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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0104

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Hans Thümmler

die Klostergründung gefördert und sind darum in die malerische Ausstattung der Kirche einbezogen
worden. Diese geschah bereits zu Lebzeiten des Königs um 1130. Er trägt auf dem Wandbild eine
Plattenkrone mit breiten Pendilien, deren Reif in ähnlicher Weise verziert ist wie auf der Krone
in Freckenhorst. Auch die Barttracht scheint, soweit auf dem Bildnis noch erkennbar, die gleiche ge-
wesen zu sein10.
Eine plastische Darstellung Kaiser Lothars wird in einem der lebensgroßen Sandsteinköpfe vermutet,
die über den Scheiteln der nördlichen Mittelschiffsarkaden in der einstigen Frauenklosterkirche zu Heck-
lingen in Anhalt angebracht sind (Abb. 69)11. Hier erscheinen sogar fünf Personen, darunter zwei
gekrönte. In den ungekrönten darf man wohl mit Recht Mitglieder aus der Familie der Grafen von
Plötzkau erblicken, die das Kloster nicht nur gegründet, sondern auch im frühen 12. Jahrhundert noch
sehr gefördert haben, zu einer Zeit, als Lothar III. König war. Dessen Gemahlin Richenza war mit der
Gräfin Adela sogar verwandt. Beide waren Enkelinnen des Grafen Otto von Nordheim. Der zum ersten
Male von W. Schubart ausgesprochenen Meinung, daß es sich bei den fünf Dargestellten um Lothar,
Richenza, Graf Helperich, seine Gattin Adela und ihren Sohn Konrad, bekannt unter dem Beinamen
„flos saxoniae“ („die Sachsenblume“), handeln müsse, ist bisher nicht widersprochen worden. Obgleich
Helperich schon 1118 gestorben, Konrad bereits 1132 in Italien gefallen war, das Kirchenschiff aber erst
im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts errichtet wurde12, ist die nachträgliche Ehrung der Stifter doch
nicht ungewöhnlich, zumal dem Kloster noch im Jahre 1176 eine Äbtissin aus der Stifterfamilie vorstand.
Wir wissen nicht, in welcher Beziehung die Königsfamilie zu dem Kloster in Hecklingen gestanden hat.
Vielleicht war schon das Lehensverhältnis der Stifter zu ihrem Königshaus - Konrad begleitete Lothar
auf einem Kriegszug nach Italien und wurde nach seinem dort erlittenen Soldatentod in der Familien-
stiftung zu Hecklingen beigesetzt - oder auch nur ihre Verwandtschaft mit diesem für sie Anlaß genug,
das Herrscherpaar in verständlichem Ahnenstolz in den Figurenzyklus mit einzubeziehen. Der König
trägt auch hier einen Backenbart. Die Krone ist nur mit einem Bügel versehen und hat keine Pendilien.
Das Reifenornament besteht aus einem ähnlichen Kreuzblatt wie auf den Kronen in Freckenhorst und
Prüfening. Aus stilkritischen Erwägungen sind die Hecklinger Köpfe in die zweite Hälfte des 12. Jahr-
hunderts zu datieren. Ob sie immer im Scheitel der nördlichen Mittelschiffsarkaden angebracht waren,
muß so lange fraglich bleiben, bis untersucht werden kann, ob die Steine etwa nachträglich eingefügt
sind. Auf der Fotografie sieht es nicht so aus. Ihr merkwürdiger Standort fände seine Erklärung darin,
daß die Köpfe auf diese Weise der im südlichen Seitenschiff eingebauten Frauenempore direkt gegenüber-
liegen. Da diese aber nach ihrer Formensprache kaum vor 1220 errichtet sein kann, ist die Anbringung der
Köpfe an dieser Stelle schon um 1180 nicht mehr so einleuchtend13. Soviel dürfte aber sicher sein, daß die
Köpfe, auch wenn sie vorher an einer anderen Stelle sich befunden haben sollten, immer dieselbe Größe
hatten wie heute und nicht etwa unten verkürzt wurden oder gar von einst ganzen Figuren übrig geblie-
ben sind, wie Schubart meint. Das lehrt ein Vergleich mit einem ähnlichen Zyklus von Stifterköpfen in
Bevagna in Umbrien, bei denen einige auch so „abgeschnitten“ wirken, aber eindeutig im originalen
Zusammenhang stehen. Sie befinden sich an der Westfassade von S. Michele (Abb. 70). Unter ihnen ist
wieder ein gekröntes Haupt, in dem man wohl den Kopf Heinrichs VI. erblicken muß14. Dieser wird in
einer auf das Jahr 1195 datierten Fassadeninschrift an der benachbarten Pfarrkirche S. Silvestro neben
10 Eine durch Inschrift beglaubigte Darstellung des Kaisers Lothar und seiner Gemahlin befindet sich auf dem Krönungsbild
Heinrichs des Löwen in dem um 1175 in Helmarshausen entstandenen Braunschweiger Evangeliar, abgebildet bei P. E. Schramm,
a. a. O., Abb. 131.
11 Den Hinweis auf Hecklingen verdanke ich P. E. Schramm. — W. Schubart, Sachsenblume und Sachsenkaiser in der Kloster-
kirche zu Hecklingen, Bernburger Kalender 1934, S. 111—121. Hier alle Köpfe abgebildet. — Das Innere der Kirche bei L. Grote,
Das Land Anhalt, Berlin 1929, S. 30.
12 O. Gaul, Die romanische Baukunst und Bauornamentik in Sachsen, Magdeburg 1932, S. 67ff.
13 Schubart und Grote meinen, daß sich die Köpfe ursprünglich in einer untergegangenen Klosterkirche zu Kakelingen befunden
hätten und später in die nach Hecklingen verlegte Klosterkirche übeiführt worden seien. Dr. F. Koch, Hamburg, teilte mir
freundlicherweise mit, daß ihn eigene noch nicht veröffentlichte Untersuchungen zur Geschichte von Hecklingen zu der Über-
zeugung gebracht haben, einen Ort Kakelingen ganz ausschalten zu können, da für denselben Ort in den Urkunden abwechselnd
Kakelingen und Hecklingen vorkomme.
14 Das ist auch die Meinung von W. Krönig, Hallenkirchen in Mittelitalien, Kunstgeschichtliches Jahrbuch der Bibliotheca
Hertziana, 2. Bd., 1938, S. 15. — Die Kirchenfassade abgebildet bei U. Tarchi, L’arte nell’Umbria e nella Sabina II, Bergamo
1937, Tav. LXXIV.
 
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