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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0498

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494

Gerhard Bott

Die Zeichnungen geben einen guten Einblick in die stufenweise Entstehung des Aquarells; sie sind
daneben zur näheren Bestimmung der dargestellten Personen aufschlußreich. Es sind Skizzen für die
Figuren von Schütz, Luise von Göchhausen, Reiffenstein, Einsiedel, Verschaffelt und Zucchi31.
In frischer Federführung, ohne die peinliche Sorgfalt des Aquarells, entfaltet sich hier das Talent des
Johann Georg Schütz. Knapp umreißt sein Strich die Figuren; Hell und Dunkel auf den Gesichtern
und Gewändern werden durch sicher verwendete Tuschlavierungen kontrastiert. Die Gesichter auf den
einzelnen Blättern tragen individuelle Züge, die trefflich die dargestellten Personen charakterisieren.
Ganz in sich verschlossen scheint der Maler selbst nach innen zu lauschen (Abb. 361). Die Züge der Luise
von Göchhausen hat der Künstler im Profil nur zart umrissen (Abb. 362). Kritisch und etwas herrsch-
süchtig blickt Reiffenstein über die Gruppe (Abb. 363); gespannt wendet Einsiedel sein Antlitz der Her-
zogin zu (Abb. 364), während Verschaffelt in Gedanken versunken scheint (Abb. 365). Zucchis lässige
Haltung spiegelt sich auch in seinem Gesicht wider (Abb. 366). - Kaum etwas von dieser scharfen
Beobachtungsgabe hat sich auf das Aquarell hinübergerettet. Hier wirkt alles etwas schlaff und fast zum
Schema erstarrt.
Es erscheint merkwürdig, daß sich nur sechs Vorzeichnungen für die neun wiedergegebenen Personen
in Frankfurt erhalten haben. Vielleicht hat Schütz die fehlenden drei Blätter den dargestellten Personen
übersandt, oder, was wahrscheinlicher ist, der Vetter Schütz hat sie, weil sie die bedeutendsten Persön-
lichkeiten der Gruppe festhielten, verkaufen können. Bis jetzt hat sich keine Spur dieser Blätter gefunden.
Während alle männlichen Personen auf den Frankfurter Blättern mit Tusche gezeichnet und laviert sind,
ist die Figur des Fräuleins von Göchhausen mit dem Silberstift skizziert. Die zarten Linien des Silber-
stiftes sind durchgedrückt, so daß man annehmen kann, daß es auch von dieser Vorskizze eine Tusche-
Zeichnung gab, die danach sorgfältiger ausgeführt wurde. Auf allen Blättern sind die architektonischen
Versatzstücke für die endgültige Zeichnung angegeben (auch auf der Silberstiftskizze der Luise von
Göchhausen ist das Gebälkstück angedeutet), so daß bei ihrer Anfertigung das Kompositionsschema der
späteren Aquarellzeichnung festgestanden haben muß. Auch die auf der Skizze für Einsiedel nach unten
nicht fortgesetzten Beine, die auf dem Aquarell durch die liegende Figur Zucchis verdeckt werden,
bestätigen diese Annahme.
Von dem bei Schütz wohnenden „Hausgenossen“ Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829) ist
bekannt, daß er Goethe in seinem Atelier für das berühmte Campagna-Bild malte. Um dem Dichter
weitere Sitzungen zu ersparen, konstruierte Tischbein ein Modell, das er mit Goethes Mantel drapierte32.
31 1. C 5921, Johann Georg Schütz; bez.: ,,J. G. Schütz. Rom 1788“; Tusche laviert; doppeltes Papier, auf hellblauen Karton
aufgesetzt (auf der Rückseite der Zeichnung, überklebt, steht rechts: gen noch glimmende Seelen jenes hellen. Feuers erhalte
ich so sorgfältig als ehemals die Vestalen das heilige Feuer unterhielten“) (H. 18,6 cm; Br. 19,6 cm). - Abb. 361.
2. C 5922, Luise von Göchhausen; bez.: ,,J. G. Schütz Roma 1788“; Silberstift, Linien durchgedrückt; einfaches Papier (von
gleicher Struktur wie die übrigen, nur nicht verdoppelt), ohne Karton (H. 18,5 cm; Br. 22,4 cm). - Abb. 362.
3. C 9313, Johann Friedrich Reiffenstein; bez.: „der Alterthumskenner Rath Reifenstein, gezeichnet von J. G. Schütz, Rom
1788“; Tusche laviert; doppeltes Papier, ohne Karton (H. 26,2 cm; Br. 18,6 cm). Mit dem folgenden Blatt C 9314 in den Besitz
des Frankfurter Malers Carl Theodor Reiffenstein gelangt, seit 1895 im Historischen Museum Frankfurt (Carl Th. R. hat nichts
mit Johann Friedrich R. zu tun, siehe: Einiges aus der Geschichte der Familie Reiffenstein in Frankfurt am Main . . ., zusammen-
gestellt von Hermann Reiffenstein, Frankfurt a. M. 1895). - Abb. 363.
4. C 9314, Freiherr Friedrich Hildebrand von Einsiedel; bez.: „der Alterthumskenner Rath Reifenstein in Rom 1786. J G. Schütz“.
Tusche laviert; einfaches Papier (H. 26,2 cm; Br. 18,6 cm). Die falsche, wie alle übrigen vermutlich von dem Vetter Christian
Georg Schütz stammende Bezeichnung war schuld daran, daß das Blatt in den Besitz des Malers C. Th. Reiffenstein kam. Dem
Vetter Schütz war offensichtlich der Zusammenhang der Zeichnungen entgangen, sonst hätte er sie nicht falsch datieren und, wie
auf diesem Blatt, falsch beschriften können. Obwohl die auf der Tuschezeichnung dargestellte Figur ein anderes Gewand als die
nach ihr auf dem Weimarer Aquarell ausgeführte Gestalt trägt, ist sie ohne Zweifel die Vorzeichnung zu dieser. Schütz hat das
zivile Gewand auf dem Aquarell mit einer Hofuniform vertauscht. — Abb. 364.
5. C 5919, Maximilian von Verschaffelt; bez.: „Werschafel, gezeichnet von J. G. Schütz 1788“; Tusche laviert; doppeltes Papier, auf
hellblauen Karton aufgesetzt, rechts vom unteren Drittel durchgehend bis oben angestückt (H. 18,8 cm; Br. 22,8 cm). — Abb. 365.
6. C 5920, Antonio Zucchi; bez.: „der man der Angelica Kaufman. gezeichnet von J. G. Schütz, Rom 1788“. Tusche laviert;
doppeltes Papier, auf hellblauen Karton aufgesetzt (unten links angestückt, darüber Anfang der Bezeichnung) (H. 16,1 cm;
Br. 23,3 cm). - Abb. 366. Das auf 5 Blättern annähernd wiederkehrende Maß (zwischen 18,5 cm und 18,8 cm) und die überein-
stimmende Struktur des Papiers lassen vermuten, daß die Vorzeichnungen auf Blätter eines gleichen Skizzenblocks gezeichnet
wurden. 32 Zur Entstehung
des Bildes siehe: Bilder aus dem Frankfurter Goethe-Museum, hrsg. von Ernst Beutler und Josefine Rumpf, S. 81 f.
 
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