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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 2
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Meyerheim, Paul Friedrich: Löwen im Käfig
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Klever, Julij Ju.: Herbstlandschaft
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Delobbe, A.: Der Ruhetag
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0029

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8

MODERNE KUNST.

Stellung zu Berlin im Jahre 1860. Seitdem hat sein Leben eine ununter-
brochene Kette von Erfolgen gezeigt. Damals hatte er eben sein acht-
zehntes Jahr erreicht. 1842 zu Berlin geboren, der zweite Sohn des all-
bekannten und beliebten Genremalers Friedrich Eduard Meyerheim, hatte
er unter dessen Anleitung das Zeichnen und Malen wie ein natürliches
Thun erlernt, so dass er das Handwerk seiner Kunst bereits in einer Periode
seines Lebens beherrschte, in welcher die Mehrzahl der angehenden Maler
eben die ersten schüchternen Schritte in dieser Richtung versucht. Auf
der Akademie studirte er in den Jahren von 1857—60. Auf Reisen durch
Tirol, Holland, Belgien, England, Frankreich und während seines längeren
Aufenthalts in Paris (1866—1868) vollendete er in dem Studium der Natur
wie der alten und neueren Kunst seine malerische Bildung. Mit ent-
schiedener Vorliebe wandte er sich früh schon der Darstellung der Tiere,
der wilden und fremden, wie der zahmen, heimischen zu. Aber mit gleich
genau und frisch auffassendem Blick schaute er die landschaftliche Natur
und das Menschenleben an und gern malte er die Tiere in engen Bezieh-
ungen zu ihren menschlichen Herren, Hütern, Freunden, Feinden und
Bändigern. Menagerien und Wilden-Buden mit ihrem bewundernden Publi-
kum haben ihm wiederholt die Gegenstände zu besonders glücklichen
Bildern voll prächtigen Humors und treffender Charakteristik der Menschen
und der Tiere gegeben. Aber wie im Tier- und Genrebilde hat er auch
in der Landschaftsmalerei, in der dekorativen Kunst, im Porträt und in der
Illustrationszeichnung sein gesundes, liebenswürdiges Talent und sein um-
fassendes Können gleich glänzend bewährt. Nicht minder beherrscht er
die Welt des Phantastischen, in der er sich ebenso heimisch zeigt, wie
auf dem festen Boden der Wirklichkeit. Unerschöpflich ist er besonders
in heiteren, anmutigen, sinnigen und geistreichen Erfindungen, in denen
er realistische und phantastische Elemente zu Darstellungen von eigen-
artigstem Reiz verschmilzt, zum Schmuck von Wänden und Plafonds, aber
auch von Schrank- und Thürfüllungen, Oefen, Wandblakern, Tellern und
Fächern. Die Gunst und Wertschätzung der Kunstgenossen wie des Pub-
likums, der Kenner und der Menge, der Grossen, wie des Volkes, des Aus-
landes und der Heimat ist ihm in gleich reichem Maass geworden. Wenn
man die Namen der glücklichsten Künstler unserer Zeit nennt, so muss
auch der Paul Meyerheims genannt werden — und nie haben sich Glück
und Verdienst inniger verkettet.

XV.
11 ERBSTLANDSCHAFT
VON
JULIUS VON KLEVER.

Julius von Klever.


Genre und Landschaft sind die beiden
Hauptgebiete, auf denen die moderne russische
Malerei Hervorragendes leistet uncl den Ver-
gleich mit anderen Schulen nicht zu scheuen
hat. Unter den zeitgenössischen russischen
Landschaftern ist Professor von Klever un-
streitig der im Auslande am meisten bekannte;
namentlich uns Deutschen ist der Künstler
durch seine eifrige Beschickung unserer Aus-
stellungen mit stets trefflichen Arbeiten lieb
geworden. Dass er als • Sohn der Ostsee-
provinzen auch unserem Herzen näher steht,

als der Nationalrusse, mag gleichfalls zu seiner Beliebtheit beigetragen haben,
wenngleich sein Talent diese besondere Empfehlung entbehren kann.
Die Lebensverhältnisse, in denen J. von Klever aufwuchs, waren recht

