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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 8
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Thumann, Paul: Liebesfrühling
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Wagner, Alexander: Mazeppa
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Schrader, Julius: Elisabeth Claypole warnt ihren Vater Oliver Cromwell vor der Annahme der Königskrone
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0090

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30

MODERNE KUNST.

1834 zu Gross - Tschacksdorf in der Niederlausitz geboren, wurde Thumann
bereits in früher Jugend durch den im Porträtiren sich versuchenden Vater
sowie eine kleine Bildersammlung in dem nahen Städtchen Pforten, in
welcher Werke der Dresdener Galerie in Kopien vertreten waren, zu künst-
lerischen Uebungen angeregt. Zur Sicherung seiner Zukunft ward jedoch
zunächst für den begabten Knaben eine gründliche wissenschaftliche Vor-
bildung für rätlich befunden, die ein Prediger in Pforten bis zu seinem
fünfzehnten Jahre leitete. In Ermangelung der nötigen Mittel vorerst zur
Ergreifung eines praktischen Berufs genötigt, trat der junge Mann in das
geographische Geschäft von C. Flemming in Glogau als Zeichner und
Lithograph ein, in welcher Thätigkeit er mit stiller Ergebung vier Jahre
lang ausharrte. 1853 endlich sagte er derselben Valet und bezog, seinem
Stern vertrauend, die Berliner Akademie, um sich nunmehr ungeteilt dem
Dienste der Kunst zu widmen. Drei Jahre später begab er sich nach
Dresden, wo er sich unter Julius Hübner weiter ausbildete; hier führte er
äusser einer Anzahl von Porträts seine erste grössere Arbeit aus, ein
Altarbild der heiligen Hedwig, das ihm für Liegnitz übertragen war.
Von 1860 an entfaltete Thumann in Leipzig eine ungemein rege |
Wirksamkeit als Illustrator und Zeichner für den Holzschnitt, die es ihm
nach drei Jahren ermöglichte, seine Studien an der Kunstschule zu Weimar l
unter Ferdinand Pauwels fortzusetzen. Daselbst ward ihm, nachdem er
eine Reise nach Italien, England und Frankreich unternommen, im Jahre
1866 eine Professur übertragen, die er 1872 mit einer solchen an der
Dresdener Akademie vertauschte. Seit 1875 ist er als Lehrer an der '
Berliner Kunstakademie thätig.
Zeigen Thumanns Illustrationen eine grosse Leichtigkeit der Erfindung |
und Ausführung, die allein ihren Umfang — sie übersteigen bereits die
Zahl von zweitausend — erklärlich macht, so lässt sich aus seinen Ge-
mälden erkennen, dass der Künstler hier jeder Aufgabe mit dem Aufgebote
seiner ganzen Kraft gerecht zu werden bestrebt ist. Von seinen Genre-
bildern, unter denen ausserdem „Die unaufmerksame Schülerin“ und „Ver-
stimmt“ genannt seien, giebt unser Holzschnitt des „Liebesfrühlings“ eine
Probe, in der sich das Talent des Meisters für Verherrlichung weiblicher
Anmut und zarte lyrische Stimmung voll entfaltet. Unter seinen histo-
rischen Kompositionen, in denen er durchgängig einen wirklich monumen-
talen Stil festhält, sind am bekanntesten „Luthers Trauung“, „Junker Jörg
mit den schweizer Studenten zu Jena“ und fünf weitere Darstellungen aus |
dem Leben des Reformators, die er für das Reformationszimmer der Wart- j
bürg ausführte. Für die Aula des Gymnasiums zu Minden schuf er die
beiden grossen Gemälde „Wittekinds Taufe“ und die „Rückkehr der Deutschen
aus der Schlacht im Teutoburger Walde“, welches letztere, ein Werk von
wirkungsvollster Komposition, durch die internationale Kunstausstellung
zu München auch weiteren Kreisen bekannt wurde P. S.

