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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0312

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PAUL BRIL IN CAPRAROLA

(Zur Malerwerkstatt des Vatikan und zu ihren Ausstrahlungen 1570-1590)
von Hanno Hahn (j-)*
Einen Teil der schon 1559 unter Leitung von Taddeo Zuccari begonnenen und nach dessen Tode (1566)
von seinem Bruder Federigo fortgeführten malerischen Ausstattung des damals noch im Bau befindlichen
Palastes Kardinal Alessandro Farneses in Caprarola bilden größere und kleinere, der Gesamtdekoration
der Räume eingefügte und untergeordnete Landschaftsfresken. Die meisten sind als Einzelbilder von
mittelmäßiger Qualität und auf Grund ihrer im folgenden näher zu charakterisierenden Stileigentümlich-
keiten den verschiedenen, uns zum Teil bekannten italienischen Mitarbeitern der Zuccari und ihrer
Nachfolger zuzuschreiben1 - aber nicht alle.
Einige etwas andersartige dieser Fresken sind vom jungen Bartholomäus Spranger gemalt, was wir von
dessen Freund und Kollegen gemeinsamer römischer Jahre, Karel van Mander, erfahren2.
Eine dritte Gruppe von Malereien hebt sich stilistisch deutlich ab, reine Landschaften, ohne daß sie,
soweit ich sehe, bisher gesondert Beachtung gefunden hätten. Ihre repräsentativsten, in der Qualität
allerdings unterschiedlichen Vertreter befinden sich in der Bramantes Wendeltreppe im Vatikan nach-
gebildeten, monumentalen Scala Regia. Die Ausmalung dieses Treppenhauses ist unter Leitung von
Antonio Tempesta, wie es scheint als eine der spätesten aller Ausstattungsarbeiten innerhalb des Palastes,
erst um 1580-1583 erfolgt3. Diese Daten verzeichnen Inschriften an Ort und Stelle, ,,1580“ oberhalb des
Abschlußgesimses (nur von einer Öffnung in der Gewölbekalotte aus sichtbar), ,,1583“ in einer der zur
Erreichung der Außenwand wegen des Treppenrunds tief eingeschnittenen Fensternische in der Höhe des
Piano Nobile (durch eine Seitentür der Sala di Ercole begehbar).
Gleiche Stilmerkmale zeigen drei wesentlich kleinere Landschaften, zwei in der Sala di Ercole (auch Sala
Regia genannt), und zwar die beiden Ansichten der Ortschaften Ronciglione und Caprarola, oben, zu
beiden Seiten der Brunnenanlage, sowie ferner eine Sopraporte im Hofumgang des gleichen Stockwerks4.
Die entsprechenden Wandfelder waren offenbar bis gegen Ende der Ausstattungstätigkeit leer geblieben
und wurden erst gleichzeitig mit der Arbeit im Treppenhaus ausgemalt.
Diese dritte Gruppe von Landschaften halte ich für Werke von Paul Bril, wahrscheinlich in Zusammen-
arbeit mit seinem Bruder Matthäus (sowie Gehilfen) entstanden. Beide waren zum fraglichen Zeitpunkt
mit zahlreichen gleichgearteten Aufgaben in Rom im Vatikan-Palast tätig, Matthäus zudem in erwie-
sener Zusammenarbeit mit Tempesta. Da es für diese Zuschreibung jedoch vorerst keinerlei Quellen-
belege gibt, müssen die frühen römischen Arbeiten der beiden Niederländer sowie der Charakter der
Vatikan-Werkstatt, der sie angehörten, referierend betrachtet werden, ehe ich zu den genannten Fresken
in Caprarola zurückkehre.
* Der nachfolgende Aufsatz harrte seiner endgültigen Korrektur, als Hanno Hahn im August 1960 in Frankreich tödlich
verunglückte. Unmittelbar vorher konnte ich ihm noch Urkunden mitteilen, welche 1601/02 Auftrag und Zahlungen Asdru-
bale Matteis an Paul Bril für die ,,Feudi“-Bilder bezeugen (Arch. Ecc.ma Casa Antici-Mattei, Mazzo 41/1, f. 43; 41/11, f. 124).
Sie bestätigen seine frühe Datierung. Hanno Hahn hat seinem Wunsch, diese Notizen dem Umbruch nachträglich einzufügen,
noch brieflich Ausdruck gegeben. So habe ich das geschätzte Datum „um 1595“ auf S. 321 präzisiert und den Text von
Anm. 30 verändert. Gerda Soergel
1 Licia Collobi, Taddeo e Federigo Zuccari nel Palazzo Farnese a Caprarola, Critica d’Arte III, 1938, 70ff. (mit älterer Lit.);
Vasari, Vita des T. Zuccari, ed. Milanesi VII, 107ff., bes. 109 Anm. (mit Zusatz Federigo); Fritz Baumgart, La Caprarola di
Ameto Orti, Roma 1935, und ders., Zusammenhänge der niederländ. mit der ital. Malerei in der 2. Hälfte des 16. Jhs., Marburger
Jb. f. Kunstwiss. 13, 1944, bes. 214 und 221 ff.; Friedrich Antal, Zum Problem des niederländischen Manierismus, Krit. Berichte
z. kunstgesch. Lit. I/II, 1927/1929, 207ff., bes. 227f. (dort heißt es S. 228, Anm. 1: „Eine gründliche Untersuchung des gesamten
Komplexes wird wichtige kunsthistorische Überraschungen gerade in bezug auf den Zusammenhang Caprarolas mit den Nieder-
ländern ans Licht bringen“).
2 Sie werden hier nicht betrachtet, um einer gerade abgeschlossenen Wiener Dissertation von Konrad Oberhuber über Spranger
nicht vorzugreifen. Vgl. van Mander, Das Leben der niederländischen und deutschen Maler, ed. H. Floerke, 1906, II, 127 ff.
(Vita des Spranger), 143; Helen Noe, Carei van Mander en Italie, s’Gravenhage 1954 (mit der besten Bibliogr. über die gesamten
Z usammenhänge).
3 Giovanni Baglione, Vite . . . (1642), ed. V. Mariani 1935, 314 (Vita des Tempesta).
4 Weitere Landschaften dort wie in der Scala Regia sind so zerstört, daß sie nicht mehr zu beurteilen sind.
 
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