbenen Direktors Geheimen Hof rats Theodor Schreiber
hergestellt und bis jetzt anstandslos im Museum verkauft
wurden, ebenfalls im Auftrage des Staatsanwalts beschlag-
nahmt wurden: es sind dies »Adam und Eva« von W. Müller-
Schönefeld und das weltbekannte »Odysseus und die Si-
renen« von Otto Greiner (der wegen seiner ausgezeichneten
Akte durch den Titel eines Dr. med. honoris causa aus-
gezeichnet wurde). Greiners Gemälde ist dem Leipziger
Museum vom früheren Oberbürgermeister Geheimrat Otto
Georgi geschenkt worden!

Inhalt: Das Meisterwerk von Qysbert d'Hondecoeter. — H. Rasch f. — Stradonitz-Denkmal in Bonn; Geröme-Denkmal in Vesoul; Sluter-Denkmal
in Dijon. — Hausaltärchen in Weißenburg; Deckengemälde von Gauguin; Das verschollene Tiepolobildnis. — Ausstellungen in München,
Hamburg, Altona, Düsseldorf, Amsterdam, Warschau. — Museum der bild. Künste in Leipzig; Zentrale für Museumskataloge; New Yorker
Museum; Louvre in Paris; Departement of Prints and Drawings in London. — Stiftung für bildende Künstler. — Vermischtes.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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