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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 1
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von Kaulbach, F. A.: Flora
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Herrmann, Hans: Morgen in Amsterdam
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Defregger, Franz von: Sonntagsruhe
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Makovskij, Konstantin: Hochzeit eines Bojaren
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0012

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2

MODERNE KUNST.

Porträtisten, geboren. Er begann seine Studien unter Professor Raupp an
der Nürnberger Kunstschule, siedelte dann nach München über und erregte
zuerst durch seine der damaligen Geschmacksrichtung entgegenkommenden
anmutigen Frauengestalten in Renaissancekostüm die Aufmerksamkeit der
Kunstfreunde. Von den Piloty - Schülern Lenbach, wie Max und Makart
empfing er nachhaltige Eindrücke, die er jedoch in so selbständiger Weise
mit den Resultaten eines intimen Studiums von Rubens und Rembrandt
zu verbinden wusste, dass er bald eine durchaus originelle Technik sich
erwarb, die alle Kontraste in der Darstellung von Gewändern, Blumen,
Schmuck wirkungsvoll zur Geltung bringt und in der Lichtfülle des In-
karnats einerseits, in der virtuosen Darstellung des Helldunkels anderer-
seits gipfelt. Jenen Frauenbildern aus der deutschen Vergangenheit folgten
meisterhafte weibliche Porträts von tiefster seelischer Auffassung, dann der
figurenreiche, reiz- und poesievolle „Maientag“ (jetzt im Dresdener Museum),
die „Lautenspielerin“ (Belvedere-Galerie), das allbekannte Bild „Schützenliesl“
(jetzt im Besitz der Münchener Schützengesellschaft), die von uns hier
nachgebildete „Flora“, die „heilige Cäcilia“ (Berliner Jubiläums-Aus-
stellung) u. a. In den letzten Jahren hat sich F. A. von Kaulbach vor
Allem als Darsteller eleganter Frauengestalten einen bedeutenden Ruf
erworben; einen Beleg dafür bot auf der Berliner Jubiläums - Ausstellung
das treffliche Porträt der Prinzessin Gisela von Bayern.
Unser Porträtbild zeigt das schmale, fast leidend erscheinende Antlitz,
umrahmt von dunklen Locken, unter denen geniale, durchdringende Augen
den Beschauer fesseln. Mit einer Landsmännin verheiratet, lebt der Maler
in München in glücklichsten Verhältnissen. Fesseln ihn aber nicht seine
Kunst oder gesellschaftliche Pflichten an München, dann entflieht der Künstler
gern der Grossstadt, um in der einsamen Jagdhütte am Heimgarten auf
Hochwild zu birschen. Jetzt freilich werden die Gemsen des bayrischen
Hochgebirges nicht mehr so sehr die todbringende Büchse des Künstlers
zu fürchten haben — die Akademie wird den neuen Herrn Direktor mehr
als ihm lieb ist in München festhalten!

III.

MORGEN IN AMSTERDAM

VON

HANS HERRMANN.

on den jüngeren deutschen Landschaftsmalern hat sich
Hans Herrmann rasch einen bedeutenden Ruf erworben.
Seine Bilder, in denen er fast ausschliesslich holländische
Motive verwertet, zeichnen sich durch vortreffliche
Wiedergabe der Naturstimmung aus; seine Technik ist eine
originelle, kräftige, und auch in der Darstellung des Figür-
lichen zeigt er scharfe Charakteristik. Mit feinstem Ver-
ständniss arbeitet er auf eine harmonische Gesammtwirkung
hin, die dem Auge des Beschauers wohlthut. Ohne in
die übertriebene Manier der Impressionisten zu verfallen,
gibt er lebens- und naturwahre Darstellungen, die in ihrer
lebendigen künstlerischen Auffassung dem Bedürfniss un-
gestimmten Zeit entsprechen.

serer realistisch
Hans Herrmann wurde am 8. März 1858 zu Berlin geboren, besuchte
zunächst die Berliner Akademie, woselbst er Schüler der Professoren Knille,


Gussow und Wilberg war. Im Jahre 1879 ging er nach Düsseldorf und
blieb dort bis zum Jahre 1882 als Meisterschüler des Professors E. Dücker.
Von 1882 bis 1884 malte er dann selbständig und machte von Düsseldorf
aus alljährliche Studienreisen nach Holland. Seit 1885 hält er sich in
Berlin auf. In der ersten Zeit seines Aufenthaltes in Holland malte er

rein landschaftliche Bilder aus der Gegend von Dordrecht und Rotterdam,
später schuf er eine Reihe von Strassenbildern und Marktscenen, meist aus
Amsterdam, unter ihnen das treffliche Bild: „Morgen in Amsterdam“,
welches diese Lieferung ziert.

