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Lampe, Peter
Ad ecclesiae unitatem: eine exegetisch-theologische und sozialpsychologische Paulusstudie — 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48669#0200

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195

Jemand nimmt dann eine Gruppe als attraktiv wahr, wenn er
oder sie zwischen sich und der Gruppe ähnliche Einstellungen
und Werte entdeckt.5 4
Freilich, auch wenn eine Gruppe nicht als attraktiv τ τ
wahrgenommen wird, kann sie gewählt werden, falls die
Vergleichsalternativen (allein bleiben, andere Gruppen) noch
weniger locken oder - falls sie locken - wesentlich
schwieriger verfügbar sind. Kosten-Nutzen-Proportionen spielen
hier eine Rolle.5 5
Auf den ersten Blick musste paganen Zeitgenossen eine
christliche Gemeinde wenig anziehend erscheinen. Sie
verkündigte die skandalöse Lehre vom Heilstod ihres Stifters
am Kreuz: ein Anstoss (Gal 5,11), eine Torheit (IKor 1,18 ff),
da das Kreuz als das Verrufenste galt. Auch ein Blick in eine
Gemeindeversammlung konnte wenig reizen: "Nicht viele Weise
nach weltlichen Massstaben, nicht viele Einflussreiche, nicht
viele mit guter Abkunft" (IKor 1,26; cf. 11,30), obwohl es
wenigstens einige davon gab, wie die Formulierung festhält.
Der korinthische Magistratsbeamte Erastus gehörte zu diesen
(Röm 16,23). Aber er war so aussergewöhnlich im kirchlichen
Szenario, dass sein Beruf gegen sonstige Gepflogenheit
hervorgehoben wurde. Die Gemeinden Makedoniens waren arm (2Kor
8,2). Einzelne hungerten in Korinth.5 6 Den Heiden erschienen
die christlichen Führer als lächerliche Figuren (IKor 4,9-13);
ihre törichte Kreuzes-Predigt genügte weder griechischen noch
jüdischen Ansprüchen (IKor 1,18ff.22). Und so freimütig Paulus
dies alles zugab, es wurde heidnischerseits bestätigt: Eine
"superstitio" stehe hinter dem christlichen Getue (z.B. Plin.
ep. 10,96,8).
Es sieht zunächst so aus, als habe Kohäsion in den
paulinischen Gemeinden sich trotz des Attraktivitätsgrades
bilden können. Die äussere Erscheinung der Gemeinden lockte
Zeitgenossen wenig, sich um Mitgliedschaft zu bewerben, es sei
 
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