„Er flog und ruhte, flog dann wieder,
Und immer näher mir heran;
Im Zwielicht sah ich ihn sodann
So nahe zu mir niederflattern,
Dass, wenn so matt nicht meine Glieder,
Ich mit der Hand ihn könnt’ ergattern.
Doch die Bewegung meiner Hand,
Ein schwaches Scharren in dem Sand,
Des dürren Schlundes heisres Stöhnen,
Kaum ähnlich einer Stimme Tönen,
Verscheuchten endlich mir das Tier . . .
Darauf ein kurzer Atemzug,
Ein Röcheln, rasch wie die Sekunde,
Ein Krampf, der sich ins Herz mir schlug,
Im Hirn ein Zucken hin und her —
Ein Klopfen, Aechzen tief und schwer,
Ein Seufzer —• und nichts mehr.“
Dass die furchtbare Situation, welche die vorstehenden Verse des
britischen Dichters schildern, in unserem Gemälde mit packender Lebendig-
keit veranschaulicht ist, wird keinem Beschauer entgehen. In der meisterlichen
Technik, namentlich in dem vorzüglich behandelten Kolorit, in dem ein
Hauptreiz des Werkes beruht, offenbart sich der Einfluss Piloty’s, welchem
Wagner seine Ausbildung zu verdanken hat.
Schon die erste grössere Arbeit des (1838 in Ungarn geborenen)
Künstlers, „Isabella Zäpolya’s Abschied von Siebenbürgen“, berechtigte zu
nicht geringen Erwartungen, die durch seine späteren Leistungen vollauf
erfüllt wurden. Im Bayrischen Nationalmuseum fand Wagner Gelegenheit
zur Lösung monumentaler Aufgaben in zwei Fresken aus der bayrischen
Geschichte, von denen das eine die „Uebergabe der Schlüssel von Aschaffen-
burg an Gustav Adolf durch den Kapuzinerguardian Peter Bernhard“, das
andere die „Erwerbung der Pfalzgrafschaft durch die Verbindung des Erb-
prinzen Otto mit der Erbgräfin Agnes“ darstellt. Das Nationalmuseum zu
Pest besitzt von ihm den „Tod Titus Dugovichs“ und „Schloss Vajda-
Hunyad mit Matthias und Jagdgefolge“, der Kredenzsaal des dortigen
Redoutengebäudes das Fresko: „Ritter Holubar von König Matthias im
Turnier besiegt.“ Auch in dem „Mädchenraub“ (1868), dem „Czikosrennen
in Debreczin“ sowie den spanischen Stierkämpfen, zu denen ihn eine Reise
nach der pyrenäischen Halbinsel anregte, zeigt sich die Vorliebe des
Künstlers für bewegte Scenen. Weitere Früchte dieser Reise sind das
mit reicher Staffage ausgestattete Bild „Am Stadtthor in Cordoba“ und die
vortrefflichen Illustrationen, die er zu dem 1880 erschienenen Prachtwerk
„Spanien“ lieferte. S. —

LIII.

MAZ EPP A

VON
ALEXANDER WAGNER.

us jenem grauenvollen Jugenderlebnis des abenteuerlichen
Kosakenhetmans, das Byron als Vorwurf für eine seiner
poetischen Erzählungen verwertete, hat Alexander Wagner,
Professor an der Münchener Akademie, einen der spannend-
sten Momente für sein in Lebensgrösse ausgeführtes Ge-
mälde herausgegriffen. In einsamer Steppe ist das wilde
Ross, auf welches der Jüngling auf Befehl des polnischen
Edelmannes zur Strafe für das Liebesverhältnis mit dessen
Gattin gebunden worden, erschöpft zusammengebrochen.
Äusser Stande sich zu befreien und in Todesangst sich
unter dem Drucke seiner Bande windend, sieht er bereits
einen Raben heranschweben, der kaum die Gier be¬
zwingen kann, sein festliches Mahl zu beginnen:


LIV.

ELISABETH CLAYPOLE

WARNT IHREN VATER OLIVER CROMWELL VOR

DER ANNAHME DER KÖNIGSKRONE.


VON
JULIUS SCHRADER.
ls zu Anfang der vierziger Jahre die epochemachenden
beiden Historienbilder der grossen belgischen Koloristen
Gallait und Biefve („Die Abdankung Karls V.“ und „Der
Kompromiss des niederländischen Adels gegen die Ein-
führung der Inquisition“) ihren Triumphzug durch Deutsch-
land hielten, war Julius Schrader der erste Berliner
Künstler, welcher dem edlen Realismus dieser Meister,
ihrer breiten Vortragsweise und ihrer namentlich in
koloristischer Hinsicht wie eine neue Offenbarung wir-
kenden glänzenden Technik in seiner 1847 entstandenen
dramatisch bewegten Schöpfung: „Uebergabe von Calais
an Eduard III. von England“ (Berliner Nationalgallerie)

mit Begeisterung nacheiferte. Am 16. Juni 1815 geboren, hatte Schrader
 
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