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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0106

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Hans Thümmler

Apulien. Auch dort ist ein gekröntes Haupt dabei, das in seiner bartlosen Jugendlichkeit vielleicht
Friedrich II. darstellen soll15.
In diesen Zusammenhang gehören auch einige ganzfigurige Königsdarstellungen. So kommt Friedrich
Barbarossa als kleine Sitzfigur am linken Gewände des Westportals vom Dom zu Freising vor, begleitet
von dem stehenden Bischof Albert16. Auf der Gegenseite erscheint sogar die Kaiserin Beatrix. Man
verehrte in ihnen die Förderer des Domneubaues nach dem Brand von 1159, als Albert I. Bischof von
Freising war. Ein zweites Mal erscheint Barbarossa als kleine Standfigur in der Türleibung des Querhaus-
portals am Dom in Foligno vom Jahre 1201, die rechte Hand im Schwurgestus erhoben und in der linken
eine Schriftrolle haltend17. Ihm gegenüber steht Bischof Anselmo. Foligno war ein bedeutender Stütz-
punkt der Hohenstaufenpartei in Italien und durfte sich darum sicherlich mancher Gunst der staufischen
Kaiser erfreuen, was dann zu einer solchen Ehrung eines Staufers am Dom geführt hat18.
Für unseren Freckenhorster Fund scheinen mir die Hecklinger Köpfe die wichtigsten Vergleichsstücke
zu sein. Wenn es sich bei dem Dargestellten um einen zeitgenössischen König handeln kann, dann wäre das
wie dort Lothar III., der als Graf von Supplinburg 1106 Sachsenherzog, 1125 König und 1133 Kaiser
wurde. Bindeglied zwischen Freckenhorst und ihm könnte der Bischof Egbert von Münster (1127-1132)
gewesen sein, der den Neubau der Kirche im Jahre 1129 eingeweiht hat. In dieser Funktion wird er auf
dem Taufstein der Kirche ausdrücklich genannt. Egbert war aller Wahrscheinlichkeit nach von Herkunft
ein Sachse nach Lothars Willen19. Sein Vorgänger, Bischof Dietrich II. (1118-1127), war sogar ein direkter
Vetter des Sachsenherzogs und späteren Königs und von ihm gegen den Willen Kaiser Heinrichs V.
eingesetzt worden20. Bei den mit seiner Königswahl neu ausbrechenden Stammeskämpfen mußte Lothar
daran gelegen sein, wichtige Stellen mit Männern seines Vertrauens zu besetzen. Eines solchen durfte sich
Egbert in ganz besonderer Weise erfreuen. Wir treffen ihn nicht nur häufig im Gefolge des Königs, wie
zum Beispiel bei dessen Umritt durch Sachsen im Jahre 1129, sondern auch als seinen Gesandten in
allerhöchster politischer Mission. So bringt er während des päpstlichen Schismas Innozenz II. in Frank-
reich die Huldigung seines Königs und wird von ihm beauftragt, den Gegenpapst Anaklet II. in Rom zur
Abdankung zu bewegen, wozu es freilich nicht mehr gekommen ist. Bischof Egbert könnte wohl die
Anbringung des Kopfes in der seiner geistlichen Jurisdiktion unterstellten Stiftskirche veranlaßt haben.
Es wäre aber auch möglich, daß Vergünstigungen, die Lothar dem Stift Freckenhorst in ähnlicher Weise
gewährte, wie er es bei dem Kloster Prüfening im Jahre 1125 getan hat21, direkt und ohne Zutun des
Bischofs zur Anbringung seines Bildnisses an der Kirche geführt hätten. Daß es sich dabei nicht um eine
Porträtdarstellung handeln kann, versteht sich in dieser frühen Zeit von selbst. In dem bronzenen Bar-
barossa-Kopf aus Kappenberg will man zum ersten Male individuelle Gesichtszüge erblicken, die sich
aber wohl vorwiegend auf die Haartracht beziehen.
Da alle die hier genannten und mit der Sakralarchitektur fest verbundenen Königsdarstellungen nie
allein vorkommen, sondern immer entweder mit dem Bildnis eines Bischofs oder von Stifter-Persönlich-
keiten vereinigt sind, darf man für Freckenhorst wohl die Vermutung äußern, daß auch hier der König
nicht allein dargestellt war. Zu dieser Ansicht kommt man auch, wenn man sich einmal vorzustellen
versucht, wo der Kopf gesessen haben kann. In der Kirche ist nirgendwo ein Anhaltspunkt dafür gegeben.
Für den Innenraum ist es gerade charakteristisch, daß er völlig schmucklos gehalten war21a. Bauornamentik
15 C. A. Willemsen und D. Odenthal, Apulien, Köln 1958, Abb. 134, 135. — Darüber hinaus gibt es zahlreiche Köpfe und Büsten,
die einen mehr oder weniger idealisierten Kronreif tragen und als Konsolen unter Gewölberippen und Gewölbediensten besonders
in der französischen Baukunst des 12. Jahrhunderts immer wieder begegnen. Sie mit in die Betrachtung einzubeziehen, würde
den Rahmen des Beitrages sprengen.
16 H. Kablingeb, Die romanische Steinplastik in Altbayern und Salzburg, Augsburg 1924, Abb. S. 78, 80, 82.
17 M. Faloci Pulignani, Foligno, Bergamo 1907, Abb. S. 30, 31.
18 Im Kreuzgang von S. Zeno in Reichenhall erscheint Kaiser Friedrich (Barbarossa) als ganze Relieffigur mit Inschrift FRIDERIC.
IMP. an einem romanischen Fensterpfeiler, abgebildet bei H. Kablingeb, a. a. O., S. 46.
19 H. Böbsting und A. Schböeb, Handbuch des Bistums Münster, Münster 1946, S. 73ff.
20 H. Böbsting und A. Schböeb, a. a. O., S. 70ff.
21 Mon. Germ. Hist. Dipl. VIII, Nr. 4.
21a Inzwischen hat sich beim Fortgang der Restaurierungsarbeiten herausgestellt, daß in den Mauern des Chores und der
Seitenschiffe innen kräftige Säulenarkaden als Wandverzierung eingefügt waren. Dadurch ändert sich das bisher so schmuck-
los erscheinende Raumbild ganz entscheidend, und es wird möglich, innerhalb der Wandarkaden auch figürliche Dar-
stellungen wie unseren Kopf unterzubringen.
 
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