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Lampe, Peter
Ad ecclesiae unitatem: eine exegetisch-theologische und sozialpsychologische Paulusstudie — 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48669#0237

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232

Gemeindeglieder "wegen ihres Werkes" anzuerkennen (IThess
5,12f), noch nicht wegen einer ihnen qua Amtes innewohnenden
Würde. Im Gegenteil: Paulus’ Ermahnungen, sie anzuerkennen und
Frieden zu halten (5,12f; im Blick auf Gemeindedelegierte Phil
2,29 und IKor 16,16.18b), durften den Blick frergeben auf
eine Szenerie, in der de facto solchen "Spezialisten" gerade ~~
nicht genügend Respekt gezollt, in der vielmehr gestritten
wird, kurz, in der noch viel in Bewegung ist.118
Wie wenig Kompetenz die lokalen "festen" oder
"spezialisierten" Funktionsträger im übrigen zumindest in
Korinth haben, zeigt sich daran, dass sie weder einen
zentralen Kassenfond verwalten (IKor 16,2 παρ’ έαυτω) noch
Kirchenzucht ausuben (IKor 5).119 Nicht einmal Streit
schlichten sie zwischen Christen (IKor 6).1 2 0 Bei Missständen
auf Ortsebene bittet Paulus nicht sie, korrigierend
einzuschreiten. Den Gottesdienst leiten und ordnen sie nicht,
so dass Paulus selber eingreift (IKor 14). Sie bilden kein
Presbyterium, wie judenchristliche Gemeinden es kennen. Aus
der Luft gegriffen ist darüber hinaus Rohde’s Vermutung, die
Hausgemeindeleiter bildeten ein Leitungsgremium der gesamten
Ortsgemeinde; es war schon, wenn wir solch klare Strukturen
erkennen könnten.1 2 1
Pneumatische Bewegtheit sorgt für spontane Interaktionen in
den Gemeindeversammlungen. In Korinth stellt sich die
Spontaneität zuweilen sogar als rechtes Durcheinander dar
(ακαταστασία IKor 14,33.31), in das Paulus ein wenig Ordnung
zu bringen versucht (14,26-40).
Kurz, der Interaktion und Kommunikation sind noch wenig
strukturelle Grenzen gesetzt. Es behindert einzig, dass die
Ortsgemeinden geographisch so weit auseinander liegen.
4. Fassen wir zusammen. Kohäsion einerseits und
Kontakthäufigkeit, interpersonelle Beziehungen, Kommunikation
innerhalb der Gruppe andererseits sind abhängige Covariablen,
die sich kausal gegenseitig bedingen. So lässt sich beides
sagen: Die Reisen beispielsweise trugen zur überregionalen
Kohäsion bei. Sie wurden aber andererseits nur deshalb
unternommen, weil bereits überregional Kohäsion existierte,
die Gastfreundschaft ermöglichte.
Geographische Mobilität war im paulinischen Christentum
ein über den Paulusmitarbeiterkreis hinaus verbreitetes
Phänomen.
Sicherten die Reisen ein Mass überregionaler Kohäsion, so
fand das Gros der interpersonellen Beziehungen freilich in den
 
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