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Bibliotheca Hertziana [Editor]; Bruhns, Leo [Honoree]; Wolff Metternich, Franz [Honoree]; Schudt, Ludwig [Honoree]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0278

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274

Hans-Werner Schmidt. Vasaris Fassadenmalerei am Palazzo Almeni

oben als Schneppe gebildet ist. Die Fenster sitzen auf breitem durchlaufendem, detailliert wiedergegebenem
Gesimse. Die Architekturformen und Proportionen entsprechen der Almenifassade14. Diese Überein-
stimmung ist gewiß kein Zufall.
Vasari hatte zu Seiten der sechs Fenster des zweiten Obergeschosses die Einzelfiguren der sieben Planeten-
götter vorgesehen, die wir uns in Nischen stehend zu denken haben. Auf der Uffizienzeichnung erscheinen
zwei dieser Figuren, die in Formen und Temperament an Gherardis Mars und Minerva in Gitta di Castello
erinnern. Sie sind durch die Unterschrift bestimmt als ,,giove“ und „notuno“. Neptun gehört nicht in
den Kreis der Planetengötter. Nach Vasaris Beschreibung in Gherardis Vita wäre neben Jupiter an dieser
Stelle vielmehr Saturn zu erwarten. Da aber schon der Brief Vasaris an Almeni die Namen der Planeten in
anderer Reihenfolge brachte als die Vita, so erscheint es fraglich, ob diese Unterschriften überhaupt
verbindlich sind. Abweichungen dieser Art sind durch Fehler eines Kopisten, durch Undeutlichkeit der
Vorlagen durchaus erklärlich.
Die Zone über den Fenstern ist reich ornamentiert. Diese Ornamentik hat mit Perino del Vaga, dem das
Blatt in Florenz zugeschrieben wird, nichts zu tun, sie zeigt den Stil des Vasarikreises der Jahre um
1550 bis 1555. Das Einsetzen von Runden oder Ovalen in Rechteckfelder, so daß Eckzwickel entstehen,
die durch Bänder voneinander getrennt werden, ist ein bei Vasari beliebtes Motiv. Er verwendet dieses
Rahmenmotiv, wie es hier über den Fenstern erscheint, mehr oder weniger nüchtern oder bereichert bei
verschiedenen Gelegenheiten: an den Gewölben des Refektoriums in Neapel bildet es das Hauptmotiv der
gesamten Dekoration, es findet sich an der Decke mit der Geschichte der Ceres im Palazzo Altoviti in
Rom15, in der Cappella S. Pietro Martire im Vatikan. Auf der Louvrezeichnung 2076 werden die Eck-
felder wie auf dem Uffizienblatte mit Figuren ausgefüllt, die sich den Rundungen des Mittelkreises
anschmiegen. Verwandte phantastische Mischwesen erscheinen an der entsprechenden Stelle an der
Decke in Cortona, die unmittelbar nach der Almenifassade entstand. Die Profilbüsten am Rahmen des
Rechteckfeldes über den Planetenfiguren sind ein Motiv, das Vasari bereits in dem Salone dei Cento
Giorni der Cancelleria kannte. In der Sala degli Element! kommen an den Ovalfeldern über den Türen
Fratzen vor, die ähnlich wie diese Büsten von einem C-Schwung überwölbt sind. Entscheidend sind aber
nicht Einzelmotive, sondern charakteristisch ist es für Vasari und seinen Kreis, wie diese in schwung-
loser Weise und nüchtern-gleichgewichtig verwendet werden.
Hinsichtlich der ornamentalen Zone über den Fenstern weicht die Uffizienzeichnung von Vasaris
Beschreibung in der Vita Gherardis ab, wo er davon spricht, daß Gherardi „quasi solo tutta la cornicie,
festoni e putti ed i sette segni de’ pianeti“ gemalt habe. Vasari zog mit Vorliebe geeignete Mitarbeiter für
die ornamentalen Teile seiner Aufträge heran; in dieser Zeit waren es Veltroni und Gherardi. Putten und
Festons waren ein beliebtes Motiv Gherardis. Guirlanden schleppende Putten hat er in den langrecht-
eckigen Feldern um das Mittelbild im Phaethonsaal des Palazzo Vitelli a porta S. Egidio in Cittä di
Castello gemalt, die einen Hinweis geben können, wie man sich den Puttenfries oben am Palazzo Almeni
zu denken hat. Vasari erwähnt Gherardis Putten und Guirlanden an verschiedenen Stellen des Palazzo
Vecchio. Es ist daher vielleicht die Annahme erlaubt, daß nicht nur die technische Ausführung dieser
Putten und Guirlanden am Palazzo Almeni auf Gherardi zurückgeht, sondern daß auch die Erfindung
ihm gehört. An die Stelle der schweren Ornamente im Vasaristil auf der Uffizienzeichnung wären dann
die für den Abschluß der Fassade eher geeigneten, leichter wirkenden Putten und Festons getreten, die
überdies von der engen Straße aus müheloser zu erkennen gewesen wären.
Das Blatt in den Uffizien ist eine Nachzeichnung, die den ursprünglichen Entwurf Vasaris wenigstens für
einen Teil der Almenifassade überliefert. Dieser ursprüngliche Plan wurde aufgegeben, als Gherardi in
Florenz zur Mitarbeit herangezogen werden konnte, der die oberen, dekorativen Teile der Fassade in
seiner Weise umgestaltete und ausführte, wie Vasari sie in der Vita beschreibt.
14 W. Limburger, Die Gebäude von Florenz, Leipzig 1910, Nr. 250.
15 D. Gnoli, Le Demolizioni in Roma: II Palazzo Altoviti. Archivio storico dell’Arte I, 1888, p. 207.

Abbildungsnachweis: Beide Abbildungen nach Aufnahmen der Fototeca Italiana, Florenz.
 
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