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Bibliotheca Hertziana [Editor]; Bruhns, Leo [Honoree]; Wolff Metternich, Franz [Honoree]; Schudt, Ludwig [Honoree]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0138

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134

Renate Wagner-Rieger

zunächst die in sich sehr einheitlichen Umgangskapellen und den Umgang aufführte (Abb. 81), wobei
man mit der Beibehaltung des Systems im Querhaus rechnete; im gleichen Arbeitsgang muß auch das
Polygongewölbe des Hochchores ausgeführt worden sein, dessen Bippenprofile mit denen der Umgangs-
und Kapellenwölbungen identisch sind. Dann allerdings kam es zu einer Planänderung, die gleichzeitig
mit einer Erhöhung des Vorjoches den Verzicht auf ein mehrschiffiges Querhaus mit Wölbung mit sich
brachte. Damit war der ursprüngliche, ganz französisch orientierte Plan durch einen anderen ersetzt,
der die heutige Gestalt der Kirche bestimmt. Für den Zeitpunkt dieses Planwechsels, der weniger mit
einer Bauunterbrechung als mit einem Wechsel in der Bauführung verbunden gewesen sein dürfte,
kommt, wie später zu erhärten sein wird, die Zeit zwischen dem Tode Karls I., 1285, und der Rückkehr
des bis dahin in aragonesischer Gefangenschaft lebenden Kar] II., 1289, in Frage. Die Nachricht von 1284,
daß der Bau vor der Vollendung stehe, wird man wohl auf den Chor beziehen können, dem damals noch
die Einwölbung des Vorjoches gefehlt haben muß14.
Um vom Quer- und Langhaus des Planes I von S. Lorenzo wenigstens eine schwache Vorstellung zu ge-
winnen, ist davon auszugehen, daß hiefür wohl ebenso wie für den Chor französische Zisterzienser bauten
als Vorbilder maßgebend gewesen sein dürften, wobei wiederum vor allem an Royaumont beziehungsweise
Longpont15 zu denken ist. Diese beiden Kirchen besaßen ein Querschiff, welches seitlich je um ein Joch
vorragte; in Neapel springt der rechte Querschiffarm, dessen Grenzen schon von Anfang an durch die
Klostertrakte festgelegt gewesen sein müssen, ebenso weit vor. In beiden französischen Kirchen besitzt
das Querhaus ein östliches Nebenschiff, für dessen Planung auch in Neapel die Kapitellhöhe der funktions-
losen Vorlagen an den Kapellenpfeilern spricht. Während die beiden französischen Vorbilder außer
dem östlichen auch ein westliches Nebenschiff zum Querhaus besitzen (in Royaumont wird es allerdings
im südlichen Arm durch den Kreuzgang verdrängt), läßt zumindest die heutige Tiefe des Querhauses
von S. Lorenzo nur knapp für ein östliches Nebenschiff Platz. Wenn man sich aber nun beim ursprüng-
lichen Plan für das Querhaus von S. Lorenzo an die französischen Vorbilder gehalten hat, so kann man
wohl auch für das Langhaus eine zu Royaumont und Longpont analoge Form, eine dreischiffige, gewölbte
Basilika annehmen. Diese Vermutung wird noch dadurch unterstützt, daß auch die anderen von Karl I.
in Süditalien gegründeten und geförderten Kirchen fast durchwegs dreischiffige Wölbebauten waren.
In S. Maria della Vittoria ist dies durch den ergrabenen Grundriß gesichert, wobei freilich der Aufriß
nicht näher fixiert werden kann. Ebenso war Real Valle als Wölbebau angelegt, was aus den Resten der
südlichen Seitenschiffwand deutlich wird. Ebenso wie S. Maria della Vittoria muß auch Real Valle ein
Querhaus mit Vierung besessen haben, für die 1279 vier große Säulen hergestellt wurden16. Fraglich
bleibt nur, ob beide Zisterzienserkirchen, für die nach 1282 Baunachrichten fehlen, auch tatsächlich
eingewölbt wurden. Die in Real Valle sowohl an der Seitenschiffwand wie auch im Kreuzgang in ein-
heitlicher Höhe endenden Wölbeansätze sprechen eher dagegen.
Neben diesen beiden Klosterkirchen könnte noch S. Eligio in Neapel (Abb. 84, 86-89) Aufschlüsse über
den Langhausplan von S. Lorenzo geben17. Die Kirche geht auf eine Gründung neapolitanischer Bürger
14 Wenn diese Annahme zutrifft, so ist Salmis Vermutung (a. a. O., S. 94, Anm. 10) nicht aufrecht zu halten, daß
Arnolfo di Cambio den endgültigen Bau schon bei seinem Aufenthalt im angiovinischen Königreich zwischen 1272 bis
um 1276 gesehen haben könnte. Trotzdem könnte Arnolfo für S. Croce Ideen von S. Lorenzo bezogen haben, da der
Florentiner Bau erst 1294 begonnen wurde, zu einer Zeit, da der Planwechsel in Neapel sicherlich schon Gestalt ange-
nommen hatte. Ja es wäre — ohne hier einen voreiligen Schluß ziehen zu wollen — ein gewisser Kontakt Arnolfos mit dem Plan-
wechsel nicht gänzlich ausgeschlossen; ist doch immerhin zu bedenken, daß nach Vasari (Milanesi I, p. 303) Nicola Pisano
einem Ruf nach Neapel nicht Folge leistete, sondern seinen Schüler Maglione schickte, der dort San Lorenzo baute. Ein
Schüler des Nicola aber war auch Arnolfo di Cambio. Zu diesem siehe besonders W. Paatz, Werden und Wesen der Trecento-
Architektur in Toskana, Burg b. M. 1937. — M. Salmi, Arnolfiana, Rivista d’Arte XXII, 1940, p. 133. — P. Cellini, Di Fra’
Guglielmo e di Arnolfo, in: Bollettino d’Arte 1955, p. 215. — M. Wundbam, Toskanische Plastik von 1250-1400, in: Zeitschrift
für Kunstgeschichte 1958, S. 243.
15 Dimier, Recueil de Plans d’eglises cisterciennes, Grignan—Paris 1949.
16 Schulz, Doc. CCXXIII und Bd. II, S. 215.
17 Von den übrigen Kirchenbauten Karls I. hat sich wenig für diesen Zusammenhang Brauchbares erhalten. Für S. Agostino della
Zecca in Neapel hat Karl I. 1270 beträchtliche Schenkungen an Grund und Geld gemacht. Die Kirche mußte einem barocken
Neubau weichen, der auf gotische Reste untersucht werden müßte. Erhalten blieb der in einem modernen Haus eingebaute
Kapitelsaal mit zwei schlanken, von Wirteln unterbrochenen Säulen, die Kapitelle der ersten Hälfte des 13. Jhs. tragen (Schulz,
a. a. O., III, S. 51. - E. Bertaux, S. Agostino della Zecca, architettura angioina e scultura sveva, Napoli Nobilissima V, p. 24). -
 
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