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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0217

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DIE CAPPELLA CESI IN S. MARIA DELLA PACE
UND DIE ZEICHNUNGEN DES ANTONIO DA SANGALLO*

von Günter Urban
Im Dezember 1482 legte Papst Sixtus IV. den Grundstein zu S. Maria della Pace, einem Kirchenneubau,
der nicht nur von der besonderen Verehrung des päpstlichen Bauherrn für die hl. Gottesmutter künden,
sondern als bleibendes Zeugnis der Verherrlichung des Friedens dienen sollte1. Die neue Marienkirche
wurde jedoch erst unter Papst Innozenz VIII. vollendet; der ehemalige Hauptaltar trägt die Jahres-
zahl 1490, und um diese Zeit wird man den Abschluß der Arbeiten annehmen dürfen.
S. Maria della Pace gehört zu den wichtigsten Zeugen der an das antike Erbe der Ewigen Stadt anknüp-
fenden Frührenaissance-Baukunst in Rom2. An ein kurzes vorbauähnliches Schiff, überdeckt mit joch-
verschleifenden Kreuzgratgewölben, schließt sich ein Oktogon an, das von einer Stufenkuppel in Analogie
zum Pantheon bekrönt wird. Der kurze Saalbau besaß, wie Zeichnungen des 16. und 17. Jahrhunderts
bezeugen, an beiden Längsseiten je zwei gleich ausgebildete halbkreisförmige, aus der Wandmassen-
substanz ausgeschälte Nischen. Das Oktogon war alternierend mit halbrunden „cappelletten“ und recht-
eckigen ,, tri bu netten“ versehen, wobei die Harmonie im gleichförmigen Wechselablauf nicht durch eine
gesondert hervorgehobene Chornische gestört wurde.
Im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts wurde die Kirche mehr und mehr zu einem reich ausgestatteten
Kleinod. Bramante, Peruzzi, Raffael, Maderno, Sangallo und Cortona, um die bedeutendsten Künstler
zu nennen, haben dem Kirchenbau schließlich sein heutiges Gepräge verliehen.
So ließ um 1514 Agostino Chigi die nach ihm benannte Kapelle von Raffael ausmalen.
1516 wurde die Grabkapelle der Familie Ponzetti mit Fresken von Baldassare Peruzzi geschmückt.
1611-1614 schuf Carlo Maderno die heutige Chorkapelle im Oktogon.
1627, besonders aber zwischen 1656 und 1661, hatte Papst Alexander VII. die Kirche restaurieren und
ausschmücken lassen. Die von Pietro da Cortona vorgenommenen Veränderungen bestimmen heute den
Gesamteindruck des inneren Raumgehaltes.
Während jedoch die Chigi- und die Ponzetti-Kapelle ihren bestimmenden. Gehalt dem Freskenschmuck
verdanken und das architektonische Grundschema der Nischen dabei weniger verändert wurde, ist im
16. Jahrhundert eine Saalbau-Nische in ihrer gesamten Substanz umgestaltet worden, die sogenannte
Cesi-Kapelle.
Die Cappella Cesi ist, vom Westeingang der Kirche aus gerechnet, die zweite Kapelle an der rechten
Längswand des Saalvorbaus. Zwischen dem Eckpilaster zur Oktogonwand und dem Mittelpilaster
des zweijochigen Raumes eingespannt, nimmt die reich mit Skulpturen und Ornamenten überzogene
Kapellen-Eingangswand {Abb. 144) die gesamte lichte Jochbreite von 28 röm. palmi (= 6,25 m) ein3.
Die Mitte wird von dem Eingangsbogen, dessen Durchmesser 122/3 p. beträgt, beherrscht; die Arkade weist
die klassische Faszienteilung auf, wobei die obere Faszie ganz von einem Kyma ausgefüllt wird. Über
dem Arkadenscheitel halten zwei Putten das Wappen der Familie Cesi; der Wappenrand grenzt an das
Hauptgesims.
Der Aufbau der beiden Flanken von je 72/3 p. ist dreizonig. Die erste Zone wird durch ein hohes Sockel-
geschoß bestimmt, wobei der Sockelfuß aus attischer Basis auf einer Plinthe ruht, höhengleich dem
Pilasterfuß der rechten Begrenzung. Das Sockelfeld wird gleichmäßig von den Wappen des Stifters
gerahmt. Zwischen den Wappen erscheint jeweils ein ausgespartes Ornamentfeld. Die Sockelbank ziert
ein Mäander.
Der zweite Abschnitt mag als Figuren-Nischenzone interpretiert werden. Jeweils auf gerahmten Sockeln
stehend, wird die linke Nische von Petrus, die rechte von Paulus ausgefüllt. Das Haupt, von der gerie-
felten Nischenmuschel umgeben, scheint auf ein imaginäres Zentrum vor dem Kapellen-Eingang ge-
wandt. Die Nischen sind mit eigenen großen Rechteckfeldern in die Fläche eingetieft und werden beider -

* Siehe den Nachtrag auf der gegenüberliegenden Seite.
1 Vgl. bes. C. Fea, Pro memoria dell’avvocato D. Carlo Fea . . . per la venerabile chiesa di S. Maria della Pace, Rom 1809.
2 Zur Baugeschichte und stilistischen Stellung von S. Maria della Pace vgl. G. Urban, Die Kirchenbaukunst des Quattrocento
in Rom, Röm. Jahrbuch für Kunstgeschichte, Bd. IX (im Druck).
3 1 röm. p. = 0,2234 cm; vgl. Th, Hofmann, Entstehungsgeschichte des St, Peter in Rom, Zittau 1928, S. 53.
 
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