IV.
SONNTAGSRUHE
VON
FRANZ von DEFREGGER.

Nicht ganz zwanzig Jahre - sind es her, dass
Defregger mit seinem Bilde „Joseph Speck-
bacher“ auftrat, das durch die dramatische Be-
handlung des Gegenstandes und scharfe Charak-
teristik der Personen seinen Ruf begründete.
Das starke Heimatsgefühl, welches sich in seiner
ersten Schöpfung ausspricht, ist dem Maler treu
geblieben, und noch heute schildert er trotz
Ordens- und Adelsverleihung mit Vorliebe das
Tiroler Bauernvolk mit einer Wahrheit, wie sie
bis jetzt nie erreicht worden ist. Allen seinen
Bildern ist ein warmes Naturgefühl und eine künstlerische Anspruchslosigkeit
eigen, die nicht nur fesselt, sondern vor Allem unser Auge erquickt. Nur
wer mit ganzem Herzen an der Heimat und den Seinen hängt, kann mit
scheinbar so geringen Mitteln die Herzen Anderer gewinnen.
Defregger selbst (geb. 30. April 1835) ist aus dem Bauernvolke hervor-
gegangen; auf den Grastriften des Ederhofes fand er als Hüter der väter-
lichen Heerden Musse genug, das Land und die Leute seiner Heimat zu
beobachten und seine angeborene Fähigkeit, die Formen des Wahr-
genommenen nachzubilden, zu bethätigen. Nach dem Tode seines Vaters
verkaufte er das ländliche Besitztum und studirte in Innsbruck, München
und Paris, bis er 1867 in die Schule Pilotys, an der Münchener Akademie,
kam und dort seine Ausbildung vollendete. Seine Bilder sind zu zahl-
reich, als dass wir sie alle aufführen könnten; Alpenscenen, Genrebilder
aus dem Bauern- und Kinderleben, Darstellungen historischer Vorwürfe aus
der Geschichte seiner Heimat, Mädchenköpfe und Porträts lösen sich in
buntem Durcheinander ab.
Das in unserem Bilde dargestellte Motiv erinnert an die Jugendzeit
des Malers. In der ärmlichen Stube stehen drei kleine Buben vor dem
älteren Bruder, der ihnen eine Armbrust schnitzt. So mag einst der junge
Defregger seine Pferde, Berge und Menschen modellirt haben, und wer
weiss, ob nicht einer der Buben dereinst in die Fussstapfen des berühmten
Franz von Defregger tritt! Der Eifer und das Kunstverständniss, welches
die Drei an den Tag legen, lassen das Beste hoffen!



HOOHZ EIT EINES BOJAREN

VON

K. E. MAKOWSKI.

Makart nennt, nimmt die „Hochzeit eines Bojaren“ den
Ehrenplatz ein. Auf dem Bilde sehen wir gewissermassen
die Verkörperung des nationalen Russentums, und die
stolzen Bojaren und die stattlichen schönen Frauen würden
unsere Blicke auch bei einem weniger sympathischen
Vorgänge fesseln. Seit Alters her ist die Hochzeit dazu
ausersehen, durch den weitgehendsten Aufwand in
Speise und Trank gefeiert zu werden. Wie seiner Zeit
während der Blüte des deutschen Städtewesens die
Bürger bei dem Vermählungsfeste ihrer Söhne und
Töchter grossartigste Gastfreundschaft übten, so finden
wir gleichen übertriebenen Luxus auch bei unseren Nachbarn im Osten,


als noch vor dem Regierungsantritt Peters des Grossen die alten Bojaren-
geschlechter auf dem Gipfel ihres Reichtums und ihrer Macht standen.
 
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