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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 4
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Gampenrieder, Karl: Der Handkuss
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Henseler, Ernst: Das Jagdfrühstück
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Kauffmann, Hugo: Ein schlechter Witz
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0050

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MODERNE KUNST.

iS

XXVI.
DER HANDKUSS
VON
KARL GAMPENRIEDER.

Je weniger verhältnissmässig das Gebiet
des feineren Genres trotz seiner vielseitigen und
malerisch dankbaren Motive in Deutschland
gepflegt wird, um so verdienstlicher sind die
Bestrebungen, die sich neuerdings in dieser
Richtung wahrnehmen lassen. Es ist der deut-
schen Genremalerei, besonders der Münchner,
oft zum Vorwurf gemacht worden, dass sie
mit allzugrosser Vorliebe sich aus dem Bereiche
der unteren Volksschichten ihre Stoffe wählt
und nur selten den vornehmeren Lebenskreisen
: französischen Maler von Watteau bis auf die
Gegenwart mit so souveräner Sicherheit und graziöser Anmut bewegen.
Es mag dahingestellt bleiben, ob die Gestalten des modernen Salons mit
ihrem — was namentlich das männliche Geschlecht betrifft — allerdings
richt sonderlich malerischen Costiim sich gegen eine künstlerische Wieder-
gabe wirklich so spröde erweisen, wie man es vielfach behaupten hört;
jedenfalls sind für den Künstler, der in früheren Zeitperioden Umschau
hält, auch im Bereiche des feinen Genres dankbare Stoffe genug zu haben.
S° hat Karl Gampenrieder, ein junger Münchner Künstler, einen höchst
glücklichen Wurf gethan mit dem pikanten Gemälde, für welches ihm das
Ende des vorigen Jahrhunderts den Vorwurf bot. Es weht ein Hauch
anmutiger Lustspiellaune durch diese Scene, jene schalkhafte Ironie, die
Heben dem urwüchsigen deutschen Humor auch in der bildenden Kunst
ihre Rolle zu spielen unstreitig berechtigt ist.
Man fühlt sich unwillkürlich versucht, weiter auszuspinnen, welches
Erteil den schon etwas ältlichen Kavalier erwartet, wenn sich die Thür
des Boudoirs hinter ihm geschlossen haben wird, und wird wohl schwerlich
fehl gehen mit der Annahme, dass die reizende junge Dame, der er gegen-
wärtig seine Huldigung darbringt, ihn nicht in engere Wahl stellen wird,
Wenn sie mit der augenscheinlich gleichfalls etwas kritisch veranlagten
Busenfreundin ihre Verehrer Revue passiren lässt.
Karl Gampenrieder, der am I. Februar 1860 zu München geboren
Wurde, besuchte zunächst die dortige Akademie der bildenden Künste,
w° Julius Benczur, Alexander Wagner und Wilhelm Lindenschmit seine
Lehrer waren und seine Leistungen durch Verleihung mehrerer Medaillen
anerkannt wurden, studirte sodann ein Jahr lang an der Akademie Julien
'n Paris unter Bouguereau und Robert Fleury und hatte den Erfolg, sich
'furch den ersten Preis ausgezeichnet zu sehen. Seit 1886 weilt der
Künstler wieder in der bayrischen Hauptstadt. Als seine namhaftesten
^Lerke sind äusser dem 1884 entstandenen „Handkuss“ die „Gefangen-
nahme der Gräfin Cosel an der polnischen Grenze“, der „lustige Brief“,
der „schwere Schaden“, so wie die Porträts der Prinzessin Elvira von
Bayern und der Herzogin von Genua anzuführen.

Karl Gampenrieder.


näher tritt, in denen sich

XXVII.

DAS JAGDFRÜHSTÜCK

VON


ERNST HENSELER.

Unter den Malern, welche-der Darstellung des
norddeutschen Landlebens ein besonderes Interesse
widmen, nimmt Ernst Henseler mit Recht einen
hervorragenden Platz ein. Mit grossem Geschick
weiss er den alltäglichen Vorgängen durch eine
poesie- und humorvolle Auffassung einen eigen-
artigen Reiz zu geben, der seine Wirkung auf den
Beschauer nie verfehlt. Als der Sohn eines Land-
Ernst Henseler. .
wirts zu Weseritz bei Landsberg a. W. am 27. Sep-
rimber 1852 geboren, besuchte Henseler vom Frühjahre 1870 bis Herbst 1871
rie Kunstschule in Berlin, um dann auf der Kunstschule zu Weimar unter

