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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0064

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Wilhelm Messerer


32. Juvenianus überreicht St. Laurentius den Codex.
Fol. 2r des Juvenianus-Codex

mäßige der Durchzeichnung ist all den genannten Werken eigen, zugleich ist es der gradlinige oder nur
leicht gebogene, immer aber unstraffe Duktus der einzelnen Linie, was eher den Vergleich eines Netz-
werks als den eines Gerüstes herausfordert. Das Nebeneinander von Enge und Härte mit strukturloser
Weichheit zeigen ebenso etwa das Widmungsbild mit Juvenianus (Abb. 32) wie die Malereien von
S. Prassede9.
Eine Reihe von figuralen Einzelheiten unterstützt diesen Vergleich des allgemeinen Charakters. Man sehe
zum Beispiel (Abb. 31) die Art, wie die Hüfte mehrfach durch einen Bogen nach oben bezeichnet wird,
der aber nicht geschlossen ist, die wie „zusammengerutschten“ Gesichter10, die Art, wie ein vorgestreckter
Arm aus dem leicht gebuckelten (eher blasigen) Rücken herausgeholt ist11, die Streifen aus zwei oder drei
Faltenlinien. Allerdings sind die Formen nirgends identisch oder von der genau gleichen Handschrift.
Mehr vom Wesen der sich bewegenden oder verhaltenden Figur zeigt das Sitzmotiv, das im Widmungs-
bild des Codex bei S. Laurentius (Abb. 32) und mehrmals in den Wandmalereien in S. Prassede12, dort
aber noch steifer, wiederkehrt. Das rechte Bein ist ganz in die Fläche geklappt, der Oberschenkel ist
ganz waagrecht, der Unterschenkel senkrecht, und diese Richtungen (nicht aber etwas von der anato-
mischen Struktur der Glieder) zeichnen sich deutlich durch das Gewand ab. Dieses Sitzen steht in Kor-
respondenz zum Stuhl, der ganz an den Bildrand geschoben ist. „Sitzen“ ist also nicht von einer körper-
lichen Mitte her und auch nicht als „Gebärde“ geistigen Verhaltens (wie bei ottonischen Evangelisten)
veranschaulicht, sondern als eine Entsprechung zu bestimmten Grundrichtungen verstanden.
9 Abb. Wilpert, a. Anm. 3 a. O., 4. Bd., T. 202f.
10 Vgl. Wilpert, a. Anm. 3 a. O., 3. Bd., T. 114, 1 und 5.
11 Juvenianus und Zenokapelle; Wilpert, a. Anm. 3 a. O., 3. Bd., T. 115.
12 Wilpert, a. Anm. 3 a. O., 4. Bd., T. 202f.
 
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