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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0333

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Zur Bautätigkeit Sixtus’ V. an S. Maria Maggiore in Rom 329
kleine Oratorium ersetzen, wo sich — wenn Biasiotti Panvinio richtig interpretiert25 — zugleich die alte
Sakramentsnische befunden hat. Der Zustand dieser beiden, den eigentlichen Altar- und Chorraum
gegen das Schiff hin verlängernden kleinen Einbauten vor der Errichtung des Grabmals und vor dem
Umbau der auf der Epistelseite befindlichen Orgelempore unter Clemens VIII.26 ergibt sich aus der
kritischen Interpretation des Grundrisses von De Angelis fol. 56 (Abb. 241), der Albertinazeichnung
(Abb. 238) und den Bart, de Rocchi zugeschriebenen Uffizienplänen der nördlichen Ecke der Basilika:
A 215 und A 216 (Abb. 237); letztere dürften wohl anläßlich der durch den hl. Karl Borromäus einge-
leiteten Veränderungen entstanden sein27.
Der Vertrag über die Errichtung des Grabmals wurde schon am 25. Mai 1573 mit Alessandro Cioli
abgeschlossen28, und dieser verpflichtet sich, das Monument gemäß einem vorher festgelegten Entwurf
zwischen dem 1. Juni 1573 und Juni 1574 auszuführen. Über hohem Sockel erhob sich ein säulengetra-
genes dreiteiliges Hauptgeschoß; den oberen Abschluß bildete eine Attikazone29.
Der stärkeren Konzentration des Chores auf das Mittelschiff und dessen festerer seitlicher Rahmung
entsprach die gleichzeitig (1573) erfolgte Entfernung der lettnerartigen Säulenstellung mit Marmor-
schranken vor dem Chor30 und die damit erreichte Sichtbarmachung des Chordienstes für das Langhaus.
25 cf. Biasiotti, Melanges, 1915, p. 25. Zur Tabernakelnische cf. U. Middeldorf, The Tabernacle of S. Maria Maggiore, Bull,
of the Art Institute of Chicago 1944, pp. 6 ff. Opferung dieser Anlage vielleicht unter Einfluß gegenreformat. Bestrebungen, zu
Gunsten eines Altartabernakels, zu dessen Befürwortern u. a. gerade Carlo Borromeo gehörte (cf. Borromeo, De Fabrica . . .
pp. 38f.; vgl. auch J. Braun, Der christliche Altar, München 1924, II, pp. 589 ff.). Später (cf. Anm. 118) läßt sich die Cappella
Sforza als Aufbewahrungsort des Sakraments nachweisen.
26 Die Veränderung der unter Kardinal Estouteville (cf. Biasiotti, Melanges, p. 33) errichteten Anlage (cf. De Angelis, p. 94)
wurde bei einer Visitatio Clemens’ VIII. am 6. Juli 1592 beschlossen. Die Orgel sollte mit Gold und Malereien geschmückt
werden und ein Sängerchor „constituatur . . . sub Organo sopra basimentum eligendam simili structura lapidum quali est basis
opposto monumenti Nicolai IV . . .“ (Acta Visitationis . . ., Cod. Vallicellianus I. 59 vol. 2, p. 24).
