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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 8
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Schrader, Julius: Elisabeth Claypole warnt ihren Vater Oliver Cromwell vor der Annahme der Königskrone
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Prölß, Friedrich Anton Otto: Der Schützenkönig
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Söborg, Paul: Zur Erntezeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0094

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MODERNE KUNST.

3!

zuerst an der Berliner, dann an der Düsseldorfer Akademie 5 Jahre lang
unter Wilhelm Schadow sich ausgebildet, dann Reisen nach den Nieder-
landen und Frankreich unternommen und 1845—4/ dank einem von Berlin
aus erhaltenen Reisestipendium in Italien seinen Studien obgelegen. Im
Jahre 1848 in die preussische Hauptstadt zurückgekehrt, wurde er Professor
und Mitglied der dortigen Akademie und liess nun in kurzen Zwischen-
räumen der oben erwähnten Arbeit eine lange Reihe allgemeines Aufsehen
erregender Historienbilder folgen, von denen einigen inmitten aller stilistischen
Wandlungen ein bleibender Wert gesichert ist. In dem bekannten Gemälde
aus dem Jahre 1849, welches Friedrich den Grossen nach der Schlacht bei
Collin darstellt und eine Hauptzierde des städtischen Museums zu Leipzig |
bildet, hat die Gestalt des berühmten Königs eine künstlerische Fixirung
erfahren, die sich den Schöpfungen Adolf Menzels ebenbürtig zur Seite
stellt. Von seinen zahlreichen späteren Werken, die ihm eine Fülle von
Ehren und Auszeichnungen eintrugen, können hier nur die wichtigsten
berührt werden; dazu gehört „Wallenstein und Seni“ (1850), „Jephtha’s
Tochter“, „Der Tod des Lionardo da Vinci in den Armen Franz’ I.“ (1851),
»Milton und seine Töchter“, „Karls I. Abschied von den Seinigen“ (1855,
berliner Nationalgallerie), ein Werk von mächtig ergreifendem Pathos, in
Welchem die Kunst des Meisters wohl ihren Gipfel erreicht hat, und das |
ln derselben Sammlung befindliche Gemälde „Esther vor Ahasver“ (1856).
Neben diesen umfangreichen Arbeiten beteiligte sich der unermüdlich
Schaffende an den Wandmalereien der Berliner Schlosskapelle, woselbst j
er die zwölf ersten christlichen Monarchen von Karl dem Grossen an
zur Darstellung brachte, und malte für den römischen Kuppelsaal des Neuen
Museums die Einweihung der Sophienkirche in Konstantinopel. Für seine ’
freien Schöpfungen wählte der Künstler nach wie vor seine Vorwürfe be-
sonders gern aus der englischen Geschichte und Litteratur; unter den hierher .
gehörigen Arbeiten, die im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts entstanden,
erwähnen wir: „Lady Macbeth schlafwandelnd“, „Elisabeth das Todesurteil
ber Maria Stuart unterzeichnend", „Maria Stuarts letzte Augenblicke“ und
»Shakespeare als Wilddieb vor dem Friedensrichter“. Die mächtige Gestalt
Oliver Cromwells, die in dem bereits genannten Gemälde „Abschied Karls I.
v°n den Seinigen“ auftritt, bot ihm den Stoff für zwei besondere Kom- |
Positionen, von denen die eine durch unseren Holzschnitt veranschaulicht wird, j
dieselbe führt den Lord-Protektor der englischen Republik in jener kritischen
Phase seines Lebens vor, in welcher seinem Ehrgeiz das verlockendste Ziel
durch die Königskrone eröffnet ward, die ihm das Parlament mit 123 gegen
bi Stimmen anbot. Nicht achtend der damit verbundenen Gefahren, hätte
er nur zu gern die Gelegenheit ergriffen, sich auf den höchsten Gipfel der
Macht emporzuschwingen; allein der Widerstand des Heeres und der alten
Republikaner wie seiner eigenen Familie, die ihn im Falle der Annahme
der Königswürde nicht mehr als Oberhaupt anerkennen wollte, bestimmte
*hn schliesslich nach schwerem Kampfe zur Verzichtleistung. Ganz be-
sonders drängte ihn zu diesem Entschlüsse sein Lieblingskind, Lady Elisabeth j
Olaypole, die uns Schraders Bild als Beraterin ihres Vaters vergegen- j
Wärtigt. Der Geschichtskundige weiss, dass Cromwell trotz seiner Ab-
lehnung der Königskrone den Rest seines Lebens durch Aufstand und
verrat getrübt sah, dass er bereits ein Jahr später vom Tod hinweg-
gerafft wurde und nach Wiederherstellung des Königtums sein Leichnam
der schnödesten Beschimpfung anheimfiel. Die nämlichen beiden Personen
Enden in einem zweiten, dem Museum zu Köln gehörigen Werke Schra-
ders Darstellung, welches den Lord - Protektor am Sterbelager seiner
1 ochter zeigt.
Zu den späteren Historienbildern des Künstlers gehört „Philippine
Melser vor König Ferdinand“ und die 1874 vollendete figurenreiche „Hul-
digung der Städte Berlin und Köln im Jahre 1415", welche für die Berliner
Nationalgallerie erworben wurde. Auch im Porträtfache hat sich Schrader
zahlreichen und bedeutenden Leistungen — wir nennen nur die Bildnisse
Alexander von Humboldts, Cornelius', Leopold von Ranke’s, des Konsuls
M agener, des Grafen Moltke, des Bildhauers Albert Wolff und das Selbst-
Porträt des Künstlers — hervorgethan.
Julius Schrader ist königl. Professor und Lehrer an der Berliner, ausser-
dem Mitglied der Wiener und Dresdener Akademie, Inhaber mehrerer Orden
s°wie der kleinen und grossen goldenen Berliner, der grossen goldenen
Pariser und Weimaraner und der Wiener Kunstmedaille vom Jahre 1873.
—Id.

