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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 9
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Edelfelt, Albert Gustav Aristides: Gottesdienst am Meeresufer in Finnland
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Lindenschmit, Wilhelm: Germanische Frauen nach der Schlacht von Aquae Sextiale
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0102

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34

MODERNE KUNST.

die in tiefgefühlten lyrischen Gesängen wie besonders auch in dem grossen
Epos „Kalewala“ hervortritt. Von schwermütigem Grundton, der vielfach
an die elegischen Klänge Ossians erinnert, ist diese Dichtung zugleich
durchdrungen von der innigsten Liebe zur Heimat, die sich unter anderem
in den Versen kundgiebt:
„Besser ist’s, im eignen Lande
Wasser aus dem Schuh zu trinken,
Als in fernem, fremdem Lande
Honigtrank aus goldner Schale/4
Der Schöpfer des in vorliegender Lieferung veröffentlichten, 1882 ent-
standenen und im Luxembourg - Museum befindlichen Gemäldes, Albert
Edelfelt, ward am 21. Juli 1854 in der finnländischen Provinz Nyland ge-
boren. Nachdem er eine Zeit lang die Universität in Helsingfors besucht
und sich im Zeichnen ausgebildet hatte, begab er sich im Jahre 1873 an
die Akademie zu Antwerpen, wo er schon nach kurzem einen prix d’ex-
cellence davontrug. Im Sommer 1874 siedelte er nach Paris über, um in
der Ecole des beaux-arts, speziell im Atelier Gerömes, bis zum Jahre 1877
seine Studien fortzusetzen. Zehn Jahre hindurch beschickte er die dortigen
Ausstellungen und wurde durch goldene Medaillen 3. und 2. Klasse aus-
gezeichnet; nach der Moskauer Ausstellung 1883 wurde er Ritter des
russischen Annenordens, 1886 Ritter der Ehrenlegion. Durch Reisen in
Italien, Spanien, England, Deutschland und Russland erwarb er sich eine
reiche Fülle von Eindrücken, die seinem künstlerischen Schaffen ent-
sprechende Vielseitigkeit verliehen. Von seinen zahlreichen Werken mögen
als die bedeutendsten in chronologischer Reihenfolge genannt sein: „Herzog
Karl von Schweden 1597“ (Gallerie des finnländischen Kunstvereins), „Les
cerises“ (1879), „Die letzte Fahrt“ (1880, in Moskauer Privatbesitz), mehrere
spanische Bilder aus dem Jahre 1881, die nach Amerika verkauft wurden,
eine Portraitgruppe der Kinder des russischen Kaisers (Gatschina), sowie
der Kinder des Grossfürsten Wladimir (1881, St. Petersburg), „Unter den
Birken“ (im Besitz der Kaiserin von Russland), „Badende Knaben“ (in
Amerika), „Zwei Freunde“, „Mädchen mit einem Hunde“ (im Besitze des
russischen Zaren), „Am Meere“ (1884, in Gothenburger Privatbesitz) und
„Spielende Knaben“ (1885, Eigentum der russischen Kaiserin). Ausserdem
stammen von ihm viele Portraits in Oel und Pastell, die sich in Paris,
St. Petersburg, Schweden und Finnland befinden. Edelfelt ist Mitglied der
Kunstakademien in St. Petersburg, Stockholm und Kopenhagen. d.

LXI.

GERMANISCHE FRAUEN

NACH DER SCHLACHT VON AQDAE SEXTIAE
VON
WILHELM LINDENSCHMIT.

hier denjenigen deutschen Künstlern der Gegenwart, welche
; die Traditionen älterer Zeiten fortsetzend noch die Histo-
; rienmalerei grossen Stiles pflegen, darf Wilhelm Linden-
: schmit mit in vorderster Reihe genannt werden. Seit mehr
- J als dreissig Jahren hat er durch zahlreiche Schöpfungen,
in denen die Monumentalität der Auffassung und der
bedeutende Ideengehalt dem räumlichen Umfange der
Komposition die Wage hält, eine Gestaltungskraft an den
Tag gelegt, welche Jedem, der für Leistungen dieser Art
Verständnis besitzt, rückhaltslose Achtung abnötigt. Am
20. Juni 1829 als Sohn des gleichnamigen Historienmalers
zu München geboren, hatte sich Wilhelm Lindenschmit
schon als zehnjähriger Knabe für die künstlerische Laufbahn entschieden und
erhielt seinen ersten Unterricht in Mainz bei seinem noch jetzt dort lebenden
Oheim Dr. L. Lindenschmit, dem Direktor des dortigen römisch-germanischen
Museums. Nach drei Jahren begab er sich für einen gleichen Zeitraum an
die Münchener Akademie, um darauf mit seinem Vater nach Mainz über-
zusiedeln und sich bis zu dessen im Jahre 1848 erfolgtem Tode unter seiner



