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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0439

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Das Tabernakel des Ciro Ferri in der Chiesa Nuova zu Rom

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308. Ciro Ferri, Zeichnung zu dem Tabernakel der Chiesa
Nuova, Windsor Castle (Copyright reserved)


309. Pietro da Corstona, Zeichnung zu dem Schutzengel-
bilde der Corsiniana. Windsor Castle (Copyright reserved)

ab, die außerdem weiter seitlich, angebracht wurden als im Entwurf vorgesehen. So ging der beabsichtigte
Zusammenschluß der Engelsglorie zu einer harmonisch ineinander übergehenden Ovalkomposition
verloren; zugleich gerieten die Engel in allzu große Nähe der Sockel des Hochaltarretabels. Durch Ver-
größerung der Flügel suchte Ferri nunmehr die verunglückte Komposition radial zu verspannen. Aber
diese neue formale Tendenz - wenn auch unterstützt durch die Umgruppierung der Putti - verunklärt
nur die frühere kompositionelle Absicht, ohne selbst zu beherrschender Wirkung zu kommen. Das hat
man offenbar bei der Anbringung der Engel auch sofort erkannt und dachte vorübergehend sogar daran,
auf sie zu verzichten28. Wie wir hörten, entschloß man sich erst nach mehrfachen Änderungen ihrer
Position, sie endgültig an ihrem Ort zu belassen29. Aber selbst bei einer günstigeren Postierung hätte die
geschlossene Wirkung des zeichnerischen Entwurfs mit den vollplastischen Figuren niemals hervor-
gerufen werden können. Die dort angedeuteten Wolken und Strahlen, die den bildhaften Zusammen-
schluß der Teile sehr unterstützen, wären allenfalls in einem Relief zu verwirklichen gewesen.
Der Gedanke, vollplastische Figuren so darzustellen, daß sie die Illusion völlig freien Schwebens hervor-
rufen, war offenbar durch Cortona angeregt worden, der schon im Jahre 1633 für die Quarantore in
S. Lorenzo in Damaso einen Festapparat entworfen hatte, bei dem zwei riesige Engel, hoch über dem
Altar schwebend, ein Tabernakel mit dem ausgestellten Sakrament trugen. Der gleichfalls in Windsor
aufbewahrte Entwurf30 dürfte Ciro in der Werkstatt seines Lehrers bekannt geworden sein. Wie in Ferris
Zeichnung war das Sakrament von Strahlenbündeln und Wolken umgeben, die aber, wie aus zeit-
28 Vgl. Anm. 18. 29 Vgl. weiter oben und Anm. 19.
30 Das Blatt ist vor mir schon von Harald Keller als der Entwurf Cortonas für die Quarantore-Dekoration von 1633 erkannt
worden. Vgl. seinen Beitrag in dieser Festschrift und seine Abb. 267. Auch in meiner in Vorbereitung befindlichen Arbeit über
Cortona als Architekten wird die Zeichnung ausführlich behandelt werden.

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