günstige; schon im Hause seines Vaters, der Professor am Veterinär-Institut
zu Dorpat war, widmete er als Gymnasiast seine Mussestunden Palette und
Pinsel, und mit fünfzehn Jahren copirte er bereits im Privatbesitz kunst-
sinniger Dorpatenser befindliche Bilder in Oel. Mit siebzehn Jahren —
1867 — trat Klever in die Akademie der Künste zu St. Petersburg ein,

um Architektur zu studiren. Aber schon im nächsten Jahre war er fest
entschlossen, Maler zu werden, er meldete sich als Schüler beim Professor
der Landschaftsmalerei Worobjew und machte gleichzeitig die anderen
Akademieklassen durch, bis er 1871 Schüler des Barons M. Klodt wurde,
um bald darauf ganz selbständig zu arbeiten. Im Jahre 1876 erwarb er
sich für sein Bild „Frühling in Russland“ das Diplom eines Künstlers
1. Grades, 1878 für seine „Parkeinsamkeit“ (Motiv aus Marienburg in
Livland) die Würde eines Akademikers und Anfang 1881 für eins seiner
schönsten Waldbilder (Motiv von der Insel Nargen) die Würde eines
Professors. Seit 1880 wurde ihm, obschon er nicht an der Akademie
docirt, ein Atelier in der Akademie zur Verfügung gestellt, weil er fast
fortlaufend Aufträge für Glieder des russischen Kaiserhauses auszuführen hat.
Klevers Bilder schildern immer von Neuem die eigenartigen Reize
seiner heimatlichen Natur; die Poesie des nordischen Winters, die stimmungs-
vollen Frühlings- und Herbsttage, die Lichteffekte der Sommerabende sind
für den Meister unerschöpfliche Motive, deren geniale Ausführung den
Kenner stets von Neuem entzückt. Und dabei verzichtet Klever fast immer
auf effektvolle Scenerien; schmucklos, einfach, naturwahr sind seine Natur-
schilderungen, nur verklärt durch die Stimmung, welche der Künstler
hineinzaubert. Seine halbzerfallenen Fischerhütten mit thauendem Schnee
ringsum und geborstener Eisfläche, die flachen Landwege mit den blätter-
losen Birken und Ellern, das grüne Tannenwalddickicht, aus dessen dunstigem
Hintergründe die rote Scheibe des Vollmondes auftaucht, die melancholisch
ausschauende Waldpartie mit Sümpfen und knorrigen Baumstümpfen, die
moosbewachsenen und verwitterten Waldriesen, der duftige Wiesenrain und
das flüsternde Schilf — welches Genre man auch nehmen will, überall
offenbart sich ein liebevolles Sichversenken in das geheime Walten der
Natur, ein unmittelbares, instinktives Hineinleben in ihre Eigentümlich-
keiten. Und nicht minder prächtig ist die Farbengebung, die kühne und
doch schöne Zeichnung!
Die Zahl der Kleverschen Bilder ist bereits eine beträchtliche, sein
Ruf ein fest begründeter. Dabei steht von Klever noch in verhältniss-
mässig jungen Jahren, und so dürfte die Welt noch manches Meisterwerk
von ihm zu erwarten haben.

XVI.
DER RUHETAG
VON
A. DELOBBE.

A. Delobbe.
er im Pariser Salon und


A. Delobbe gehört zu den wenigen fran-
zösischen Malern, welche in den letzten Jahren
die deutschen Kunstausstellungen regelmässig
beschickt haben. Seine mit wirkungsvoller
Staffage versehenen Küstenlandschaften haben
ihm auch bei uns reichen Beifall eingetragen
und seinen Namen in weiteren Kreisen bekannt
gemacht. Der zu Paris geborene Künstler
besuchte daselbst die Akademie und war
ausserdem Schüler des bekannten französischen
Malers Bouguereau. Im Jahre 1860 debütirte
ist seitdem auf fast sämmtlichen grösseren Aus-

stellungen vertreten gewesen. Im Jahre 1874 erhielt er von der Pariser

Jury die Medaille dritter Klasse, 1879 eine solche zweiter Klasse. Ferner

ist Delobbe durch Verleihung von Medaillen auf den Ausstellungen zu

Sydney und Antwerpen ausgezeichnet worden.
Die hervorragendsten Werke des Künstlers sind: Frau aus Algier,
Taufe im 16. Jahrhundert, Pyramus und Thisbe, Ein Ruhetag, Die Töchter
des Oceans u. a. Auch im Porträtfach hat sich Delobbe mit grossem

Glück versucht.
 
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