Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

DOI Heft:
Nr. 10
DOI Artikel:
Keller, Ferdinand: Die Gründung der Universität Heidelberg
DOI Artikel:
Andersen-Lundby, Anders: Waidmanns Neid: zu dem Bilde "Mühlbach im Winter"
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0119

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


MODERNE KUNST.

stadt mit dem Lorbeer krönt, erkennen wir das Vorbild der prächtigen j
Statue am Friedrichsbau des Schlosses, in welcher Meister Götz aus Chur
den ritterlichen Fürsten verewigte. Vor seinem Throne erscheint im
Triumphwagen die hehre Schirmerin der Wissenschaften und Künste,
Pallas Athene, und eine holdselige blonde Victoria zügelt die feurigen Rosse,
denen die jungen Studenten vorauseilen, geschart um ihr wehendes Banner,
das die Initialen der gegenwärtigen Beschützer der Universität, des gross-
herzoglichen Paares, aufweist. Das Gefolge der Athene bilden die Leuchten |
der Wissenschaft, deren Namen mit Heidelberg eng verknüpft sind: Mar-
silius von Inghen, von Ruprecht zum Organisator und Leiter der Anstalt
berufen, Erast, Donellus, Agricola, Melanchthon, Pufendorf, Sebastian Münster,
Dalberg, Höttingen, Schlosser, Thibaut und die Minister Zentner und von
Reizenstein als hervorragende Förderer der Hochschule. Im Vordergrund j
erinnert der auf einem Delphin sitzende Knabe mit dem blinkenden Wein-
glas in der Rechten, sowie der badische Greif, welcher der Eule der
Minerva gegenüber sitzt, im Hintergründe das von seiner Höhe hernieder-
schauende Schloss an den Ort der festlichen Begebenheit.
Die meisterliche Komposition, in der auf das glücklichste historische
und mythologisch-allegorische Elemente zu einem lebensvollen, harmonischen
Ganzen vereinigt sind, gelangt in unserem Holzschnitt zu voller Geltung; |
nicht minder zeichnet sich das Gemälde aus durch sein fein abgewogenes |
reizvolles Kolorit, in welcher Beziehung Ferdinand Keller zur Zeit als I
begabtester Nachfolger Makarts dasteht. Eine würdige Umgebung der
glänzenden Komposition bilden, beiläufig bemerkt, zwei aus dem Atelier
des Karlsruher Bildhauers Adolf Heer hervorgegangene Statuen, welche
den Grundgedanken des Gemäldes fortsetzend, die lichtspendende Wissen-
schaft und den Ruhm in schwungvoller Weise versinnbildlichen, während
an der Decke des Raumes die vier Fakultäten, gemalt von R. Gleichauf
in ebensoviel Medaillons zur Darstellung gebracht sind.
Da Ferdinand Keller mit diesem seinem jüngsten grösseren Werke
zum ersten Mal in unserer Sammlung auftritt, möge noch ein Ueberblick über
das Leben und Schaffen des Künstlers hier Platz finden. Am 5. August
1842 zu Karlsruhe geboren, empfing derselbe seine Schulbildung in dem
dortigen Lyceum; mit sechzehn Jahren nahm er in Begleitung seines
Vaters und seines 1835 geborenen Bruders Friedrich an einer Reise nach
Brasilien teil, wo dieselben mit Strassen- und Brückenbauarbeiten beschäftigt
waren, während er selbst seine Mappen mit Studien nach der tropischen
Landschaft anfüllte. In die Heimat zurückgekehrt, wandte er sich 1862
unter Leitung J. W. Schirmers der Landschaftsmalerei zu, nach dessen
bald darauf erfolgtem Tode der Figurenmalerei unter dem damals in Karls-
ruhe weilenden Canon. An die Öffentlichkeit trat er zuerst mit den in I
Brasilien, namentlich in der Umgebung von Rio de Janeiro entstandenen
Landschaftsbildern, die bereits ein ungewöhnliches koloristisches Talent
erkennen liessen. Neue Anregungen sammelte Keller in Frankreich, später
auf wiederholten Reisen auch in Italien. Nachdem er mehrere treffliche
Genreszehen geschaffen, versuchte er sich auch auf dem Gebiete der Historien-
malerei, auf dem er nachmals den Schwerpunkt seiner Thätigkeit gefunden
hat. Das erste Historienbild, mit dem er 1867 auf der Pariser Ausstellung
erschien, stellte den Tod Philipps II. von Spanien dar und erntete dank
seinen kompositionellen und koloristischen Vorzügen allgemeinsten Beifall, j
Im Jahre 1873 folgte die figurenreiche Szene „Nero beim Brande Roms“,
zu welcher er an Ort und Stelle Studien gemacht hatte. Auch im Fresko !
schuf der Künstler Bedeutendes, so u. a. eine Verkündigung Mariä in der
Jesuitenkirche zu Heidelberg. Die Pracht und Vornehmheit seiner Farben-
gebung , wie die sinnreiche Konzeption des von ihm eingereichten Ent-
wurfes, der die geflügelte Phantasie nebst den Künsten des Dramas und
der Musik darstellte, verschaffte ihm 1880 den ersten Preis in der Kon- |
kurrenz, die für den grossen Vorhang des neuen Hoftheaters zu Dresden
ausgeschrieben war. Einen steten Fortschritt bezeichneten seine ferneren
Leistungen, eine „Grablegung Christi“, „Markgraf Ludwig Wilhelm von
Baden in der Schlacht von Salankemen 1691“ (Gallerie in Karlsruhe) sowie