Leitung der Professoren C. Gussow und Alb. Bauer seine Studien zu vollenden.
Sein erstes grösseres Bild war: „Das Jagdfrühstück“; später entstanden die
Genrebilder „Wirtshausscenen“, „Socialdemokraten“ etc. Im Jahre 1878
siedelte Henseler nach Berlin über und übte erst an der Kunstschule, dann
an dem Kunstgewerbemuseum eine höchst erspriesliche Lehrthätigkeit aus.
Äusser den bekannten und sehr geschätzten Genrebildern: „Frühstück der
Mäher“ (1883) und „Roggenernte“ (1886), welches letztere ihm die kleine
Medaille einbrachte, schuf Henseler eine Reihe von Illustrationen für Zeit-
schriften, sowie dekorative Arbeiten in Sgraffitomanier am Postgebäude in der
Oranienburgerstrasse und an der Kunstschule in der Klosterstrasse zu Berlin.
Unser Bild „Das Jagdfrühstück“ liefert den besten Beweis für die
meisterhafte Schilderungskunst Henselers. Das fröhliche Treiben ist zu
Ende, die vorgerückte Stunde und der knurrende Magen zwingen zum
„Abblasen“ der Jagd. So schnell die müden Beine vermögen, geht es
zur Dorfschenke, deren einziges Zimmer zum Speisesaal für die „Berliner
Herren“, zugleich auch durch einige primitive Vorkehrungen zum Toiletten»
zimmer hergerichtet ist und endlich den Hunden und ihrem Führer
schützendes Obdach bieten muss. Rasch hat man sich der Oberkleider
entledigt und macht sich’s am Tische bequem, bald hat Hauptmann v. T.,
übermütig geworden durch die ihm heut widerfahrene Ehre, „Jagdkönig“
zu sein, sich die Frühstücksgäste des Jagdherrn, den Schulmonarchen, den
Ortsschulzen, und wohl auch den Pastor loci „gelangt“ und erzählt ihnen
von seinen jagdlichen Heldenthaten. Das naive Staunen seiner Zuhörer
verleitet ihn, etwas kräftig aufzutragen, denn sein Nachbar sowohl wie
sein Gegenüber, die doch an starke Proben seines „Jägerlatein“ gewöhnt
sind, vermögen nur mit Mühe noch ernsthaft zu bleiben. Doch schon
erscheint die Wirtstochter mit der dampfenden „Erbssuppe“, und obwohl
sie das Prädikat besonderer Schönheit für sich nicht in Anspruch nehmen
kann, springt doch der Herr Assessor auf und bemüht sich, seinem Bärtchen
jenen unnachahmlichen Schwung zu geben, dessen Unwiderstehlichkeit er auf
so vielen Bällen erprobt hat.

XXVIII.
EIN SCHLECHTER WITZ
VON
HUGO KAUFFMANN.

e Gabe scharfer Charakteristik und mit Humor gewürzter
lebendiger Schilderung des realen Lebens, die Hugo
Kauffmann in hervorragendem Masse eigen ist, tritt
auch in der ansprechenden Komposition, die unsere
Abbildung wiedergibt, deutlich zu Tage. — Das
schelmisch dreinschauende Dirndl, dem irgend ein
„schlechter Witz“ des alten Waidmannes gar nicht so
übel zu behagen scheint, zumal er offenbar von einem
begütigenden Nachwort begleitet wird, der vornehme
Nimrod, der auch in der patriarchalischen Dorfschenke
das obligate Augenglas nicht missen kann, durch welches
er den Eindruck des Witzwortes auf das hübsche Kind
zu ergründen sucht, der biedere Herbergsvater, der im Hintergründe still-
vergnügt an der allgemeinen Heiterkeit teilnimmt — das sind so lebens-
wahre, überzeugend wirkende Typen, dass einem bei ihrem Anblicke so
wol zu Mute wird, als sässe man selbst als Tourist mitten unter der
lustigen Gesellschaft.
Hugo Kauffmann, als Sohn des ebenfalls als Genre- und Landschafts-
malers rühmlich bekannten Hermann Kauffmann am 7. August 1844 zu
Hamburg geboren, begann seine künstlerischen Studien am Städelschen
Institut zu Frankfurt am Main unter Jakob Becker, weilte nach vorüber-
gehendem Aufenthalt in Düsseldorf, von 1863—1871 in Kronberg im Taunus,
ferner 1 '/2 Jahr in Paris und ist seit 1874 in München sesshaft. Unter seinen
zahlreichen und beliebten Genrebildern verdienen besondere Hervorhebung
die „Kartenlegerin", „Holzaufladen im Walde“, die „Versteigerung“, „Wan-
dernde Musikanten“, „Walzer für die Alten“, „Rückkehr von der Jagd“, „Ins
 
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