LV.
DER. SCHÜTZENKÖNIG
VON
FRIEDRICH PRÖLSS.


jährigen Aufenthalt in Holland
verwertete er in seinem neuen Wohnort München u. a. in einem grösseren
Genrebilde, das dem holländischen Landleben entlehnt ist und sich „Besuch
aus der Residenz“ betitelt. Wiederholte Ausflüge ins bayrische Hochland
begeisterten ihn für die Schilderung des dortigen Volkslebens, namentlich
nach seiner heiteren Seite hin, und reiften in ihm den Entschluss, nochmals
zu einem gediegenen Meister dieses Faches in die Lehre zu gehen. Und
so begab er sich denn zu dem unübertrefflichen Defregger, in dessen
Atelier er eine Reihe grösserer Oelbilder ausführte. Von dem Drange
beseelt, sich völlig mit der Gefühls- und Lebensweise der süddeutschen
Gebirgsbewohner vertraut zu machen, verbrachte er mehrere Sommer und
zwei Winter in den bayrischen Alpen, die ihm einen ansehnlichen Schatz
dankbarer Motive darboten. Von seinen grösseren Arbeiten verdienen in
erster Reihe genannt zu werden: „Hurrah, ein Treffer!“, „Besuch der Tauf-
pate“, „Nur Geduld!“, „Die herzoglich nassauische Sägerei in Mittenwald“
sowie ein Karton, den Herzog von Nassau mit seinen Kavalieren dar-
stellend, welche letzteren beiden Werke in den Besitz dieses Fürsten über-
gingen. Den höchsten Erfolg erzielte er bisher mit seinem „Schützen-
könig“, bei welchem, wie‘unser Holzschnitt zeigt,, das Vorbild Meister
Defreggers in der frischen, lebenswahren Auffassung und der liebevollen
Durchführung der kerngesunden Gestalten unverkennbar durchblickt. Äusser
den genannten Genrebildern hat Prölss, der gegenwärtig abwechselnd in
München und Frankfurt a. M. sich auf hält, eine Anzahl von Porträts und
Studienköpfen geschaffen. —- d.

Als einer der begabtesten jüngeren
Genremaler der Defreggerschen Rich-
tung darf Friedrich Prölss bezeichnet
werden, von dessen hervorragendstem
Werke gegenwärtige Lieferung eine
Wiedergabe darbietet. Seinen ersten
Unterricht empfing der Künstler, der
am 4. März 1855 als Sohn des Drama-
tikers und Theaterhistorikers Robert
Prölss zu Dresden geboren wurde, an
der Akademie seiner Vaterstadt und
zwar speciell im Atelier des seit 1876
daselbst als Professor thätigen Historien-
malers Pauwels, worauf er einen halb-
m. Die von dort mitgebrachten Studien

LVI.

ZUR ERNTEZEIT
VON
PAUL SÖBORG.



Paul Söborg.

Obwohl schwedischer Abstammung, er-
weist sich Paul Söborg, im Jahre 1852 zu
Berlin geboren, auch in seinem künstlerischen
Schaffen als ein echtes Kind der deutschen
Reichshauptstadt. Er gehört einer Familie
an, in welcher künstlerische Begabung mehr-
fach hervortrat; sein Vater war Modelleur
für kunstgewerbliche Arbeiten, namentlich der
Gold- und Silberschmiedekunst; sein älterer
Bruder Richard, der leider als einjährig Frei-
williger 1871 vor Paris dem Typhus zum

Opfer fiel, war der hochbegabte Lieblingsschüler des Professors Pfann-
schmidt und hinterliess eine nicht unbeträchtliche Zahl historischer Kom-
 
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