Leitung weiterzubilden. Nachdem er alsdann ein Jahr lang die Kunstschule
zu Frankfurt a. M. und zwei Jahre die Akademie zu Antwerpen besucht
und hier mit Eifer dem Studium der niederländischen Kunst obgelegen
hatte, nahm er seinen Aufenthalt in Paris, wo der Verkehr mit Künstlern
wie Henneberg, Feuerbach, Knaus, V. Müller, K. Hausmann, den Brüdern
Spangenberg und anderen Stammesgenossen ihm die förderlichsten An-
regungen brachte. Als Früchte dieses Aufenthalts sind die beiden Gemälde
„Die Kornernte“ und „Herzog Alba bei der Gräfin von Rudolstadt“ her-
vorzuheben , die sich beide in der städtischen Sammlung zu Hamburg
befinden. Im Jahre 1855 gründete der Künstler seinen Hausstand in Frank-
furt a. M., wo er den Karton „Gefangennahme Franz’ I. in der Schlacht
bei Pavia“ (Germanisches Museum zu Nürnberg), den „Tod Franz von
Sickingens“ und das „Religionsgespräch Luthers und Zwinglis zu Marburg“
ausführte, welches letztere Gemälde nach Amerika wanderte; auch mehrere
Dekorationsmalereien und ein Zyklus von Waldbildern, in Federzeichnung
ausgeführt, fanden in Frankfurt ihre Entstehung.
Im Jahre 1863 kehrte Lindenschmit in seine Vaterstadt München zu-
rück, woselbst er noch jetzt als Professor an der königlichen Akademie
thätig ist. Unter den zahlreichen Arbeiten, die nun folgten, ist zunächst
ein Bild romantischer Richtung, eine Darstellung der Goethischen Ballade
vom Fischer zu nennen; auch die später entstandenen mythologischen
Gemälde „Venus an der Leiche des Adonis“ und den besonders beifällig
aufgenommenen „Narciss“ erwähnen wir vorweg an dieser Stelle, um nun-
mehr die bedeutendsten historischen Kompositionen anzuführen, die in
erster Linie den Ruhm des Künstlers begründen. Zu diesen gehören:
„Luther als Schüler im Hause der Frau Cotta“ (in englischem Privatbesitz),
die „Gründung des Jesuitenordens in Rom“ (1868 vollendet und nach
Frankfurt verkauft), eine Schöpfung, die ähnlich wie Kaulbachs „Peter
Arbuez“ ihrer Tendenz wegen zu heftigen Meinungsdifferenzen Anlass gab,
ferner das 1869 entstandene vorzügliche Gemälde, welches den ritterlichen
Hutten im Kampfe mit fünf französischen Adligen darstellt, die den Kaiser
Max verhöhnt hatten, eine Zierde des städtischen Museums zu Leipzig,
„Der junge Luther bei Andreas Proles“, „Luther und Cajetan“ (Wiesbaden),
die Wand- und Deckengemälde im Cramerschen Hause zu Nürnberg, „John
Knox und die Bilderstürmer“, „Der Ablasshandel“ (1871), eine Episode
„aus dem Jugendleben der Königin Elisabeth von England“ (1871), die vom
österreichischen Staat erworbene „Ermordung Wilhelms von Oranien“ (1872),
„Walter Raleigh im Tower“, „Goten auf der Wanderung“ (schweizer
Privatbesitz) und als eines der Hauptwerke des Künstlers das grossartige
Gemälde „Alarich in Rom“, welches auf der vorjährigen Berliner Jubiläums-
ausstellung allgemeine Bewunderung wach rief. Hier ist in Anlehnung an
eine Stelle in Gregorovius’ „Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter" ein
Werk geschaffen, in welchem der Sieg der christlichen Religion über das
Barbarentum in seiner ganzen welthistorischen Bedeutung zur Geltung kommt.
Es war ein überaus glücklicher Gedanke, in der glaubensstarken Jungfrau,
welche den rohen Sinn der plündernden Barbaren zu schwärmerischer Be-
geisterung umstimmt, die wunderbare Macht einer grossen Idee zu ver-
körpern, und die ergreifende Wirkung, welche die meisterhaft in sich
geschlossene Komposition ausübt, ist ein hocherfreuliches Zeugnis dafür,
dass auch auf den höchsten Gebieten die schöpferische Kraft des deutschen
Kunstgeistes allen skeptischen Aeusserungen zum Trotz noch keineswegs
versiecht ist.
Ein Zusammenstoss feindlicher Elemente, freilich ohne den versöhnenden
Ausgleich der soeben berührten Schöpfung, liegt auch der Komposition des
Meisters zu Grunde, welche unser Holzschnitt vor Augen führt. Mit ver-
hältnismässig wenigen Mitteln ist hier eine bedeutungsvolle Szene aus dem
gewaltigen Kampfe der römischen und der germanischen Welt veranschau-
licht, der gegen Ende des zweiten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung
sich entsponnen hatte. Es war im Jahre 113, als an den Ufern der Donau
in unermesslicher Zahl die unstät umherirrenden Schwärme der Kimbrer
erschienen, die auf neue Wohnsitze ausgingen; sie bahnten sich den Weg
durch die anwohnenden Kelten und näherten sich den Krainer Alpenpässen,
zu deren Besetzung der römische Konsul Gnaeus Papirius Carbo herbeieilte.
Mit höchstem Erstaunen sahen die Römerzuni ersten Male die fremdartigen
blonden Hünengestalten, die Weib und Kind und all ihre Habe auf grossen
Karren mit sich führten und dabei doch mit der Leichtigkeit der Nomaden
sich über Ströme und Gebirge bewegten. Anfänglich jeden Angriff
 
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