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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0242

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238

Günter Urban. Die Cappella Cesi in S. Maria della Pace und die Zeichnungen des Antonio da Sangallo




158. Antiker Grabaltar. Rom, Thermenmuseum - 159. Giuliano da Sangallo, Zeichnung aus dem Sieneser Skizzenbuch -
160. Antiker Grabaltar. Paris, Louvre

bis er selbst die Leitung übernahm und die Architektur des Hl. Grabes vollendete53. Der Gedanke liegt
nahe, daß das Mäandermotiv in der Cesi-Grabkapelle von dem Santuario in Loreto aus angeregt worden
sein kann, zumal dort ein allgemein in der Baukunst der Hochrenaissance verwendetes Ornament in
Verbindung mit einer Grabmal-Architektur gebracht wurde. Andererseits konnte Sangallo einen solchen
Bezug schon bei seinen antiken Studien aufgespürt haben - fand der Mäander doch an Grabaltären
Verwendung, wie das Beispiel im Thermenmuseum zu veranschaulichen vermag (Abb. 158).
Sicher aber in enger Beziehung mit Antikenstudien steht die Verwendung der Fackelbündel zu Seiten der
Grabdenkmäler (Abb. 159). Hier spiegeln sich Gedanken wider, die auch im Interessenkreis von Antonios
Lehrer Giuliano lagen, wie dessen Zeichnung im Sieneser Skizzenbuch bezeugt. Wie sehr Antonio mit
solchen Dingen vertraut war, lehrt seine Beischrift auf fol. 706 verso: ,,nel dismanibus detti accesi“, die
wir übersetzt haben: „Auf der Inschrifttafel die flammenden Fackeln.“ Dismanibus, Diis manibus, war
eine geläufige Formel auf antiken Grabdenkmälern (vgl. Abb. 160); sie wird für Sangallo zu einem Tropos,
der die Inschrifttafel schlechthin bezeichnet.
Übersieht man die Fülle der Grabmalstudien im GEuvre des Antonio da Sangallo, so zeigt sich, daß die
Entwürfe mit Sphingen als Sarkophagträgern alle in die Dreißigerjahre des 16. Jahrhunderts gehören.
Es mag hier nur auf die Pläne zu den Papstgrabmälern in S. Maria sopra Minerva hingewiesen werden54.
Auch von hier aus läßt sich eine zeitliche und stilistische Brücke zu den Zeichnungen des Antonio zur
Cappella Cesi schlagen55. Alle Motive und Anregungen werden in dieser Kapelle zu einem einheitlichen
Gesamtkomplex verschmolzen.
53 1529 starb Sansovino; die Architektur des Hl. Grabes war um diese Zeit noch weitgehend unvollendet und wurde erst zu
Anfang der Dreißigerjahre errichtet (um 1533/34); vgl. G. Haydn Hüntley, Andrea Sansovino, Cambridge 1935, pp.68ff. — Im
Gefolge des Antonio da Sangallo weilte 1529 auch Simone Mosca (vgl. Clausse, a. a. O., Bd. II, 1901, pp. 245-246) und arbeitete
an der Santa Casa einige Friesreliefs mit Girlanden (vgl. Thieme-Becker, Bd.XXV, 1931, S. 176). Zu Simone Mosca weiterhin
Venturi, a. a. O., Bd. X, 1 (1935), pp. 265 sgg. 64 Ferner vgl. besonders Uffiz. Dis. A. 1129.
55 Andere Motive, wie die Kassettierung der Archivolten in Verbindung mit Wandnischengräbern, nehmen wiederum Gedanken
auf, die besonders von Florentinern entwickelt worden waren. A. Rosselinos Hauptwerk, das Grabmal des Prinzen von Lusitanien,
1461/66 in S. Miniato al Monte zu Florenz (oder die weitgehende Kopie in der Piccolomini-Kapelle in S. Maria di Monte Oliveto
zu Neapel, 1478 beg.), zeigt bereits diese Kassetten-Archivolten - jedoch noch eingebunden in eine Gesamt-Grabmalsauffassung,
die der Frührenaissance verpflichtet ist. Mit Sansovinos Grabmälern in S. Maria del Popolo zu Rom wurde der entscheidende
Schritt zur Hochrenaissance vollzogen, und es ist bekannt, daß sein geschaffener Grabmal-Typus von größter Bedeutung für die
Zeitgenossen wurde. Mit dieser Grabmal-Form stehen Antonios Denkmäler in der Cappella Cesi in enger Stilberührung — wie
Sangallo überhaupt von Sansovino stark beeinflußt wurde: man denke an die Inschrift auf Uffiz. Dis. A. 139 und 141 ,,di S.
Gallo, il giovane, il quäle li eseguiva secondo il modo o concetto del Sansovino“ (Huntley, a. a. O., p. 100).

Abbildungsnachweis: Abb. 144—148: Gab. Fot. Naz. Rom; Abb. 149—157: Gab. Fot. d. Uffizi, Florenz; Abb. 158, 160: Volkmann;
Abb. 159: Falb, Skizzenbuch.
 
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