das 1880 in Düsseldorf ausgestellte Gemälde „Hero und Leander“, in dem
die mächtig ergreifende Tragik, die energische, tiefe Farbengebung und
die plastische Durchbildung der Form sich zu grossartiger Gesamtwirkung
vereinigen. Auch als Bildnismaler schuf unser Künstler eine Reihe hoch-
geschätzter Arbeiten. Seit 1880 Direktor der Kunstschule zu Karlsruhe,
hat Ferdinand Keller bereits eine stattliche Zahl zum Teil vielversprechender
junger Talente, namentlich im Fache der dekorativen Malerei, des Still-
lebens und der Figurenmalerei ausgebildet. Unter den zeitgenössischen
Historienmalern monumentaler Richtung errang sich der noch im rüstigsten
Mannesalter stehende Meister bereits einen hervorragenden Ehrenplatz,
und die schöne Komposition, die wir in gegenwärtigem Hefte vorführen,
lässt noch Bedeutendes von seiner Gestaltungskraft erwarten, die durch
eine so seltene Fülle lebendiger Phantasie und unmittelbarer Empfindung
genährt wird. d.

LXXII.

WAIDMANNS NEID.
Zu dem Bilde „MÜHLBACH IM WINTER“ von andersen-lundby.

Der Winter kommt noch mal zurück,
Das ist sein altes Heldenstück,
Man muss es tragen.
Mich dauert nur das arme Tier
Im tief verschneiten Waldrevier;
Das Waidwerk muss verzagen.
Der Müller hat’s wahrhaftig gut,
Dem stets der Bach die Arbeit thut;
Der kann wohl lachen.
Des Klippklapps ist er so gewöhnt,
Dass, wenn das Haus nicht dröhnt und stöhnt,
Davon thut er erwachen.
Was schadt dem Müller Wintersnot?
Das Bächlein macht ihm Mehl und Schrot,
Braucht nicht zu stehlen:
Die Leute bringen’s ihm ins Haus,
Nun thät gar dem der reiche Klaus
Sein Töchterlein vermählen.
Ob draussen pfeift ein frecher Wind,
Des Müllers Alte sitzt und spinnt
In warmer Stuben,
Und emsig näht sein blasses Weib —
Ist doch ein kleiner Zeitvertreib —
Für einen Müllerbuben.
Und schmilzt der Schnee und saust herbei
Des Wassers Schwall, lässt er ihn frei,
Zieht bloss die Schützen.
Zwar wär’s dem Gauner eben recht,
Den Frühling selbst als Müllerknecht
Sich auch noch auszunützen.
Doch ist der Lenz ihm nun bequem
Und Schwalb’ und Storch ganz angenehm,
Wenn Gäste kämen.
Lädt er den Förster vom Revier
Nicht mal zu seiner Kindelbier,
Er müsste sich doch schämen.
 
Annotationen