27 Zu De Angelis tav. 56 s. u. Anm. 35; Uff. A. 216 (Feder, laviert, 77 X 52 cm, wie A 215 rückseitig unbeschriftet und mit
Wasserzeichen: Kreis mit eingeschriebenem Rhombus, in den seinerseits wieder ein Fünfstrahlenstern eingezeichnet),
wurde bereits von Biasiotti, Dissert., veröffentlicht. Herrn Dr. W. Messerer verdanke ich die Kenntnis von A 215 (Feder,
laviert, 57,3 X 45,5 cm); es handelt sich um eine manchmal fehlerhafte Freihandskizze (so sind z. B. bei der Wiedergabe der
älteren, bis ins 18. Jh. unverändert gebliebenen Treppenanlage vor dem Hochaltar und der lettnerartigen Säulenstellung Ver-
tauschungen der Richtungen und Positionen festzustellen, die nur als Versehen, sicher nicht als Änderungsvorschlag zu inter-
pretieren sind), deren genaue Maßangaben jedoch, wie Kontrollen ergeben, auch der Reinzeichnung A 216 zugrunde liegen. Beide
Zeichnungen gehören also eng zusammen, aber — so schon Messerer in seinem Vortrag über das Presepe Arnolfo di Cambios in
S. Maria Maggiore, Bibliotheca Hertziana, am 6. 4. 1957 - auch A 215 ist offenbar keine Bauaufnahme vor Ort. Wie die Gegen-
überstellung von A 216 mit De Angelis, fol. 56, und der Albertina-Zeichnung des Chores der Basilika, n. 588 (Abb. 238) sowie dem
bestehenden Zustand ergibt (mit welchem die Uffizienzeichnung in den vergleichbaren Teilen der dem Kircheninneren zuge-
wandten Partien übereinstimmt), gehen beide Blätter, das ungenaue aber mit richtigen Maßangaben versehene A 215 und die
Reinzeichnung A 216, mindestens für die Chorteile, das Mittelschiff, das Seitenschiff und die kleine als Presepe gekennzeichnete
Kapelle von dem gleichen, also wohl bestehenden Zustand aus. Auffallend ist, daß bei A 215 eine für eine in großen Zeitabständen
gewachsene Anlage (wie man sie hier vermuten muß) erstaunlich glatte Außenfront angegeben ist (nur das Höfchen hinter der
Presepekapelle springt etwas ein), und daß auf A 215 der Abstand zwischen dieser Außenwand und den Kapellenfronten nur bei
dem Raum neben der Presepe-Apsidiole kotiert ist. Man hat daher den Eindruck eines von bestehenden Innenteilen ausgehenden
Regulierungsvorschlages für die Außenfront der Basilika, der in A 216 seine definitive Gestalt gefunden hat. In der abweichenden
Wiedergabe der Kirchenflanke bei De Angelis, mit ihren Anbauten, hätte man dann eine — ihrerseits freilich schematisierte — An-
deutung des tatsächlichen Zustandes vor den Umbauten des Jahrhundertendes. Als terminus post für die Uffizien-Zeichnungen
kommen das Datum der Errichtung des Grabmals Nikolaus’ IV. (1573-1574) und die gleichzeitige Niedrigerlegung des Querhauses
(hier noch mit Stufen) sowie die Beseitigung der lettnerartigen Säulenstellung vor dem Hochaltar in Frage. Bartolomeo de Rocchi,
dem die Blätter zugeschrieben werden, hat sich nach A. E. Popp, Unbeachtete Projekte Michelangelos, Münchner Jb. d. bild.
Kunst, N. F. 4, 1927, pp. 439ff., während der Fünfziger- und Sechzigerjahre in Rom aufgehalten.
Bei der „pianta topografica del XVI secolo rinvenuta dal professore Giovannoni nella galleria degli Uffizi“, von der Stefanucci,
p. 12, spricht, scheint es sich um dieselbe De Rocchi-Zeichnung, A 216, zu handeln, welche Biasiotti publizierte; Stefanucci führt
sie als Beweis dafür an, daß die Presepekapelle (gegen H. Grisar) „non era situato nel perimetro, ma al di fuori della chiesa, con
la quäle era in comunicazione mediante un vano aperto nella mura“; in der sonstigen Interpretation der Überlieferung scheint er
Biasiotti zu folgen. 28 cf. R. Lanciani, II Mausoleo di Nicolo IV, Ausonia I, Roma 1906, pp. 96ff.
29 Zur Orgeltribüne s. Anm. 26, ferner: M. Santarelli, Memorie notabili della Basilica di S. Maria Maggiore, Roma 1647,
pp. 70f.; dort auch Erwähnung weiterer Emporenbauten für Sänger, u. a. über dem Grabmal Nikolaus’ IV. (wahrscheinlich
Erklärung des merkwürdigen Oberbaus bei De Angelis, tav. 101, Abb. 239).
30 Panvinio beschreibt sie noch; Kapitel-Akten vom 14. Feb. 1573 erwähnen ihre Beseitigung (cf. Biasiotti, Diss., p. 33); die
beiden Baldachinaltäre im Mittelschiff blieben bis zu den Umbauten F. Fugas im 18. Jh. aufrecht. Ein Veränderungsvorschlag,
 
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