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Kunstwart und Kulturwart — 33,1.1919-1920

DOI Heft:
Heft 6 (2. Dezemberheft 1919)
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Fuchs, Emil: Friede auf Erden!
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https://doi.org/10.11588/diglit.14436#0287

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und Erwerbsgier. Arbeiten wir für den Weltfrieden, der jeder schaffenden
Kraft ihre Freiheit und ihren Wert gibt — für die andern. Arbeiten wir
für eine Weltgemeinschaft, da ein jeder vom schaffenden Glück der andern
lebt und nicht von ihrem Leiden und Sterben! Sie können uns noch quälen,
aber sie können uns nicht zerdrücken, wenn wir den Weg gehen, auf den
die Sehnfucht der Besten aller Welt unsere Politik geleitet.

„Unsere Politik?" Ia, auch unsere Politik. Sie muß sich einstellen auf
die Forderung, aus dem fogenannten Völkerbund einen echten, innerlichen
Bund der Völker zu machen. „Also eine Politik der Resignation, die wir
treiben, weil wir — leider — nicht anders können?" Kann denn fo nicht
eine Politik fein, die vom Wollen der Besten nach diesen Zeiten der schweren
Not in unserm ganzen Volke geweckt und als Ausdruck seines Sehnens von
ihm getragen wird? Ist es denn nicht die einzige Politik, die der stillen
Freundlichkeit des den Fremden so unbekannten deutschen Volkscharakters
wirklich entspricht? Besinnt euch, ihr alle, die ihr noch in Gedanken lebt,
als gäbe es Größe eines Volkes nur dadurch, daß es andere überragt an
Besitz, Ansehen und Macht. Es war einer, der sprach: „Wer unter euch
will der Größte sein, der sei aller Knecht!"

Nun führen wir heute in Deutschlands innerer Politik den Kampf, wer
am schwersten belastet werden soll von der großen Not, wer ein wenig über
dem andern bleiben darf. Die ihr diesen Kampf für euren Stand kämpft,
sagt: Kann daraus die Kraft kommen, die uns mitsammen aufrecht erhält?
„Aller Knecht" — wir wollen nur darum kämpfen, daß man unsere Kräfte,
Kenntnisse, Gaben und geistigen Schätze unserm Volke besser als zuvor
bieten läßt, und vertrauen, daß man dann auch- die nährt und kleidet und
geistig gesund erhält, die solches bieten. Ihr Anternehmer und Beamten,
wo Angst vor Streiken und Zerstören ist, da stellt euch s o ein, und ihr werdet
stark sein und zur Stärke des deutschen Volkes beitragen. Wollen wir
„sozialisieren", können wir das? Wir wollen einen gemeinsamen Weg
suchen, der eines jeden Wert und Menschenkrast zur höchstmöglichen Lei«
stung entwickelt — für unser Volk. Das aber heiße: für die Menschheit, —
denn nun soll unser Volk den Weg suchen, auf dem dasselbe auch möglich
wird von Volk zu Volk. Einen Weg, der zum „Dienen" führt, wie von
Mensch Zu Mensch, so von Volk zu Volk, den Weg der großen Sehnsucht.

„Frieden auf Erden". Ist das Dunkel, in oem wir stehen, Weihnachts-
dunkel? Gewiß, jetzt sind die Geister noch verwirrt. Sie wissen sich nicht
zurechtzufinden zwischen den Trümmern alter Irrtümer. Aber manchmal
berührt es einen doch bei all dem Gären und Ringen dort aus dem einen
Menschen, dort aus einem andern — daß das Hsrz zu klopfen und zu
fragen beginnt: „Wird der tzimmel sich auftun und der Sang der Engel
beginnen und es als die große, tragende Sehnsucht durchs ganze deutsche
Volk schallen, für alle seine großen Aufgaben nach innen und außen: „Friede
auf Erden" ? Wo die Sehnsucht herrscht, da ist Iugend und Zukunft. „ES
ist ein Ros enffprungen — mitten im kalten Winter." Deutscher — Deut-
sches Volk — wird es Weihnachten für uns?

T

H>7uß es immer so sein, daß die Gier nach Erwerb, Besitz und Macht
pärker ist als das heilige Gemeinschaftsziel? — Muß es auch immer
wieder so sein, daß die enge Kurzsichtigkeit sich gar keine andere Menschen--
ordnung denken kann als die bestehende, jetzt müssen wir sagen: als die bis-
herige? Man sollte meinen, in solchen Zeiten, wo alles wankt, alles sich Lndert,

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